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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 64.1913-1914

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Kunst und Schiffahrt
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https://doi.org/10.11588/diglit.8767#0018

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wand zwei Sofas nischenartig eingebaut sind. In
dem Mittelseid zwischen den beiden Sofas tritt
eine Uhr hervor. Zu beiden Seiten der Sofas
bilden kleine Zierschränkchen einen wirkungsvollen
Abschluß des Ganzen. Durch die geschickte Aus-
nutzung der natürlichen Maserung des ffolzes wirken
die Rehlungen selbst wie seine Einlagen. Die
übrigen wände sind ebenfalls in Eschen Holz in
glatten Flächen mit zwischengesügten verkröpsten
Pilastern, welche mit Mahagoni- und wassereichen-
Intarsien geschmückt sind, versehen. Die Decke ist
gerade durchgezogen mit kreisförmigen Ornamenten
und sehr hübschen Beleuchtungskörpern, welche mit
opalisierenden Glasdeckeln versehen sind, über den
Sofas schmücken zwei große gobelinartige Sticke-
reien aus dem Stickereiatelier der Frau v. Brau-
chitsch die vorderwand. An der Rückwand, zum
Ausgang nach dem Sonnendeck, sind drei große
Mosaiken in die wand eingelassen: Blumenstücke,
die nach Angaben und unter Leitung von Professor
Rrüger in München von der bekannten Glasmosaik-
werkstätte von Rarl Ule, München, hergestellt sind.

Der Gesellschastssalon ist mit einem
kleingemusterten, grauen fferatteppich belegt. Die
wände sind mit schwarzgestreiftem, hellblauem
Seidenstoff bezogen. Das Mobiliar ist ganz in
Palisander mit Perlmutter- und Rosenholzeinlagen
ausgesührt und wirkt durch das kostbare Material
sehr prächtig. Die Sofas und kleinen Fauteuils
an den Längswänden sind mit einem grauen, sein
gemusterten Seidenvelours bezogen. Große, bequeme
Rlubsessel und Fauteuils mit verschiedenen Bezug-
stossen in hellblauer Seide und Gobelinmuster,
Doppelschreibtische an den Seiten des Lichtschachtes
und an der vorderwand sowie ein klangvoller
Ibach-Flügel und ein großer Bibliothekschrank aus
Palisanderholz mit prachtvollen Rosenholzschnitze-
reien und facettierten Gläsern vervollständigen
das Meublement. Die Decke ist hellgrau getönt,
mit außerordentlich reich vergoldeten Ornamenten
verziert und mit kleinen, durch Opalglasscheiben
abgeblendeten Beleuchtungskörpern besät. Sämt-
liche Metallteile und Beschläge in dem Salon sind
vergoldet. Auch die Brüstung ist nach dem Licht-
schacht durch ein vergoldetes Gitterwerk abge-
schlossen.

Diese Arbeiten, die nicht nur im deutschen
vaterlande sondern auch jenseits des Ozeans viel
beachtet wurden, stellten die hohen Ziele, die das
moderne Runstgewerbe auch in der Schisssarchitektur
erstrebte, mit einem Schlage aus eine feste Basis.
Ls bleibt das Verdienst des Norddeutschen Lloyd,
hierzu zuerst die ffand geboten zu haben, aber

Bruno Paul und seinen Mitarbeitern gebührt der
Ruhm, den neuen Stil der Sachlichkeit und Zweck-
mäßigkeit, der ffygiene und des kultivierten Rom-
sorts an Bord so wirksam interpretiert zu haben,
daß ein weiterer Fortschritt aus dem betretenen
Wege nicht ausbleiben konnte. An Gelegenheit
dazu fehlte es nicht. Sie bot sich ihm selbst und
seinem ihm in der Leitung der vereinigten Werk-
stätten für Runst und ffandwerk in Bremen beson-
ders nahestehenden Rollegen Rudolf Alexander
Schröder in fast überreichem Maße bei der Aus-
stattung aller gesellschaftlichen Zwecken dienenden
Räume aus dem großen Dampfer „George Washing-
ton" des Norddeutschen Lloyd. Die Grundsätze,
aus denen die moderne Raumgestaltung beruht,
sind in der Ausgestaltung der Räume dieses Schiffes
besonders scharf ausgeprägt. vollendete
Sachlichkeit, sorgfältigste Raum-
ausnutzung und absolute Zweck-
mäßigkeit allüberall, in den Salons, in den
Luxuszimmern, aus den Treppen, aus den Rorri-
doren. Pier wähnt man sich tatsächlich nicht aus
dem Meere, das Gefühl des Wohlgeborgenseins
in einem aus das komfortabelste eingerichteten
ffotel führt unbedingt die Herrschaft über jeden, der
diese Räume betritt.

Bruno Paul und Rudolf Alexander Schröder
stehen hier in ihren Arbeiten zum ersten Male
nebeneinander, so daß sich Gelegenheit bietet, die
Wirkung ihrer Schöpfungen gegeneinander abzu-
wägen. Die Verschiedenheit ihres Lharakters
braucht kaum besonders betont werden. Man er-
kennt sie aus den ersten Blick, während Bruno
Paul, der Meister strengster Sachlichkeit, durch ge-
schickte Verwendung edlen Materials, durch schöne
Farbenwirkung und durch ein ausgeprägtes Ge-
fühl für architektonische Verhältnisse wirkt, über-
wiegt bei Rudolf Alexander Schröder der Sinn
für prächtige Ornamentik und für kapriziöse deko-
rative Behandlung. Das tritt deutlich in dem
Speisesaal des Dampfers „George Washington"
hervor. Die Grundstimmnng des mit außerordent-
lich reicher, größtenteils vergoldeter Schnitzerei ver-
sehenen Speisesaals ist durch Helle Töne charak-
terisiert. Den Boden bedeckt ein dunkelbrauner
Gummibelag, welcher durch durchlaufende blau-
rote Bänder in große Ouadrate geteilt ist. Weiße
viereckige Säulen, welche an den Ecken leicht ab-
geschrägt sind, mit vergoldeten, in Holz geschnitzten
Rapitälen tragen die Decke. Diese ist, wie es durch
die Lisenkonftruktion bedingt wird, in lange, schmale
Felder, mit breiten weißen Balken dazwischen, ge-
teilt. Die Felder sind nach Art der Decke der oberen

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