zeichnissen nur 929 belegen lassen. Die meisten
Klosterbibliotheken dürften aber viel kleiner gewe-
sen sein und nur in Ausnahmefällen mehr als 100
Bände umfasst haben.
Die entsprechenden Einrichtungen betrachte-
ten ihre Handschriftenbestände nach der Einfüh-
rung des Buchdruckes keineswegs als rundweg
nutzlos. Auch wenn im Laufe der Zeit einzelne
Bände makuliert wurden: Bücher blieben zu teuer
und zu schwer zu beschaffen, als dass man an einen
restlosen Ersatz von zum Gebrauch bestimmten
Bänden durch Druckwerke denken konnte. Die
meisten Kirchenbibliotheken sind dann, wenn sie
nicht schon in Reformation und Dreißigjährigem
Kriege untergegangen waren, durch die Säkularisa-
tion im Gefolge der Französischen Revolution auf-
gelöst und zerstreut worden. Nur selten hat sich
eine Klosterbibliothek im Besitz eines Klosters er-
halten, wie das im ältesten durchgehend arbeiten-
den Benediktinerkloster im deutschsprachigen
Raum, Sankt Peter in Salzburg, der Fall ist. Auch
die Kölner Dombibliothek, deren Gründung auf
den Vertrauten Karls des Großen, Erzbischof Hilde-
bald (vor 787-818), zurückgeht, existiert noch.
Manchmal blieb die Bibliothek wenigstens am Ort
des aufgelösten Klosters als Institution erhalten, wie
es bei der Stiftsbibliothek Sankt Gallen der Fall ist.
Im ehemaligen Deutschen Reich bedienten sich
zumeist die Territorialfürsten, die zugleich die Ge-
bäude und Ländereien der aufgehobenen Klöster
und Stifte erhielten. So ist auch ein Teil der heute
Darmstädter Bestände vom Landgrafen eingezogen
worden, so die Bestände aus Seligenstadt und viel-
leicht auch das Speyrer Missale aus der Karmeliter-
bibliothek in Hirschhorn (vgl. Abb. 18). Selbst die
Bücher der Kölner Dombibliothek, die nach Arns-
berg-Wedinghausen geflüchtet worden waren, be-
fanden sich von 1802 bis 1867 in Darmstadt.
In napoleonischen Zentralstaaten wie Frank-
reich und Bayern wurden damals die Bibliotheks-
bestände mit nicht immer feinfühligen Methoden in
die Bibliotheken der Hauptstädte verbracht. Dabei
hat es vor Ort immer wieder Helfer gegeben, die
aus teilweise überraschenden Motiven bei der Re-
quirierung von Buchbeständen mithalfen. Andere
Gestalten der Zeit nutzten die Umstände, um eige-
ne Sammlungen aufbauen zu können. Man muss
allerdings auch zugeben, dass bei der verbreiteten
Auflösung der kirchlichen Institutionen gerade da-
mals viele Handschriften in die Gefahr gerieten,
vernichtet oder verstümmelt zu werden. Einer der
bekanntesten und eigenartigsten Handschriftenjä-
ger war Jean-Baptiste Maugerard (1735-1815). Der
gelehrte Benediktiner unternahm schon als Biblio-
thekar und Lehrer in Saint-Arnould bei Metz For-
schungsreisen in Bibliotheken des deutschsprachi-
gen Raumes, bei denen er bereits Handschriften
kaufte und tauschte. Vor der Französischen Revo-
lution floh er 1792 mit seinem Bischof in das Pe-
terskloster in Erfurt, in dem auch der Bibliothekar
von Kloster Echternach, Constantin Käuffer (Keif-
fer), mit einigen wertvollen Codices Unterschlupf
fand. Maugerard vermittelte in der Folge den Ver-
kauf des sehr wertvollen Codex aureus von Echter-
nach an Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Al-
tenburg, dessen Erben ihn 1955 an das Germanische
Nationalmuseum in Nürnberg verkauft haben (Hs
156142). Seltsamerweise kehrte aber Maugerard
nach einem Jahrzehnt des Exils nach Frankreich
zurück, trat aus dem Benediktinerorden aus und
wurde sofort zum Kommissar für die Requirierung
von Bibliotheksbeständen im französisch geworde-
nen Teil Deutschlands ernannt. Allein aus dem al-
ten Trierer Erzstift muss er über 150 Handschriften
und 100 Drucke in die Pariser Nationalbibliothek
abgeführt haben, die bei weitem nicht alle nach der
Niederlage Napoleons restituiert wurden. In der
Festung Luxemburg kam er 1802 wieder mit Be-
ständen aus Echternach in Kontakt, aus denen er 84
Handschriften auswählte, die dauerhaft nach Paris
gelangten.
