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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Laffer, Mortiz Otto: Neue Münchener Plakate
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0385

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Neue Münchener Plakate.

763. Plakat; von Karl Kunft, München.

wir auch hier wieder auf die Direktiven vom Norden,
von Berlin warten? Fast scheint es so. Liegt doch
vor mir ein Buch, ein sehr interessantes Werk, das
für diese Annahme spricht. Es heißt: Der Plakat-
spiegel, sein Verfasser ist ein langjähriger bewährter
Fachmann — Ernst Growaldck) Das Buch enthält
eine Wenge wirklich 'beherzigenswerter Lehren in
knappen Sätzen und muß besonders Kaufleuten und
Kunstanstalten empfohlen werden, doch hat es selbst
dem Künstler manches zu sagen.

Bevor wir aber auf seinen Inhalt flüchtig ein-
gehen, sei versucht, zu präzisieren, was ein Plakat
immer sein soll, unter allen Umständen sein muß.
Also kurz und gut: es muß eine dekorative
Tat fein. Lein Schöpfer muß also über hervor-
ragende dekorative Qualitäten verfügen; be-
sitzt er außerdem noch einen aparten Geschmack und
vermag er seine Aufgaben geistvoll zu erfassen —
um so besser! Das Plakat darf und soll aber nicht
Literatur treiben. Sein Text fei vielmehr so kurz J

*) Erschienen im Rampfmeyerschen Jeiiungsverlag Dr. Gtto
£. Salomott, Berlin C., Rathausstraße (. Das Buch, das im
Jahrg. (903, S. 343, eingehende Besprechung erfahren hat, ist
später in den Selbstverlag des Verfassers übergegangen, der es
gegen Einsendung von (,20 M. (bisheriger Ladenpreis 3 M.)
unseren Lesern zusendet. (D. Schriftltg.)

und packend als nur irgend niöglich. Auch ist gar
nicht nötig, daß Plakate immer in den gellendsten
Farben schreien ... es lassen sich auch mit weißem
Papier und schwarzen Lettern und durch Zuhilfe-
nahme einiger ornamentalen Linien geschmackvolle
und weithin auffallende Affichen erzielen.

Doch lassen wir nun dem Plakatmann selbst
das Wort.

„Das Plakat hat den Zweck, das publikunr
auf eine Sache aufmerksam zu machen, einen Namen
oder eine Marke dem Gedächtnis einzuprägen.

Ein gutes Plakat darf für einen aitderen als
den davtit angepriesenen Gegenstand nicht denk-
bar sein.

Die schlimmste Eigenschaft eines Plakates ist
— die Langeweile. Es ist ein ganz besonderer
Glückszufall, wenn ein Plakat seine Wirkung auf
die Dauer behält — behalte es.

Jedes Plakat muß etwas Sensationelles besitzen.
Wenig Schrift, gute Wirkung.

Erzähle auf dem Plakat keinen Roman, denn
niemand will sich auf der Straße kalte Füße holen.

Wähle Farben, die die Sonne vertragen können.
Du mußt allen Einwendungen und Kritiken mit
dem Hinweis auf den Künstler begegnen können.

Je besser deine Ware ist, desto auffallender darf
dein Plakat sein.

Modern heißt, den richtigen Ausdruck für die
Anschauungen unserer Zeit finden.

Ein Plakat darf nur einem perrn dienen —
muß also Original sein.

Das Lagerplakat ist charakterlos.

Rede dem Plakatkünstler nicht mehr hinein als
deinem Schneider.

kjüte dich vor der fabrikmäßig hergestellten
Dutzendware.

Es gibt viele Künstler, aber wenige Plakatmaler.
Das Fehlen einer deutschen plakatschule im künst-
lerischen Sinne bringt es mit sich, daß bewußte Plakat-
künstler eine große Seltenheit sind.

Der Name des Künstlers auf einem Plakat ist
mehr wert als alle Wedaillen.

In Belgien und Frankreich sieht man im all-
gemeinen mehr gute Plakate als bei uns — nicht
weil diese Länder bessere Künstler haben, sondern
weil die Besteller verständiger sind.

Kunstausstellungsplakate sind für den Stand der
Plakatkunst nicht maßgebend — Schuster haben
meistens zerrissene Stiefel".

Schließlich noch ein paar Worte über unser
Illustrationsmaterial (S. 360—366).

Die „Woderne Ausstellung", Goethestr. 6^,
hat sich ihr Plakat von Münzer malen lassen.

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