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Krause-Schmidt, Heike
"... ihr Brodt mit kleiner Silber-Arbeit erwerben": die Geschichte des Gmünder Goldschmiedegewerbes von den Anfängen bis zum Beginn der Industrialisierung, unter besonderer Berücksichtigung der Filigranproduktion — Schwäbisch Gmünd: Einhorn-Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52957#0088
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sich vom Mittel, das in Opposition zum Rat stand, distanzierten und sich dem Rat unterord-
neten, in dem Maße wurde die Position des Mittels gegenüber dem Rat geschwächt. Die Ab-
hängigkeit der Goldschmiede vom Rat entwickelte sich parallel zur Degradierung des Mit-
tels zum reinen Exekutivorgan des Rates. Die Uneinigkeit und der Zwiespalt innerhalb des
Goldschmiedehandwerks offenbarte sich am 17. März 1695. Ein Mitachtmeister zeigte den
Oberachtmeister Johann Georg Weitmann beim Rat an, das ohnlängst Weithmann zuem
Mayer (Achtmeister Johann Michael Mayer), alß sie auß der Bettstundt gangen, gesagt ha-
be: Es seyen proben von schlechtem Silber alhier, sie müestens Herrn Ambts-Bürgermeister
anzeigen, da Mayer widersezet, sie wissens Ja schon. Weiter heißt es, daß aber der ober-
Achtmeister befohlen haben solle dem Zunfftknecht, aller bey Ihrem Ehrlichen namen beym
handtwerk zue Erscheinen^15 Der anonym bleibende Mitachtmeister denunzierte den Ober-
achtmeister also, daß dieser nicht, wie befohlen, die beim Schaumamt festgestellten gering-
lötigen Proben und die verantwortlichen Meister gemeldet habe und daß er, ohne Erlaubnis
des Rates beziehungsweise ohne den Zweier zu informieren, eine Handwerksversammlung
einberufen wollte, was seit der Verfassungsänderung von 1552 verboten war (vgl. Kapitel
B. 2.1.1. Die Strukturen der Schmiedezunft und des Goldschmiede-„Mittels“). Ein weiterer
Goldschmied, Melchior Döbler, belastete den Oberachtmeister mit der Anschuldigung, daß
dieser Ihm Silber zuerückh geschickht (habe) mit vermelden, es were zue gueth. (. . .) bei
dem Streichen habe er, Oberachtmeister, gesagt, so können sie neben andern nit forthkom-
men.425 426 427 Zwar wies der Oberachtmeister sämtliche Anschuldigungen weit von sich, aber der
Rat entschied, daß der Oberachtmeister weegen seines sehr üblen aufführens bey diser auf-
rürrischen sach 12 Rhtlr straff erlegen unclt in Thurm gesetzt werdten solle: worzue Er sich
nun ganz willig verstanden und in thurm gangen istA11
Vermutlich konnte Weitmann die Strafe nur noch resignierend antreten, nachdem er erken-
nen mußte, daß er von seinen Berufskollegen im Stich gelassen und sogar denunziert wor-
den war.
Nach diesem Vorfall nahmen die Verstöße gegen die Feingehaltsverordnung nicht ab, im
Gegenteil: Zwischen März und August 1695 mußte sich der Rat insgesamt mit sieben weite-
ren Klagen beschäftigen. Dabei ist wiederum auffallend, daß weniger die Produktion von

425 (Sta Gd) RP 1689 bis 95, 17. März 1695, S. 118 a.
426 (Sta LB) Bestand 178 Bü 123 (S. 825), 15. März 1695.
427 (Sta Gd) RP 1689 bis 95, 17. März 1695, S. 118 a.

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