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Küster, Jürgen
Spectaculum vitiorum: Studien zur Intentionalität und Geschichte des Nürnberger Schembartlaufes — Remscheid: Kierdorf-Verl., 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.73509#0160
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raffenland" als Zeichen für die Freßgier des Menschen.
Insofern dürfte auch die Gruppe der Vorläufer in der mittelalter-
lichen Fastnacht Nürnbergs sinnvoll gewesen sein.
Die "Erfindung" der Szenen von den Chronisten der Folgez eit er-
scheint damit unwahrscheinlich, zumindest problematisch, weil
die Konstanz der begründenden Vorstellungsmuster in reformier-
ten Gebieten nicht überall garantiert ist.
3.7.2. Teufelsgestalten und alte Weiber
Die Funktion einzelner Masken im Kontext der christlichen Kunst
war noch dem frühneuzeitlichen Menschen geläufig, denn noch
Hans Sachs betont die Ähnlichkeit der Teufelsgestalten im Brauch
und in der bildenden Kunst. "Voran im spitz her rendt/ Etwas
bey neuntzig paren,/ Die all geklaydet waren/ Inn fechschwentz
rauch und zottet,/ Ir scheinpart wüst und knottet/ Gleich den
löwen und katzen,/ Unnd andern grewling fratzen,/ Aller sach
unnd gestalt/ Wie man die teuffel malt./".
Die Teufelsmasken aufgrund dieser Aussage ausschließlich den
Vorläufern zuzurechnen, ist allerdings nicht möglich. Sie fan-
den im Schembartlauf vor allem im Umkreis der Höllenwagen "Ve-
nusberg" und "Turm" sowie 1539 auf dem Schiffswagen ihr Be-
tätigungsfeld oder werden als Mitläufer benannt'7'.
Im 15. Jahrhundert ist es üblich, die Höllenfiguren als Dämonen
abzubilden, deren abstoßende Wirkung mit der Zuordnung von Tier-
körpern oder deren Teilen erzielt wurde. Von Schweineköpfen,
Fledermausflügeln, schnabelartigen Nasen, langen Ohren, Klauen,
deformiert und oftmals im Fellkleid und mit Bockshörnern versehen,
treten die Teufelsgestalten dem Menschen gegenüber. Besonders ein-
dringlich sind diese Vorstellungsmuster beispielsweise auf Holz-
139 tafeldrucken der"Ars moriendi','Ende des 15. Jahrhunderts oder
140 gleichzeitig entstandenen Höllenstrafenvisionen erkennbar.
 
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