Auch das Echternacher Sakramentar in Darm-
stadt, Hs 1946 (vgl. Abb.40-41), scheint durch die
Hände Maugerards gegangen zu sein. Es geriet
dann an jenen Baron Hüpsch, eigentlich Fiacrius
Honvlez aus Vielsalm in Luxemburg, der in Köln
mit ebenso großem Einsatz wie Prätention ein be-
rühmtes Kunstkabinett aufgebaut hatte. Hüpschs
Handschriftensammlung kam überwiegend aus
dem heutigen Belgien, Westfalen und den Rhein-
landen. Hüpsch hat im Gegensatz zu Maugerard
seine Erwerbungen selbst behalten wollen; aus
Geldmangel war er jedoch immer wieder gezwun-
gen, Handschriften und Kunstgegenstände zu ver-
kaufen. Soweit bekannt, hat er alle erworbenen Stü-
cke bezahlt, auch wenn die „Eigentümer" sehr
häufig so fragwürdige Gestalten wie Maugerard ge-
wesen sein dürften. Tragisch ist das Schicksal des
Lütticher Breviers Darmstadt Hs 394 (vgl. Abb.61),
das ein Vermittler verzweifelt von Hüpsch zurück-
verlangte, weil der Eigentümer es wiederhaben
wollte. Als Baron Hüpsch am Neujahrstag 1805
verstarb, blieb der entsprechende Brief unerledigt
liegen. Hüpschs Erbe war Landgraf Ludwig X. von
IBuch und
22
• Bild im
Mittelalter
Klosterbibliotheken dürften aber viel kleiner gewe-
sen sein und nur in Ausnahmefällen mehr als 100
Bände umfasst haben.
Die entsprechenden Einrichtungen betrachte-
ten ihre Handschriftenbestände nach der Einfüh-
rung des Buchdruckes keineswegs als rundweg
nutzlos. Auch wenn im Laufe der Zeit einzelne
Bände makuliert wurden: Bücher blieben zu teuer
und zu schwer zu beschaffen, als dass man an einen
restlosen Ersatz von zum Gebrauch bestimmten
Bänden durch Druckwerke denken konnte. Die
meisten Kirchenbibliotheken sind dann, wenn sie
nicht schon in Reformation und Dreißigjährigem
Kriege untergegangen waren, durch die Säkularisa-
tion im Gefolge der Französischen Revolution auf-
gelöst und zerstreut worden. Nur selten hat sich
eine Klosterbibliothek im Besitz eines Klosters er-
halten, wie das im ältesten durchgehend arbeiten-
den Benediktinerkloster im deutschsprachigen
Raum, Sankt Peter in Salzburg, der Fall ist. Auch
die Kölner Dombibliothek, deren Gründung auf
den Vertrauten Karls des Großen, Erzbischof Hilde-
bald (vor 787-818), zurückgeht, existiert noch.
Manchmal blieb die Bibliothek wenigstens am Ort
des aufgelösten Klosters als Institution erhalten, wie
es bei der Stiftsbibliothek Sankt Gallen der Fall ist.
Im ehemaligen Deutschen Reich bedienten sich
zumeist die Territorialfürsten, die zugleich die Ge-
bäude und Ländereien der aufgehobenen Klöster
und Stifte erhielten. So ist auch ein Teil der heute
Darmstädter Bestände vom Landgrafen eingezogen
worden, so die Bestände aus Seligenstadt und viel-
leicht auch das Speyrer Missale aus der Karmeliter-
bibliothek in Hirschhorn (vgl. Abb. 18). Selbst die
Bücher der Kölner Dombibliothek, die nach Arns-
berg-Wedinghausen geflüchtet worden waren, be-
fanden sich von 1802 bis 1867 in Darmstadt.
