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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1862 (Nr. 203-214)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1812#0008
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noch die Kr-pta mit ihren Malereien vorhanden, und an dsr Ostseite find
noch die drei Fenst r von dsr Straste aus zu sehen. In Kolns Umgegend,
dem Münster zu Donn u. s. w., find auch Ärppten überall nachzuweisen, mit
denen die Trdöhung des vorliegenden Chores, also von seldft die Ab-
schließung zwischen Priesterthnm und Laienwelt gegeben ist.

(Fortsetzung folgt.)

Die Kirche St. Franciseo in Assifi.

Von Prisac-

(Schluß, fiehe Nr. 202 d. Bl., 186t.)

Wir haben oben das Datum des Baues der Kircke gegen 1229 ange-
gegeden, und zwar auf die bestimmtesten Thatsachen, wie auf das Ansehcn
der päpstlichen Bullen geftützt. Denn, wenn uns Vasari in dem Leben des
Arnolfo di Laxo bemerkt, daß Elias, der Guardian des Ordens während
der Zeik, als der heilige Franz im Morgenlande predigte, in Asfifi eins
Marienkirchs gedaut, so war doch dei Lebzeiten des heiligen Franz an den
Bau einer Kirche, die er sich aus Demuth zur Grabstätte erwählt, und worüber
wir die bestimmtesten Zeugniffe haben, daß er nicht einmal einm Sarg wollte,
nicht zu denken; die Bescheidenheit des heiligen Frsnz hätte dies nimmer
zugegeben. Wenn aber Elias währen^ der Abwesenheit des heiligen Franz
an einer Marienkirche gebaut, so ist dies wahrscheinlich St. Maria del Angeli
bei Aififi gewesen.

Vasari, der, ähnlich wic Rafacl, in seincm System von Classicismus
hefangen, auch die Kirche St. Francisco in Asfifi wie dic Dome zu Mailand,
zu Neapel, Monrealc in Sicilien und die Carthause von Pavia zu jenen
Gebäuden rechnet, „die, obgleich wederschen noch geschmackvoll, sondern nur
groß und prächtig sind, und demnach einige Beachtung fanden", behauptet,
die Kirche sei in vicr Jahren fertig geworden, was aber bei allcr Anstren-
gung doch wvhl unmöglich ist und was auch dem bestimmtcn Datum ihrer
Einweihung, den 1t. J"li 1248 unter Papst Jnnocenz IV., widerspricht. Jene
Aussage des Basari läßt fich aber gut reimen, wenn man jene Bollkndung
in vier Jahren auf die Krppta, die eigentliche Grabkirche des heiligen Franz,
bezieht, dcr gerade vier Jahre nach seinem Tode, im Jahre 1239, aus Si.
Giorgio hierhin gcbrackt und unter dem Zulaufe einer großen Volksmenge
beizesetzt wurde. Die Krppta und cin Theil der unteren Kirche konnte aller-
dings in jeuer Zeit fertig sein und es hinderte nichts, daß man später noch
beinahe ein Viertel-Jahrhundert an der Oberkirche fortbaute. Die schließ-
liche Beisetzung des heiligen Franz an seine gegenwärtige Stelle war mit
grvßen Feierlichkeiten verbunden. Es wurde bei der Gelegenheit ein Ordcns-
Capitel gehalten, auf dem sich a» 2ll9y Religiosen einfanden. So hatte fich
der im Jahre 1296 begonnene Orden in der Welt verbreitet. Die Stätte
aber, wo der heilige Franz beigesetzt wurde, hatte man der Wclt wahrschein-
lich mit Fleiß verborgen, vielleicht nach einer besonderen Bestimmung des
großen Heiligen, vielleicht auch, wcil man damals zu viele Ansprüche sürch-
tete. Erst im Jahre 18 ?8 unter der Regierung Papft Pius VII. waren jene
Bedenklichkeiten gehoben, und es gelang nach mannigfachen und mühevollen
Untersuchungen endlich, dcn heiligen Leib aufzufinden, bei welcher Gelegen-
heit dann auch die K ypta einc n.ue Einrichiung, und namentlich Basreliefs
erhielt, die allerdings etwas stark nach der neuen Zeit schmecken, wie das in
Jtalien häufig der Fall, und die wir Deuischen im Allgemeinen kaum mit
anderen Augen anschen, als die Jtaliener zur Zeit die gothiichen Bauwerke.
Das Gcschmackloseste derart scheint mir jedsch jüngst in der Capelle des hei-
ligen Nicolaus zu Tolentino gcleistet zu sein.

