Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Krause-Schmidt, Heike
"... ihr Brodt mit kleiner Silber-Arbeit erwerben": die Geschichte des Gmünder Goldschmiedegewerbes von den Anfängen bis zum Beginn der Industrialisierung, unter besonderer Berücksichtigung der Filigranproduktion — Schwäbisch Gmünd: Einhorn-Verlag, 1999

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.52957#0091
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Am 2. Mai 1748 hatte der Rat den Feingehalt für alle Silberwaren auf 131ötig heraufgesetzt
und strenge Strafen bei Zuwiderhandlungen angekündet, was das gesamte Goldschmiede-
handwerk empörte. Fünf Tage später erschienen der neue Oberachtmeister Johann Michael
Mösnang sambt denen Mit-Bey sitzmeister en und vielen anderen Goldtschmidten vor dem
Rat mit der Forderung, Magistratus möchte eine Zeit lang noch mit der execution Innhal-
ten, maßen die universaill (sic!) 13. Löthige silber-fabricierung dem goldtschmidt in priva-
te und der gantzen statt zum Verderben falle. Dies lehnte der Rat aber strikt ab und kündig-
te Visitationen an,439 die am 8., 10. und 11. Mai 1748 der Stättmeister Storr, der Senator Fi-
scher, der Kanzlist Dudeum und der Oberachtmeister Mösnang bei den Goldschmieden
durchführten, um das auf dem Preth erfundene Silber zu überprüfen. Dabei stellte sich her-
aus, daß über ein Viertel der Goldschmiedemeister ohne Arbeit war, wobei die Betroffenen
jeweils angaben, daß sie aufgrund der vorgeschriebenen Lotigkeit in diese Situation geraten
seien.440 Dessen ungeachtet forderte der Rat die beiden Schaumeister - den Oberachtmeister
Johann Michael Mösnang und den Achtmeister Jakob Bulling - auf, künftig die Schau sorg-
fältiger als bisher vorzunehmen, auf daß die Feingehaltsbestimmungen auf das genaueste
befolgt würden.441
Am 21. Juni 1748 erscheinen die goldtschmidte, und stellen ihr petition mündtlich dahin,
Magistratus möchte es bey der uhralten schau und prob, auch bey dem in ao 1736 ergan-
genem rathß-Decreto, wo nemblichen das silber 8 Löthig zu verarbeithen erlaubt worden,
bewendten lassen. Der Ratsentschluß lautete, das prob Silber, gemeint ist das mit der Stadt-
beschaumarke versehene Silberobjekt, solle stricte uf 13 et Halb Löthig, und das übrige
nach dem Jüngeren in ao 1746 ergangenem decret geringer nicht dann praecise uf 9. Löt-
hig fabricieret werden.442 Im Goldschmiedehandwerk wurde dieser Urteilsspruch heftig dis-
kutiert, und man kam überein, daß man bei den ungeprobten Silberarbeiten auf einen Fein-
gehalt von 81ötig bestehen wolle. Auf diese Forderung ging der Rat aber nicht ein.443 Auch
das Goldschmiedemittel blieb hart und verlangte, nebst dem probmässigen noch ein gering-
haltigereres silber produzieren zu dürfen. Die Goldschmiede würden zumeist schroth ver-
arbeithen, gemeint ist Bruchsilber, und da in früheren Jahren es erlaubt war, nur 81ötig zu
legieren, sei der Feingehalt des Bruchsilbers eben nicht höher, und somit könnten auch neue
Silberobjekte, die aus Bruchsilber gefertigt werden, nicht höherlötig sein; die Goldschmiede
müßten in diesem Falle hochwertiges und teures Feinsilber zufügen.444 In einem offiziellen
Schreiben der Goldschmiede, unterschrieben vom Oberachtmeister Johann Michael Mös-
nang und Mitgliedern eines Mitausschuss (die Goldschmiede Jakob Bulling, Andreas Hol-
bein, Johannes Forster, Florian Abele und Johannes Weber), an den Bürgermeister und Rat,
datiert vom 2. Juli 1748,445 hieß es, daß die Forderung nach 13 1/2- beziehungsweise 91öti-

439 (Sta Gd) RP 1748, 7. Mai 1748, S. 140 bis 141.
440 (Sta LB) Bestand 178 Bü 124 (S. 837), Visitationen am 8., 10. und 11. Mai 1748. Von den arbeitslosen Gold-
schmieden heißt es u. a. am 10. Mai:
Johannes Schedel hatte weeder Silber, weeder Arbeith, undt sagte mit 13löthigem Silber könne er ohnmög-
lich handlen. Jakob Weitmann sagte: Er habe kein arbeith, mann mache seine arbeith nicht von 13löthigem
Silber, müsse bey solchen umbständen nothwendig verderben. Joseph Weitmann hatte von Möss gearbeithet
mit vermelden, Er könne auff solche arth nicht von silber schaffen. Franz Holbein sagte, er könne auff solche
weiß nicht bestehen mit seinen 9. Kindern, ob man einen Spitzbueben auß ihme machen wolle: beym 13löthi-
gen Silber bekomme er nicht arbeith.
441 (Sta Gd) RP 1748, 11. Juni 1748, S. 163.
442 (Sta Gd) RP 1748, 21. Juni 1748, S. 168.
443 (Sta Gd) 25. Juni 1748, S. 174.
444 (Sta Gd) RP 1748, 2. Juli 1748, S. 180 bis 181.
445 (Sta LB) Bestand 178 Bü 124 (S. 838), 2. Juli 1748.

87
 
Annotationen