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Wasserablauf. Anschliefsend an den Bodenbeleg bildet ein starkes eichenes Schwellbrett den
Uebergang zum Stockwerksboden. Von den 7 Brüstungspfosten, denen ausgeschweifte Brettstreifen
als Verzierung vorgenagelt sind, laufen 6 durch, um das Pultdach mit seinem Vorbau zu tragen.
Um die innere Dachfläche zu verdecken, ist der Giebel im Vorsprung tonnengewölbartig verschalt
und für den übrigen Teil ist eine Decke gebildet, wie der Schnitt zeigt.

3. Erker,

(Tafel 43.)

Als Erker bezeichnet man geschlossene Ausbauten mit konsolenartiger oder durch Vor-
kragung gebildeter Unterstützung. Auch bis zum Boden reichende Ausbauten werden vielfach als
Erker bezeichnet, obgleich man ihnen besser einen anderen Namen beilegen sollte. Der Erker ist
gewöhnlich nur einem Stockwerk vorgebaut, kann aber auch mehreren Stockwerken gemeinsam sein.

Wie sich die Erker in unser heimisches Bauwesen eingebürgert haben, ist schwer festzu-
stellen. Da sich schon zu romanischer Zeit erkerartige Bildungen in der Architektur finden, so
kann man wohl eine Weiterentwickelung auf heimatlichem Boden annehmen, ohne auf Vorbilder
aus dem Orient greifen zu müssen. Zur Zeit der Gotik und Renaissance sind Erker ausserordent-
lich häufig, teils in der Form von Ecktürmchen (Fig. 153 und 154), teils in der Art weit vorge-
bauter Fenster samt Brüstung und zwar im Material des Steins und des Holzes. Der Zweck des
Erkers ist, einen Ausblick auf die Strafse zu gewähren, ohne ins Freie treten zu müssen, daher auch
der Name ,,Lugaus". Gewisse runde und vieleckige Formen wurden früher als „Chörlein" be-
zeichnet. Für die Holzarchitektur, die hier allein in Betracht kommt, ist der rechteckige Grundrifs
am besten geeignet. Die Unterstützung geschieht durch Verlängerung der Stockwerksbalken. Da
der Erker geschlossen ist, so ist weniger Gefahr bezüglich einer Zerstörung durch das Wetter vor-
handen. Die vorgekragten Balken werden dann durch weitere Kraghölzer, durch Büge und
Knaggen gestützt, wie die offenen Balkone. Etwas anders gestalten sich die Brüstungen, da sie
mit Holzwerk oder durch Ausmauerung vollständig geschlossen werden. Im oberen Teil werden
zwischen den Pfosten die Fenster eingesetzt und es wird eine Decke gebildet. Das Dach kann ein Teil
des Hauptdaches sein oder eine selbständige Bildung aufweisen nach der Form des Pultdaches, Sattel-
daches, Zeltdaches, Helmdaches etc. Auch eine offene Altane kann den oberen Abschlufs bilden.

Wir beschränken uns auf die Vorführung eines einzigen Beispieles (Taf. 43), indem wir
bemerken, dafs die überdeckten Balkone der Tafeln 40 und 42 mit verhältnismäfsig geringen Aen-
derungen zu Erkern umgestaltet werden können.

Wenn der Erker 2 Personen Raum zum Sitzen gewähren soll, so mufs er mindestens eine
Breite von 1,5 m bei einer Tiefe von etwa 0,75 m haben. Wenn man den Boden nicht als sog.
Einschneidedecke behandeln will, so wird man wenigstens einen doppelten Belag anwenden. Wenn
die Brüstungsfache nicht mit Backsteinmauerwerk geschlossen werden, so wird man die Brüstungs-
wände ebenfalls mit Vorteil verdoppeln und die Zwischenräume mit Schlackenwolle oder Moos
ausfüllen. Das hängt alles davon ab, ob der Erkerraum durch eine Thür mit dem dahinterliegenden
Zimmer verbunden ist, also einen verglasten Balkon vorstellt oder ob die Thüre fehlt, so dafs der
Erker eine zum Zimmer gehörige Nische bildet. Im letzteren Falle wird die Täfelung nur eine
Fortsetzung derjenigen des Innenraumes sein. Die Fensterrahmen werden an den Pfosten und
Riegeln befestigt oder wenn dieselben faconniert sind, an einem hinter denselben angebrachten be-
sonderen Rahmenwerk. Die Fenster können Flügel-, Klapp- oder Schiebfenster sein etc. Die

Krauth u. Meyer, Zimmermannsbucli. ^
 
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