Basari erzählt in dem Leben des Arnolfo di Lapo über den Bau von
St. Francisco in Asfifi: Weil man einen vorzüglichen Meister nöthig hatte,
das Werk auszuführcn, welches auf eincm Berge errichtet werden sollte, an
deffen Fuß der Strom Teschio hinfließt, an guten Baumeistern aber großer
Mangel war, berief man nach langcr Ueberlegung einen Deutschen nach
Asfifi, als den bestcn unter allen Künfflern derart, wclche damals lebten.
Dieser vernahm den Willen der Däter, welche deshalb ein ekgencs Capitel
in Asfifi zusammenberiesen, betrachtete den Platz und zeichnete hierauf den
Plan zu einem sehr schönen Kirchin- und Klostergebäude. Das Model hatte
drei Abtbeilungen übereinander; eine sollte untcr die Erde kommen, die bei-
den anderen gehörten zu zwei Kirchen, vsn denen die erste als Hof diente
und eine ziemlich weits Halle rings umher hatte, die andere aber die eigent-
liche Kirche bildete. Von der ersten zur zweiten gelangte man auf einer sehr
bequemen Treppe, welche um dke Hauptcapelle herumlief und zweimal um-
bog, damit fie gemächlicher zur zweiten Kirche hinauf führte; er gab ihr die
Zorm eines V, indem er fie fünfmal so lang als breit machte und die
Durchfichten durch große steinerne Pfeiler trennte, auf welche er starke Bo-
gen- und Kreuzgewölbe setzte. Nach diesem Model ward jener wahrhaft
großartige Bau in sllen seinen Theilen genau ausgeführt, ausgenommen,
daß man auf die oberen Stützen, welche zwischen dieTribune und die Haupt-
capelle kommen und Kreuzgewölbe tragen sollten, Tonuengewölbe setzte, weil
diese für stärker gehalten werden. Dor der Hauptcapelle der unteren Kirche
errichtete man den Altar, und sobald rieser vollendet war, wurde der Leich-
nam des heiligen Franz mit großer Feierlichkeit beigesetzt. Das Grabmal,
in welchem der Leichnam des großen Heiligen ruht, befindet fich daher in
der ersten Kirche, das heißt der unteriidischen, weil aber diese geraume Zeit
von Niemand betreten wurde und nur vermauerte Thüren hatte, so waren
ringS um den genannten Nltar eiserne Gitter mit reichen Verzierungen von
Marmor und Mofaiken angebracht, welche fich auf den Heiligen beziehen.
Jn der Nähe befinden fich zwei Sacristeicn und ein hoher Thurm, der fünf-
mal so hoch als breit ist und auf dem ehemals eine achteckige Ppramide stand,
die indeffen weggenommen wurde, weil fie einzustürzen drohte.

Wenn da« nun auch wahr wäre, was Vasari erzählt, daß der ganze
Dau durch die Kunst des deutschen Meisters und den Eifer des Bruders
Elia« in vier Jahren zu Ende geführt worden, so ist doch noch immer mit
besondere» Modificattonen anzunehmen, man weiß aus den eigenen Worten
dieses Schriftstellers namentlich, daß auch nach dem Tode des Elias an dem
Baue fortgearbeitet wurde, «nd daß dieser rings um die untere Kirche zu

seinem Schutze zwölf starks THLrme erhielt, worin fich eine Wendeltreppe
befand, die bis zum Gipfel führte. Außerdem wurden mit der Zsit noch viele
Capellen angebaut, von denen, wie Basari bemerkt, nichi nöthig ist, mehr
zu ssgen, „da wir für jetzt genug hiervon geredet haben, um so mehr, als
ein Jeder sehen kann, wie sehr dieses Wcrk des Meisters Jakob von Päpsten,
Cardinälen, Prinzen und anderen vornehmen Personen Europa's an nützli-
chen Dingen, Schmuck unv Berschönerungen bereichert worden." Wir haden
aber schon oben berührt, daß es nicht möglich war, ein Bauwerk, wie die
Kirche St. Francisco zu Assisi, in vier Jahren zu vollenden, und Basart sclbst
gibt in seinen eigenen Worten ziemlich deutlich zu verstehen, daß man fpäter
noch manches nachholte, was das Bauwerk nicht enibehren konnte, daß viel- p
mehr noch eine Rsihe von Jahrcn daran fortgearbeitet wurde, bis es endlich
im Jahre 1253 feierlichst eingeweiht werden konnte.

Wahrscheinlich hatte die Unterkirche auch damals schon viele schöne Dil-
der, welche notorisch von griechischen Meistern ausgeiührt wurden und mit
denen später Cimabue, nach der Angabe Vasari's, gemeinschaftlich aibeitete,
die er aber bald übertraf. An die obere Kirche legten die Griechen keine
Hand mehr an, sie ist ganz von Cimabue und seinem Schüler Giotto, der,
wie Cimabue die Griechen, seinen Meister an Lebendigkeit der Darstellung
übertraf. Bon der Zeit aber an bildete die Kirche St. Francisco zu Asfifi
einen Gegsnstand befonderer Verehrung allex Künstler und Kunstreisenden
nach Jtalten, und fie gehörte nächst der alten abgebrannten Kirche St. Paul
in Rom, St. Marco in Venedig in der Beziehung mit zu den berühmtesten
und glänzendsten in der ganzen Christenheit. Die Unterkirche namentlich bil-
det ein Museum für fich. Hier befinden sich gleich am Eingange zur Linken
in Fresco die Lerkündigung und Geburt deS HeilanLes von Cäsare Nobbia.

