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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1862 (Nr. 203-214)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1812#0005
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s Central Domvau rrrerem

mit geschichtlichen, artistischen und literarischen Beiträgen,

heransgegeLen vom Vorstande.

Nr. IO4. Köln, Sonntag 9. März 1862.

Das „Kölncr Dom'latt" erscheint monatlich. Der Pränumerations-Preis, deffen Brutto-Ertrag der Dombau-Vereins-Caffe zufließt, beträgt hier
wie auswärts (bei allcn kgl. preuß. Post-Anstalten) 10 Sgr. für den Jahrgang. — Alle Zuschriften an den Central-Verein werden offen oder unter
Kreuzband mit der Nubrik: „Allgcmeine Angelegenyeiten des Dombau-Vereins zu Köln", so wie Geldsendungen mit der Bezeichnung: „Geldbeiträge
für den Dom-au zu Köin", erbeten.

Amtliche Mittheilnngen.

Zweihundert einundfünfzigstes ProtocoN

d e s

Lentrat-Domban-Vereins-Vorftandes,

verhandelt zu Köln im großen Rathhaussaale Donnerstag, 27. Februar 1862,
Nachmittags 4 Nhr.

Anwesend die Herren: Esser II-, Präsident; v. Baudri, Stupp,
v. Haass t., Braubach, Bö cke r, Bo i g tel, Haug h, Trost, Esser II. fr.,
Nicolovius, Pütz, Verhageu, Reven, D uMont .ssnior, Kreuser,
Berghaus, v. Ammon, v. A. Reichensperger, v. Vosen.

Entschuldigt die Herrcn: Gaul, Aldenhoven, Bartman, Franck,
Heuser, Grosman, Schaurte, v. Vill.

Der Präsident eroffnet die Sitzung durch eine anerkennende Erin-
nerung an die eifrige Thätigkeit des aus dem Kreise des Vorstandes durch
den Tod abgeschiedenen Mitgliedes, Herrn Scheper. Derselbe hat durch
verschiedene sehr praktische Vorschläge die Sache des Dombaues, für die er
den edelsten Eifer beständig entwickelte, zn fördern gewußt. Jnsbesondere
rührt von ihm dre Einrichtung der Fremden-Collccten im Dome her, die sich
so erfolgreich.erwiesen haben. Sein Name sei in Ehren!

Darauf erfolgt die Mittheilung dcs Gaben-Verzeichniffes. Demgemäß
find seit der letzten Vorstands-Sitzung cingegangen:

Thlr. Sgr. Pf.

1) Restzahlungen aus denCollecten in den hiefigen Pfair-
bezirken St. Andreas, St. Gereon, St. Ursula und

St. Maria Schnurgaffe pro 1861 .... 143 22 —

2) Von den Hülfs-Vereinen. 173 26 3

3) Aus den Elementarschulen der Bezirke Winterscheid

und Jülich.13 9 I

4) Von auswärtigen Vereins-Mitgliedern . . . 24 12 —

5) Zinsen vom A. Schaaffhausen'schen Bank-Derein pro

1861 . 2 23 1

Summa 3S8 2 5

Hierauf lies't der Präsident dcn 48. Baubericht vor, den ersten, der aus
der Hand des neu n Dombaumeisters Herrn Voigtel heroorgegangen ist.
Derselbe lautet, wie solgt;

48. Baubericht

über den Fortban des Domes zu Köln.

Die Theilnahme an den fichtbaren Fortschritten des Dombaues durch
Beendigung des Domdaches und des Mittelthurmes in der zweiten Hälfte
des vergangenen Jahres, von allen Dombau-Freunden als die Anzeichen der
nahcn Vollendung der Domkirche frcudig begrüßt, sollte leider dem im
rüstigsten Mannesalter nach längeren Leiden dahin geschiedenen Dombau-
meister, Geheimen Regierungs- und Baurath Zwirner, von der Fürsehung
nicht deschieden seiu.

Wenige Monate nach dem Tode Seiner Majestät des hochseligeu Kvnigs
Friedrich Wilhelm IV., des kunstsinnigen und freigebigen königlichen Pro-
tectors des Dsmbaues, während deffen zwanzigjähriger segensreicher Regie-
rung der Dom zu Köln unier der Hand des heimgegaogenen Meisters aus
dröhendem Verfalle zu neuer, ungeahnter Pracht erstanden war, ist seinem
irdischen Wirken ein unverhofftes Ziel gesetzt.

