Laurent in Lüttich gegeben worden, wich zeitwei-
lig vor dem kaisertreuen Bischof nach Saint-Hubert
in den Ardennen und Evergnicourt bei Laon aus,
lebte einige Jahre in Siegburg und kam schließlich
als Abt nach Deutz bei Köln. Auf solchen Wegen
verbreiteten sich Kunstwerke und Handschriften
und beeinflussten die regionalen Stile.
Vom Rheinland kam auch der in mehrfarbigen
Tinten ausgeführte Federzeichnungsstil nach Re-
gensburg, wo Abt Kuno von Siegburg, Ruperts
Förderer, 1126 Bischof geworden war; dort und in
dem nahe gelegenen Kloster Prüfening wurde der
Federzeichnungsstil zum regionaltypischen und
Schule machenden künstlerischen Ausdrucksmittel.
Bildzyklen und ideenreich mit szenischen Darstel-
lungen bereicherte Initialen ließen sich in der Tech-
nik der Federzeichnung erheblich schneller und
günstiger herstellen als Deckfarbenmalereien und
konnten zudem von geübten Schreibern selbst aus-
geführt werden. Zwar steigerten andere Reform-
äbte wie Desiderius von Monte Cassino (Abt 1058-
1087), aber auch das Kloster Cluny selbst die Pracht
der Codices im Dienste des Gottesdienstes, doch in
den Skriptorien der deutschen Reformklöster setz-
ten sich die Federzeichnungen weithin durch. An-
scheinend entsprach die zurückgenommene Mate-
rialität, die weniger von den Inhalten ablenkte, auch
dem Ideal vieler Reformer, das der Federzeich-
nungsstil dann regelrecht repräsentierte.
Die regionalen Ausprägungen der romanischen
Buchkunst sind jedoch nie ganz verschwunden.
Wie schon erwähnt, verbinden sich am Niederrhein
ältere lokale Traditionen mit Stilelementen aus Hel-
marshausen und Italien, zu denen noch ein maas-
ländischer Einfluss tritt. Vor allem die Abtei Sankt
Pantaleon in Köln, die traditionell von kirchlichen
und weltlichen Würdenträgern mit Zuwendungen
und Aufträgen bedacht wurde, konnte ihre schon
zu ottonischer Zeit maßgeblichen Aktivitäten in
der Buchproduktion fortführen. Dies demonstriert
beispielsweise die Initialzierseite des schon genann-
ten Evangeliars Hs 530 aus Sankt Vitus, Mönchen-
gladbach, das eindeutig für dieses Kloster herge-
stellt wurde, möglicherweise aber nicht im dorti-
gen Skriptorium, sondern in Sankt Pantaleon (vgl.
Abb.42). Die von einem ornamentierten Rahmen
mit Blattfries umgebene Seite zeigt den freigestell-
ten Buchstaben Q, dessen Binnenfeld von silber-
nem Rankenwerk gefüllt ist, während der Buchsta-
benkörper aus Spaltleisten und Flechtbandknoten
zusammengesetzt ist und am Schwanz in einem
Drachenkopf mit geöffnetem Maul mündet. Der
Evangelist dagegen sitzt vor grün-blauem Kasten-
grund auf einem architekturartigen Kastenthron
vor seinem Schreibpult, auf dem ein noch unbe-
schriebenes Buch liegt. Er, der nur durch eine Bei-
schrift als der Evangelist Markus identifiziert ist,
hält Federkiel und Messer in den Händen. Die
Handschrift weist bildkompositorische Gemein-
samkeiten mit Werken aus Sankt Pantaleon auf,
etwa dem Evangeliar des Historischen Archivs in
Köln W 312a und, obgleich stilistisch etwas ver-
schieden, eine für Pantaleon typische malerisch-
plastische Grundauffassung der Evangelistenfigu-
ren vor dem Kastengrund, von dem sie sich in einer
davorliegenden räumlichen Ebene absetzen. Dazu
trägt beim Evangelisten Markus aus Hs 530 die re-
gelrechte Verklammerung des den Rahmen berüh-