In napoleonischen Zentralstaaten wie Frank-
reich und Bayern wurden damals die Bibliotheks-
bestände mit nicht immer feinfühligen Methoden in
die Bibliotheken der Hauptstädte verbracht. Dabei
hat es vor Ort immer wieder Helfer gegeben, die
aus teilweise überraschenden Motiven bei der Re-
quirierung von Buchbeständen mithalfen. Andere
Gestalten der Zeit nutzten die Umstände, um eige-
ne Sammlungen aufbauen zu können. Man muss
allerdings auch zugeben, dass bei der verbreiteten
Auflösung der kirchlichen Institutionen gerade da-
mals viele Handschriften in die Gefahr gerieten,
vernichtet oder verstümmelt zu werden. Einer der
bekanntesten und eigenartigsten Handschriftenjä-
ger war Jean-Baptiste Maugerard (1735-1815). Der
gelehrte Benediktiner unternahm schon als Biblio-
thekar und Lehrer in Saint-Arnould bei Metz For-
schungsreisen in Bibliotheken des deutschsprachi-
gen Raumes, bei denen er bereits Handschriften
kaufte und tauschte. Vor der Französischen Revo-
lution floh er 1792 mit seinem Bischof in das Pe-
terskloster in Erfurt, in dem auch der Bibliothekar
von Kloster Echternach, Constantin Käuffer (Keif-
fer), mit einigen wertvollen Codices Unterschlupf
fand. Maugerard vermittelte in der Folge den Ver-
kauf des sehr wertvollen Codex aureus von Echter-
nach an Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Al-
tenburg, dessen Erben ihn 1955 an das Germanische
Nationalmuseum in Nürnberg verkauft haben (Hs
156142). Seltsamerweise kehrte aber Maugerard
nach einem Jahrzehnt des Exils nach Frankreich
zurück, trat aus dem Benediktinerorden aus und
wurde sofort zum Kommissar für die Requirierung
von Bibliotheksbeständen im französisch geworde-
nen Teil Deutschlands ernannt. Allein aus dem al-
ten Trierer Erzstift muss er über 150 Handschriften
und 100 Drucke in die Pariser Nationalbibliothek
abgeführt haben, die bei weitem nicht alle nach der
Niederlage Napoleons restituiert wurden. In der
Festung Luxemburg kam er 1802 wieder mit Be-
ständen aus Echternach in Kontakt, aus denen er 84
Handschriften auswählte, die dauerhaft nach Paris
gelangten.
Auch das Echternacher Sakramentar in Darm-
stadt, Hs 1946 (vgl. Abb.40-41), scheint durch die
Hände Maugerards gegangen zu sein. Es geriet
dann an jenen Baron Hüpsch, eigentlich Fiacrius
Honvlez aus Vielsalm in Luxemburg, der in Köln
mit ebenso großem Einsatz wie Prätention ein be-
rühmtes Kunstkabinett aufgebaut hatte. Hüpschs
Handschriftensammlung kam überwiegend aus
dem heutigen Belgien, Westfalen und den Rhein-
landen. Hüpsch hat im Gegensatz zu Maugerard
seine Erwerbungen selbst behalten wollen; aus
Geldmangel war er jedoch immer wieder gezwun-
gen, Handschriften und Kunstgegenstände zu ver-
kaufen. Soweit bekannt, hat er alle erworbenen Stü-
cke bezahlt, auch wenn die „Eigentümer" sehr
häufig so fragwürdige Gestalten wie Maugerard ge-
wesen sein dürften. Tragisch ist das Schicksal des
Lütticher Breviers Darmstadt Hs 394 (vgl. Abb.61),
das ein Vermittler verzweifelt von Hüpsch zurück-
verlangte, weil der Eigentümer es wiederhaben
wollte. Als Baron Hüpsch am Neujahrstag 1805
verstarb, blieb der entsprechende Brief unerledigt
liegen. Hüpschs Erbe war Landgraf Ludwig X. von
IBuch und
22
• Bild im
Mittelalter