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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Lory, Karl: Bayerns kunsthandwerkliche Fachschulen auf der Nürnberger Jubiläums-Landesausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0216

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Bayerns kunsthandwerkliche Fachschulen auf der Nürnberger Subiläums>Landesausstellung.

Richtung verbor-
gene Gefahr, ins
Steife und Un-
weibliche bei die-
sem weiblichsten
aller Gewerbe
zu verfallen, ist
glücklich vermie-
den. In den ver-
wendeten Orna-
mentsormen und
Farben tritt oft
ein sinniges, wei-
ches Empfinden zutage, und selbst wo nach prunk-
und Prachtentfaltung gestrebt ist, fühlte man doch keine
Aälte und kein pinaustreten über Zweck und Mittel.
Ein außerordentlich reizvolles Stück war der Läufer
(nebst Tellerdeckchen) mit Schmetterlingen (Abb. ^02).

Die Spitzenklöppelschule
Stadlern (eröffnet (ßOs) und die
Spitzen klöppelschule Nord-
halben (eröffnet (903) hatten
in Spitzen, Einsätzen, Deckchen,

Läufern, Drägen usw. reizende,
wenn auch von den neueren Stil-
sormen meist noch unbeeinflußte
Arbeiten vom einfachsten Schlag
bis zu den schwierigsten Aompo-
sitionen gesandt.

Die verwandten Arbeiten der
Münchener Frauenarbeits-
schule werden bei der Dollektiv-
ausstellung Erwähnung finden.

Weiterhin aber haben uns noch
zwei Schulen, die Metallarbeiten
sandten, zu beschäftigen.

DieAgl. Dreisbaugewerk-
fchule Aaiferslautern (gegr.

(825, erweitert (880 und 1(885;

Leiter Rich. Senf) hatte neben
getriebenen Metallarbeiten einen
mächtigen Lüster ausgestellt (Ab-
bildung ^22), alles im Sinne
der neueren Geschmacksrichtung,
wenn auch im ganzen selbständig
empfunden, Erzeugnisse ehrlichen
Fleißes, ferner ein Prachtkreuz,
das sich ebenfalls an neuere Vor-
bilder auf dem Gebiete der reli-
giösen Dunst anlehnt. Viel individueller freilich, aber
auch viel innerlich reicher und technisch ungleich kunst-
voller stellten sich die von der städt. Gewerbe-
schule München (als selbständige Anstalt eröff-

net (898; Direk-
tor G e n e w e i n)
unter Leitung von
OttmarDe es ge-
fertigten Schmie-
dearbeiten dar,
Zierstücke, die
an die allerbesten
Zeiten des älteren
deutschen Arrnst-
gewerbes erin-
nerten, nament-
lich was die Fülle
der Erfindung, des Formenreichtums betrifft, sonst
freilich frei von allem Archaisieren, aber auch frei
von Anlehnung an zeitgenössische Muster, im besten
Sinne originell (Abb. ^23—^32). Zn dem feinen
Verständnis für das Organische bei aller Stilisierung
erinnerten diese Leuchter und Be-
leuchtungskörper, Ständer und
Handtuchhalter geradezu an das
Wesen des Gotischen. Auch in
der Vorliebe für gewisse pflanz-
liche Zierformen (z. B. das Distel-
ornament) konnte man sich an
diese Stilepoche erinnert fühlen.
Wir möchten kein Bedenken tra-
gen, der Deesschule unter allen
aufgezählten den Preis der rela-
tiv größten Selbständigkeit, der
freiesten persönlichen Entfaltung

zuzuerkennen.

* *

Es ergibt sich aus vor-
stehender Übersicht, daß die in
Frage kommenden Schulen fast
rückhaltlos den Anschluß an die
zeitgenössischen Formen des Aunst-
gewerbes erstreben, sich aber zu-
gleich von Übertreibungen und
leerer Nachahnrung frei halten
und in sehr erfreulicher Weise
soweit als nröglich an die hei-
mische Eigenart anknüpsen. Zhre
Erzeugnisse sind darum auch,
wenn man so will, ein Stück
Peinratkunst im guten modernen
Sinn des Wortes, ein gewisser
Erdgeruch haftet ihnen großen-
teils air. Und die irr der sog. „Aollektivaus-
stellung" durch gemeinsamen Fleiß entstandenen
Räume schlossen sich zwar zu außerordentlich har-
monischer Wirkung zusammen, waren tatsächlich eine

377. Reliefschuitzerei; aus der Parteukirchener Schnitzschule,
(‘/e d. wirkt. Größe.)

378. Schraukfüllung;
aus der Partenkirchener Schnitzschule.
(hg d. wirkt. Größe.)

Kunst und Handwerk. 57. Jahrg. Heft 7.

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