renden Schreibpults mit dem überschneidenden
Fußpodest bei; die äußere Kante des perspektivisch
gedachten Kastenthrons stimmt hingegen mit der
des blauen Hintergrunds überein und es entsteht
daher sogar der Eindruck, als sei der Evangelist aus
der Hintergrundebene hervorgeschoben. Im Gan-
zen lässt die Darstellung des Evangelisten, zudem
ohne Evangelistensymbol, in einer leuchtenden sat-
ten Farbigkeit einen Einfluss byzantinischer Male-
rei erkennen, der in Köln ab 1100 auch durch die
Vermittlung italo-byzantinischer Werke auszuma-
chen ist. Begründet war diese Auseinandersetzung
sicherlich durch die Maßnahmen des Kölner Erzbi-
schofs Anno, der aus dem oberitalienischen Reform-
kloster Fruttuaria Mönche nach Köln holte, denen
er seine Neugründung Siegburg übergab, von wo
aus sie Sankt Pantaleon (1068/70) und Gladbach
(1096/99) reformierten. Eine aus Siegburg stammen-
de Handschrift (Darmstadt Hs 945) mit der Vita des
heiligen Bischofs dürfte kurz vor dessen Heiligspre-
chung im Jahr 1183 entstanden sein und zeigt ihn
fol. Iv als bedeutenden Stifter von fünf Kirchen: ne-
ben Siegburg die Stiftskirchen Sankt Maria ad Gra-
dus und Sankt Gereon in Köln sowie die Klöster
Saalfeld in Thüringen und Grafschaft im Sauerland.
Das schwäbische Kloster Hirsau, neben Sieg-
burg eines der wichtigen Zentren der Klosterreform
in Deutschland, war gleichzeitig Zentrum der roma-
nischen Buchproduktion. Hier wurde ein roter und
schwarzer Federzeichnungsstil gepflegt, der bei-
spielsweise benediktinische Skriptorien in Bayern
und Schwaben prägte: namentlich die Klöster Zwie-
falten, Blaubeuren oder auch Ellwangen. Der Stil
wirkte aber auch bis nach Salzburg, Österreich und
die Steiermark. Über den Umweg über Salzburg, wo
die dortigen stilistischen Besonderheiten aufgenom-
TTT Buchkunst
111 ® im Spiegel
der Zeiten
84
lig vor dem kaisertreuen Bischof nach Saint-Hubert
in den Ardennen und Evergnicourt bei Laon aus,
lebte einige Jahre in Siegburg und kam schließlich
als Abt nach Deutz bei Köln. Auf solchen Wegen
verbreiteten sich Kunstwerke und Handschriften
und beeinflussten die regionalen Stile.
Vom Rheinland kam auch der in mehrfarbigen
Tinten ausgeführte Federzeichnungsstil nach Re-
gensburg, wo Abt Kuno von Siegburg, Ruperts
Förderer, 1126 Bischof geworden war; dort und in
dem nahe gelegenen Kloster Prüfening wurde der
Federzeichnungsstil zum regionaltypischen und
Schule machenden künstlerischen Ausdrucksmittel.
Bildzyklen und ideenreich mit szenischen Darstel-
lungen bereicherte Initialen ließen sich in der Tech-
nik der Federzeichnung erheblich schneller und
günstiger herstellen als Deckfarbenmalereien und
konnten zudem von geübten Schreibern selbst aus-
geführt werden. Zwar steigerten andere Reform-
äbte wie Desiderius von Monte Cassino (Abt 1058-
1087), aber auch das Kloster Cluny selbst die Pracht
der Codices im Dienste des Gottesdienstes, doch in
den Skriptorien der deutschen Reformklöster setz-
ten sich die Federzeichnungen weithin durch. An-
scheinend entsprach die zurückgenommene Mate-
rialität, die weniger von den Inhalten ablenkte, auch
dem Ideal vieler Reformer, das der Federzeich-
nungsstil dann regelrecht repräsentierte.
Die regionalen Ausprägungen der romanischen
Buchkunst sind jedoch nie ganz verschwunden.
