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Krause-Schmidt, Heike
"... ihr Brodt mit kleiner Silber-Arbeit erwerben": die Geschichte des Gmünder Goldschmiedegewerbes von den Anfängen bis zum Beginn der Industrialisierung, unter besonderer Berücksichtigung der Filigranproduktion — Schwäbisch Gmünd: Einhorn-Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52957#0074
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und Silber konfiszieren und die gegen die Gesetze verstoßende Person beim Oberamt mel-
den. Das gleiche galt auch für Kauf- und Handelsleute, die bei einem Goldschmied gering-
haltige Ware fertigen ließ. Einwandfreie Ware wurde mit der Stadtbeschaumarke und der
Nummer mit der Lötigkeitsangabe gestempelt. In der Regel sollten sich die Kontrolleure der
Strichprobe bedienen; bei dem geringsten Zweifel aber mußte die Feuerprobe gemacht wer-
den. Auch das zu verarbeitende Gold und Silber war der Kontrolle unterworfen. Die Probsti-
che, die von den Silberarbeitern genommen wurden, waren von jedem Meister abgesondert
und sorgfältig aufzubewahren und von Zeit zu Zeit einzuschmelzen, um ihren Gehalt zu prü-
fen. Damit aber die Prüfenden keiner Parteilichkeit unterworfen waren, durften die Probsti-
che nicht mit Namen, sondern nur mit Nummern bezeichnet werden. Das Resultat der Ein-
schmelzung mußte jedesmal der gesamten Meisterschaft bekannt gemacht werden, und bei
Verstößen gegen die gesetzliche vorgeschriebene Legierung war der ,Täter1 zu bestrafen. Fi-
ligranwaren waren ebenfalls der Strichprobe unterworfen, und erstmals mußten sie, soweit
dies möglich war, mit dem Meisterzeichen gestempelt sein. Der Kontrolleur hatte dafür Sor-
ge zu trage, daß die Stadtbeschaumarken sorgfältig aufbewahrt wurden, und daß kein Miß-
brauch stattfinden konnte. Mit der Kontrollanstalt war eine Auskunftei verbunden, die Ge-
werbetreibenden und Goldschmieden über Fragen des Feingehalts, der Eegierungsvorschrif-
ten etc. informieren mußte.
Durch Beschluß des Gmünder Gemeinderats vom 7. August 1862 wurde die amtliche Kon-
trollanstalt aufgelöst.356 357
2.1.6. Die Stadtbeschau- und Meistermarke
Gekoppelt an die Schau als Kontrollorgan war die sogenannte Stadtbeschaumarke oder
Stadtprob261. Dieses Beschauzeichen bestätigte den vorgeschriebenen Feingehalt beim ver-
arbeiteten Silber; die Stadt bürgte also mit ihrem Stadtwappen für die Einhaltung bestehen-
der Ordnungen, was die Legierung und die Lotigkeit des betreffenden Objektes anging, auf
dem sich die Stadtbeschaumarke befand. Diese Verbindung von Schauamt und Stadtbe-
schaumarke ging bereits auf Kaiser Karl V. zurück, der in seiner Polizeiordnung von 1548
ausdrücklich darauf hinwies (vgl. Kapitel B. 2.1.5. Die „Schau“). Wurde irgendwo entdeckt,
daß Silberwaren nicht den geforderten Feingehalt hatten, so konnte aufgrund der Stadtbe-
schaumarke ermittelt werden, wo die Ware gefertigt worden war. Aus dem gleichen Grund
mußten die Silberwaren, die auf dem Schauamt geprüft werden sollten, eine Meistermarke -
als Nachweis für die Urheberschaft eines Objektes und als Garantie für den vorgeschriebe-
nen Feingehalt - aufweisen. Auch diese Vorschrift ist zurückzuführen auf Karl V. und das
Jahr 1548. Doch während die Verordnung aus dem 16. Jahrhundert keinen Unterschied
machte zwischen den kleinen und großen Silberobjekten, differenzierte die Gmünder „Ord-
nung der Gold- und Silberarbeit, auch derselben Probe und Schau“ vom 22. Februar 1680:
Silberarbeiten über anderthalb Lot Gewicht mußten eine Meistermarke tragen, und erst mit
dieser war es den Schaumeistern erlaubt, die Arbeiten auf ihren Silbergehalt hin zu überprü-
fen. Entsprach der Feingehalt den Anforderungen, so erhielt die Silberarbeit neben die Mei-

356 KLEIN: Goldschmiedegewerbe 1920, S. 102.
357 Die Bezeichnung „Stadtprobe“ für die Stadtbeschaumarke war ein gängiger Begriff (vgl. GRP 1747, 20. De-
zember 1747, S. 166). Davon leitete sich der Begriff „Probsilber“ ab für das geprobte, geprüfte und gemarkte
Silber oder für das geprobte unverarbeitete Rohsilber.

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