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N°. 91.

K u n st - B l a t t.

Dienstag, 16. November i 8 3 o,

Grundsteinlegung der Walhalla.

M ü n ch c n, im Oktober.

Aus Johann von Müllers Briefen ist längst bekannt,
wie in der traurigen Zeit des Jahres 1807 der damalige
Kronprinz von Bayern den Gedanken zu einem Gesammt-
denlmal für die großen Männer deutscher Nation gefaßt;
auch ist seitdem öfters der zahlreichen Aufträge an Bild-
bauer zu Fertigung der für dieses Denkmal bestimmten
Büsten, so wie der Vorbereitungen gedacht worden, die
für Errichtung des Gebäudes bereits vor neun Jahren
begannen. Als Stätte dieser Walhalla wählte König Lud-
wig eine Höhe bei Donaustauf, stromabwärts von Regens-
burg, wo die schönste Ausstcht auf Land, Strom und Ge-
dirg die großen Erinnerungen hervorruft, welche sich an
diesen Mittelpunkt Deutschlands knüpfen. Der 18. Okto-
ber d. I., als der Jahrstag der Leipziger Vefreiungs-
schtacht, ward zur feierlichen Legung des Grundsteins be-
stimmt, und so sollte ein Vorsatz, dem Ruhme deutscher
Nation in der verzweistungsvollsten Zeit geheiligt, in ei-
nem Augenblicke zur Ausführung gelangen, wo der Deutsche
mehr als jemals sich seines Vaterlandes zu freuen Ur-
sache hat.

Mehrere Tage vorher festlich in Regensburg empfan-
gen, begaben sich der König und die Königin am Morgen
des 18. Oktobers mit ibrem Gefolge an das Ufer der
Donau, wo ein zu diesem Zweck erbautes Schiff sie auf-
nahm und stromabwärts an das jenseitige Ufer brachte.
Kanonendonner und Musik begrüßten die Ankommenden.
Der schönste Tag hatte sein heitres Licht über die Feier
ansgebreitet. Auf der Höhe des Walhallaberges wurde»
sie von dem Architekten und fämmtlichen Behörden em-
pfangen ; ein Zelt nahm die königlichen Personen auf;
für die Behörden waren Tribüüen errichtet, den Umkreis
bildeten schön costümirte Landmädchen, mit Weinreben die
Gräuze für die Zuschauer ziehend, welche zu Tausenden
die Fläche des Bergs bedeckten.

Ans ein von dem Könige gegebenes Zeichen trat der
Staatsminister des Innern, Hr. v. Schenk, hervor und
begrüßte den neu entstehenden Bau mit folgender Rede;

„Das Wort Seiner Majestät unscrs allergnädig-
sten Königs hat uns heute an erhabener Stätte zu einer
erhabenen Feier versammelt.

„Die Stätte, auf der wir stehen, ist ein Berg, um-
kränzt von Eichen, dem Sinnbild teutschen Sinnes; zu
unfern Füßen rauscht der mächtige Donaustrom und bringt
uns die Grüße eines verbrüderten Nachbarlandes, in dem
er entsprungen; nordwärts wölben sich beschattete Hügel,
die bis an den gewaltigen Bvhmcrwald reichen; südwärts
glaubt unser Blick, über die mit Getraide gesegnete Ebene
Bayerns weggleitend, die schneeigen Gipfel seines fernen
Hochgebirges zu entdecken; neben uns ragen die Trümmer
der Veste Stauf, wo ehdem ein starkes Ritter-Geschlecht
gehaust, und ans dem nahen Regensburg, dem ersten
Sitze der Baperfürsten, wo Otto von Wittelsbach belehnt
worden, erhebt sich wie ein Fels der herrliche Dom. So
umgeben uns rings Bilder teutschen Fürstenthums, teut-
scher Kraft, Gottesfurcht und Kunst.

„Doch, wenn auch jene Gebirgswand gegen Nord und
Süd niedersinken, unser Horizont sich noch zehnfach er-
weitern und das ganze teutfche Vaterland offen vor uns
liegen könnte, wir würden in keinem seiner Gauen ein
Gebäude erblicken, dem ähnlich, dessen Grundsteinlegung
wir an dieses Stätte feiern.

„Woh! wurden , seit Bildung und Gesittung in Teutscl)-
land einheimisch geworden, viel herrliche Gebäude darin
gegründet; Jahrhunderte lang übte sich die beharrlichste
Kunst oft am Bau eines Domes; die teutschen Lande
sind erfüllt mit Kirchen und Palästen, Burgen und Schlös-
sern, und die jüngste Zeit hat jeder Art von Kunst Tem-
pel und Hallen geschaffen, würdig des alten, schönen Va-
terlandes der Kunst. Auch haben einzelne große Männer
Standbilder und Denksteine erhalten, mehr jedoch im Sinne
der einzelnen Völkerstämme, als im Geiste des teutschen
Gesammtvolkes. Nie aber noch ist allen großen Män-
nern, die Deutschland seit den zwei Jahrtausenden seiner
Geschichte erzeugt hat, ein Denkmal gesetzt worden.

„Der Gedanke, ein solches Denkmalzu gründen, war
dem Könige Ludwig von Bayern Vorbehalten, und wer
war würdiger, der erste diesen Gedanken zu fassen? —
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