Wie schon erwähnt, verbinden sich am Niederrhein
ältere lokale Traditionen mit Stilelementen aus Hel-
marshausen und Italien, zu denen noch ein maas-
ländischer Einfluss tritt. Vor allem die Abtei Sankt
Pantaleon in Köln, die traditionell von kirchlichen
und weltlichen Würdenträgern mit Zuwendungen
und Aufträgen bedacht wurde, konnte ihre schon
zu ottonischer Zeit maßgeblichen Aktivitäten in
der Buchproduktion fortführen. Dies demonstriert
beispielsweise die Initialzierseite des schon genann-
ten Evangeliars Hs 530 aus Sankt Vitus, Mönchen-
gladbach, das eindeutig für dieses Kloster herge-
stellt wurde, möglicherweise aber nicht im dorti-
gen Skriptorium, sondern in Sankt Pantaleon (vgl.
Abb.42). Die von einem ornamentierten Rahmen
mit Blattfries umgebene Seite zeigt den freigestell-
ten Buchstaben Q, dessen Binnenfeld von silber-
nem Rankenwerk gefüllt ist, während der Buchsta-
benkörper aus Spaltleisten und Flechtbandknoten
zusammengesetzt ist und am Schwanz in einem
Drachenkopf mit geöffnetem Maul mündet. Der
Evangelist dagegen sitzt vor grün-blauem Kasten-
grund auf einem architekturartigen Kastenthron
vor seinem Schreibpult, auf dem ein noch unbe-
schriebenes Buch liegt. Er, der nur durch eine Bei-
schrift als der Evangelist Markus identifiziert ist,
hält Federkiel und Messer in den Händen. Die
Handschrift weist bildkompositorische Gemein-
samkeiten mit Werken aus Sankt Pantaleon auf,
etwa dem Evangeliar des Historischen Archivs in
Köln W 312a und, obgleich stilistisch etwas ver-
schieden, eine für Pantaleon typische malerisch-
plastische Grundauffassung der Evangelistenfigu-
ren vor dem Kastengrund, von dem sie sich in einer
davorliegenden räumlichen Ebene absetzen. Dazu
trägt beim Evangelisten Markus aus Hs 530 die re-
gelrechte Verklammerung des den Rahmen berüh-
renden Schreibpults mit dem überschneidenden
Fußpodest bei; die äußere Kante des perspektivisch
gedachten Kastenthrons stimmt hingegen mit der
des blauen Hintergrunds überein und es entsteht
daher sogar der Eindruck, als sei der Evangelist aus
der Hintergrundebene hervorgeschoben. Im Gan-
zen lässt die Darstellung des Evangelisten, zudem
ohne Evangelistensymbol, in einer leuchtenden sat-
ten Farbigkeit einen Einfluss byzantinischer Male-
rei erkennen, der in Köln ab 1100 auch durch die
Vermittlung italo-byzantinischer Werke auszuma-
chen ist. Begründet war diese Auseinandersetzung
sicherlich durch die Maßnahmen des Kölner Erzbi-
schofs Anno, der aus dem oberitalienischen Reform-
kloster Fruttuaria Mönche nach Köln holte, denen
er seine Neugründung Siegburg übergab, von wo
aus sie Sankt Pantaleon (1068/70) und Gladbach
(1096/99) reformierten. Eine aus Siegburg stammen-
de Handschrift (Darmstadt Hs 945) mit der Vita des
heiligen Bischofs dürfte kurz vor dessen Heiligspre-
chung im Jahr 1183 entstanden sein und zeigt ihn
fol. Iv als bedeutenden Stifter von fünf Kirchen: ne-
ben Siegburg die Stiftskirchen Sankt Maria ad Gra-
dus und Sankt Gereon in Köln sowie die Klöster
Saalfeld in Thüringen und Grafschaft im Sauerland.
Das schwäbische Kloster Hirsau, neben Sieg-
burg eines der wichtigen Zentren der Klosterreform
in Deutschland, war gleichzeitig Zentrum der roma-
nischen Buchproduktion. Hier wurde ein roter und
schwarzer Federzeichnungsstil gepflegt, der bei-
spielsweise benediktinische Skriptorien in Bayern
und Schwaben prägte: namentlich die Klöster Zwie-
falten, Blaubeuren oder auch Ellwangen. Der Stil
wirkte aber auch bis nach Salzburg, Österreich und
die Steiermark. Über den Umweg über Salzburg, wo
die dortigen stilistischen Besonderheiten aufgenom-
TTT Buchkunst
111 ® im Spiegel
der Zeiten
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