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DER KORINTHISCH-DORISCHE TEMPEL IN PAESTUM

stelle allein passt, sie der Begrenzung einer den ganzen Bau
durchgreifend abschliefsenden Nordwand zuweisen, wie in unserer
Restauration, Abb. 82, geschehen ist. Daraus folgt dann weiter,
dass an diese Rückwand östlich und westlich eine Säulenstellung,
in der Mitte die Cella anschloss, und das 0.98 m lange Funda-
mentstück zwischen der Cella und den Säulenstellungen war im
Oberbau nicht benutzt, sondern diente nur zur innigeren Ver-
bindung der Fundamentmauern, wie ähnliches bei dem Tempel
zu Messa vorkommt (Koldewey, Lesbos. Berlin 1890, T. 19).
Die Säulenstellung der Front ergiebt sich aus den Dimen-
sionen des Triglyphon und der Tempelbreite wie folgt. Die
Podiumbreite (13.40) verengert um den Durchmesser der Säulen-
base (1-20) lässt ungefähr 12.20 m für die Entfernung der Eck-
säulenmitten voneinander. Da für diese Entfernung ein zwei-
triglyphisches System Epistylien von ca. 4.60 m, also längere
als beim Poseidontempel, erfordern würde, so kann nur das ge-
wöhnliche Monotriglyphon und eine sechssäulige Front in Rech-
nung gestellt werden. Die von uns beobachteten Metopen
messen 64, 76, 77, 78, 78, 79, 81 und 90 cm; die von 64 cm, die
an der Rückfront liegt, ist jedenfalls eine Singularität und auch
die übrigen können wegen der ungleichmäfsigen Ungenauigkeit
nicht direct zur Entscheidung der
Frage ob etwa Contraction vor-
handen war, verwendet werden.
Dazu kommt, dass die einzige
Metope, die mit 0.90 m auffallend
von dem Durchschnittsmafs ab-
weicht, daran als zur Rückfront
gehörig kenntlich ist, dass an ihrer
Rückseite das innere Profil ange-
arbeitet ist, das Auflager hier nur
78 cm, das freie Epistyl aber nach
Morey 2-0.465 = 0.93 m beträgt,
Da nun an der Rückfront eine
verlängerte Eckmetope sinn- und
zwecklos gewesen wäre, so ist so-
wohl diese lange als auch die
oben erwähnte kurze (0.64) Me-

tope auf Unregelmäfsigkeiten in der Construction des Frieses
der Rückseite zu schieben und bei der Berechnung der Peri-
stase auszuscheiden. Es verbleiben mithin nur die 0.76 — 0.81
messenden Metopen und unter diesen weicht keine so sehr ab,
dass von einer Contraction der Eckjoche abgesehen werden
müsste. Die Contraction würde nach der Differenz der Tri-

0.435

Abb. 33. Ein Capitell des korinthisch-dorischen Tempels.

, , i u, • + , 0.93 — 0.495

glyphen des Fpistyls

betragen und sich dar-

nach aus der in den Säulenaxen genommenen Breite (12.20) und
der Länge ca. 19.80) eine fünfjochige Front und eine achtjochige

Langseite mit einem Normaljoch von 2.53 ergeben (

/12.20 +0.435

19.80 + 0.435
~8~

2.53

0.435
Die geforderte Contraction von -~ '

ist

in unserer Restauration gemäfs den jüngsten der von uns be-
handelten altgriechischen Denkmäler auf die beiden Eckjoche
verteilt, obwohl Vitruv von einer zweiwöchigen Contraction
nichts weifs, wobei wie zur Bestätigung der ganzen Ergänzung
die zweite Frontsäule in die Mitte der Cellawand fällt. — Für
Ringstufen ist bei der Gröfse des Basendurchmessers (1.20) im
Verhältnis zum Fundament (1.40) kaum Platz. Der Stylobat
selbst ist nicht erhalten, nur vom Oberglied des Podium, das

eine genaue Umkehr des Sockelgliedes ist, liegen einige
Stücke da.

Die Säulenbasis, eine östlich auf dem Felde, zwei vor der
Front, in ihren Formen etwa auf peloponnesische Vorbilder
zurückweisend (vgl. das Philippeion in Olympia), hat aufser dem
Toms einen hohen steifen Trochilus und eine runde Plinthe.
Der Schaft hat 24 Canneluren mit breiten Stegen und ist wenig
verjüngt (0.93 : 0.80); etwaige Schwellung unbekannt.

Von den Capitellen liegt eins im Felde östlich, zwei wie
erwähnt vor dem Thor der benachbarten Villa Salato (Abb. 33)
und sechs tragen zusammen mit vielen Schaftstücken die Decke
des alten Remters im Erzbischöflichen Palast zu Salerno. Diese
Zahl von neun nachweisbaren Capitellen stützt unsere Restau-
ration insofern, als dadurch ein Prostylos von 8 Säulen ausge-
schlossen wird. Den Formen nach gehört das Capitell zu einem
Typus, den man als eine Verkümmerung des altkorinthischen
Capitells, wie es das Exemplar im Tempel von Phigalia reprä-
sentiert, auffassen kann und der besonders im Peloponnes und
in Unteritalien (Pompeji und Tarent) verbreitet ist: über dem
grofsen Perlstab ein Kelch von zwei Reihen Blätter, wovon die
vorderen, niedrigeren lappigen Akanthus darstellen, die hinteren

glatt sind, aus dem Kelch einfache,
flache und an den Aufsenkanten
abgerundete Volutenbänder (ohne
caiiliaili) aufsteigend, endlich am
Kalathus an Stelle der helices
minores und des flos ein mensch-
licher Kopf. Der Ueberfall der
Blätter ist immer abgebrochen und
die Köpfe sind regelmäfsig stark
beschädigt; die Volutenendigung
habe ich nach einem von Morey
mitgeteilten Stück ergänzt.

Das wie am Poseidontempel
aufserordentlich kräftig reliefierte
dorische Gebälk, von dessen zwei-
seitigem Epistyl die innere Reihe
bisher fehlt, mit archaisierend
runden Gryphidenendigungen und dem Untergliedchen unter dem
Capitell der Triglyphen, characterisiert sich als spät durch die zur
Hälfte mit dem Epistyl verwachsenen, ebenso wie die Regula unten
abgeschrägten Tropfen. Die je eine Triglyphe und eine Metope
enthaltenden Werkstücke des Frieses teils rechts- teils linksköpfig,
die Metopen mit stark ruinierten, aber einer genauen Unter-
suchung gewiss würdigen Reliefs geziert (vgl. Overbeck, Ge-
schichte der griech. Plastik4 1 215). Ein Block liegt auf der
Ruine, mehrere andere ringsum; nach diesen war das Trigly-
phon über den freien Epistylien zweireihig, über der Nord wand
einreihig und innen mit einer aus Taenia mit eckiger Lysis,
lesbischem Kyma, Platte und Hohlkehle zusammengesetzten
Bekrönung versehen.

Ueber dem Triglyphon lag eine ein plastisch-lesbisches
Kyma und einen Zahnschnitt mit Platte und Astragal ent-
haltende Schicht, davon ein verwaschenes Werkstück im Ge-
strüpp an der Ostseite.

Vom Geison liegt ein Werkstück östlich von der Ruine
bei dem sogenannten Theater. Die Hängeplatte ist wie bei
B in Selinus und an hellenistischen Bauten horizontal, ohne
Scotia und hat einen glatten Viertelstab unten und eine
Art von dorischem Kymation oben. Die an der Rückseite frei
 
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