Ernst Friedrich Zwirner, geboren am 28. Februar 1802 zu Jacobswalde
in Schlesien, wurde im Jahre 1833 als königlicher Bauinspector mit der
Leitung des Dom-Reparaturbaues beauftragt. Die sorgfältigen Aufnahmen
der Bautheile des Dom-Chores untcr Ahlert's Leitung seit dem Jahre 1824
und cine in den ersten Anfängen ihrer K^nstübung begriffene Bauhütte er-
öffneten dem neuen Dombaumeister das reichste Feld des Studiums und der
praktischen Wirksamkeit. Unter seiner Leitung gelangte» die Leistungen der
Dombauhütte zu Köln sehr bald zu einer technischen und svrmgerechten
Vollendung, die, in weiteren Kreisen zu gleichen Bestrebungen anregend,
wesentlichen Einfluß aufdie Wiederbelebung des Kunsthandwerks in Deutsch-
land gewann.

Der kühne Gedanke, den Dom zu Köln zu vollenden, von Sr. Majestät
dem Lönige Kriedrich Wilhelm IV. erfaßt und ausgesprochen in dem von
ganz Deutschland seiner Zeit mit Begeisterung aiifgenominenen Köuigsworte:

„Hier, wo der Grundstein liegt, dort, mit jenen Thürmen zu-
gleich, sollen fich die schönsten Thore der ganzen Welt
erheben. Deutschland baut fie — so mögen fie für Deutsch-
land, durch Gottes Gnade, Thore einer neuen, großen, guten
Zeit werden!"

bot dem nun verewigten Dombaumeister durch Allerhöchste Bewilligung eineS
jährlichen Staatsbeitrages von SO,OpP Thalern, unter Gewährung einer
gleichen Summe Seitens des n:u gegründeten kölner Dembau-Bereins, die
Möglichkeit, seine große Aufgabe kräftig zu fördern ünd auf mannigfache,
bei der Nestauration des Dom-Chores gewonnene Erfahrungen und Resul-
tate gestützt, die nur in den Fundamenten theilweise angedeuteten Portale
stplgerecht zu ergänzen und in der festgesetzten Frist zu vollenden.

Das Jahr 1855 sah die Domkirche in ihren Umfaffungsmauern nebst
den Portalbauten der Vollendung nahe. Den flchtbaren Abschluß dieser Bau-
Epoche bildete das Aufsetzen der Kreuzblume auf das Südportal in Gegen-
wart Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelm IV., und fanden drei-
zehn Jahre mühevollen Wirkens des inzwischen zum Geheimen Regierungs-
und Baurath ernannten Dombaumeisters Zwirner reichen Lohn durch Anerken-
nung des königlichen Bauherrn, deffen königlicher Wille durch Zwirner's
allseitig anerkanntes Wirken bereits zur halbvollendeten That gediehen war.

Noch fehlten damals die Bedachunz, die Strebespfteme, die Gewölbe
und die beiden großen Westthürme, deren Ausbau nach den Tagen der Freude
und der Ehre für den Meister ungesäumt begann. Die alten Baugerüste
sanken, um neuen Hülfsbauten und Maschinerieen für die Errichtung der 22
Strebesysteme Platz zu macheu. Viele Hundert Hände waren am Fuße des
alten Domes thätig, aus allen Theilen Deutschlands führten Schiffe den
Rhein hcrab Bausteine zu dem deutschen Meisterbaue, und dennoch erhob sich
nur langsam, die Thätigkeit eines Jahres kaum merkbar abzeichnend, ein
Pfeiler nach dem andern aus den Gerüsten empor.

Unermüdet durch den scheinbar minderen Erfolg des Schaffens, ermun-
ternd durch Wort und That, hatte der nun dahingeschiedene Dombaumeister
fich als Lebensziel die Herstellung des ganzen Kirchenschiffes vorgezeichnet,
den Ausbau der Westthürme kommenden Geschlechtern überlaffend.

Ein ahnungsvoller Zweifel an dem Erringcn dieseS schönen Lebens-
ziels trieb zur beschleunigten Herstellung der Bedachung des Kirchenschiffes
sammt dem 360 Fuß sich erhebenden Dachreiter, mit Aufwendnng aller vor-
ausfichtlich disponibel zu stellenden Mittel. Jn wenigen Monaten war das
eiserne Gerüst des Mittelthurmes auf dem Pfeilerbaue der Kreuzvierung er-
richtet, und von den höchsten Spitzen der Baugerüste hcrab übersah der ver-
storbene Dombaumeister zum letzten Male das Werk, deffen baldige Vollen-
dung die Aufgabe seines thatenreichen Lebens sein sollte.

Tief erschüttert durch den Tod des hochseligen Königs Friedrich Wilhelm
IV., hielten mehrmonatliche Leiden den Verewigten in der zweiten Hälfte
des verstoffenen Jahres von den Geschäften fern, biS am 22. September 1861
ein Herzschlag sein irdisches Wirken beschlsß.
 
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