Jn dem Hauptbogen sieht man die Verklärung dcs hsiligen Franciscus von
demselben Meister. Jn der ersten Capelle zur Linken fieht man, von Domini-
chino und Giorgctta genralt, ein Bildniß des Antonius von Padua und
Antonius >es Einfiedlers. Jn der Nähe des gewerhten Waffers befanden fich
ursprünglich Gemälde von Ceccolo di Giovanni aus Assifi (1430), die Bilder
wurden aber zu Anfang des 16. Jahrhunderts erneuert. '

Die Capelle des heiligen Antonius ift von einem Schüler des Giotto
gemalt. Gerade dem Eingange gegenüber, in der Capelle der Kreuzigung,
soll Buffalmacco gemalt haben. Die Fenstermalereien find von Bonino aus
Asfifi und Angelotto di Pietro von Gubbio. Die Wände des Hauptschiffes
stellen das Leben Ehristi dar und sind von griechischen Malern gemslt- Dann
sieht man wiederum zur Linken Darftellungen aus dem Leben des heiligen
Franz vvn Tusffte, einem Franciscaner-Bruder und Nachahmer der Griechen.
Dre Capelle St. Martino wurde von Simon Mommi, einem Schüler dcs
Giotto, gemalt. Jn einer der fslgenden sieht man Christus am Kreuz, die
schmerzhafle Mutter und den heiligen Johannes von Johann Taddeo Gaddi,
einem Florentiner und Schüler des Giotto, über dem Hochaltare Darstellun-
gen der Haupttugenden des seraphischen Vaters von Giotto. Das Cidoriuin
über dem Hochaltare, iu vergoldeter Bronze, wurde von Julio, Pico Vinccnzo
Danti aus Perugia, einem Schülcr des Antonio San Gallo, verfertigt. An
der linken Seite der Tribune steht der Altar der Reliquien, wo msn eine
Kreuzigung von dem römischcn Maler Pietro Cavalli fieht; nicht weit davon
an der Wand die Abnahme vom Kreuze von Gistts, das Leben der seligsten
Jungfrau von einem Schüler desselben; in der Nähe der Treppe, die in die
obere Kirche führt, die Stigmatisation des heiligen Franz, von Giotto, und
an der anderen Seite das Leben des göttlichen Erlösers von Giacomo Gaddi,
einem Florentiner, der auch die Wand zur Rechten gemalt hat. Die Gemälde
in der Capelle des allerheiligsten Sacramentes werden ebeufalls dem Giotto
zugeschrieben. Jn einer Serten-Capelle fieht man Darstellungen des heiligen
Franz und des heiligen Antonius von Padua, so wie zweier Martprer von
Simon Mommi, die Mutter Gottes mit dem Jesnkinde und der heiligen
Elisabeth, von Martino, über dem Altare der Conception die Jungfrau Maria
mit dem Jesukinde und zwei Engeln, von Cimabue; gegen Ausgang der
Kirche durch diese Capelle die Maria Magdalena, von Buffalmacco, den
heiligen Antonius von Padua, von Giottino. Die letzte Capelle ist von
Andrea Aluizi oder Jngogno nach Rafsel, einem der ausgezeichnetsten Schüler
des Pietro Perugino, gemalt; außerdem Bilder von Adoni Doni, einem
Schüler des Julio Romano, ein Altarblatt von Spagna, ebenfalls einem
ausgezeichneten Schüler des Pietro Perugino. Der bedeutendste Bildercyclus
befand fich jedoch in der Oberkirche.

Wie der Dom des bcnachbarten Perugia den Trauring der seligsten
Jungfrau, so bewahrt die große Sacristei in St. Francisco zu Asfist als
kostbare Reliquie einen Theil ihres Schleiers, den ein christlicher Kriegs-
mann, Tamaso Urfini, von einem gefangenen Türken ervbert und hierhin
verschenkte.

Zum Besten des kölner Dombaues

ist erschiensn und im Vereins-Sccretariate (Rathhausplatz Rc. 3) vocräthig: ,

Dkr kölner D»m,

eine Kunstbetrachtung.

Bvrtrag,

gehaltm zur Feier -es Geburtstages .Zr. Maj. des Kömgs
in der Akademie der Wissenschaften zu Berlin

von

Ädolph Trendetenburg,

Secretär derselben.

Köln, 1853. Preis 5 Sgr.

Verantwortlicher HerauSgeber: I. I. Nelles in Köln.
Commisfions-Verlag und Druck von M. DuMont-Schaubcrg in Köln.
(Erpedition der Kölnischen Zeitung.)
 
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