Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
g

Kammer sperrte, wußte dieser zu entkommen und eilte
mir etlichen Schulkameraden in den Schloßhof, wo eben
der Herzog der festliche» Sirre des Eierlesens anwohnte.
Die Knaben trugen alsvbald persönlich ihren Wunsch, in
die Anstalt ausgenommen zu werden, vor. Dannccker
war unter den Glücklichen, deren Ansuchen Gewährung
fand. Gleich am folgenden Tage durfte er in die An-
stalt, welche sich damals noch bei dem Lusisebloffe Svlilüde
befand, einrücken. Die Mutter begleitete ihn dahin
unter vielen Thränen, wahrend sein Vater noch eine
Zeitlang mißtrauisch und unzufrieden blieb. Er sollte
zunächst Tänzer werden. Hier war aber der Ort, wo
er zugleich die erforderlichen technischen Anweisungen und
Vorbilder für die Entwickelung seines plastischen Talentes
finden konnte, und wo sein Gemürh frühe in die für
seine Zukunft so entscheidenden Verhältnisse des Umganges
und der Freundschaft mit andern gleichbegabten Jüng-
lingen trat. In der Bildnerei war dicß Scheffauer, den
hernach in frühem 'Mannesalter der Tod von einer zahl-
reichen Familie abrief, in der Kupferstecherknnst Johann
Gotthard Müller, in der Musik Zumsteeg, in der Dicht-
kunst Schiller. Zwei Jahre reichten für Dannecker hin,
um in dem Zeichnungsunterrichte so weit zu kommen,
daß er, von der Tanzschule befreit, in die Classe der
Bildhauer ausgenommen werden konnte. Seine Lehrer
waren der Hofbildhauer Bauer und der Hofstüccator
Sonnenschein, der später als Professor in Bern einen
Namen erhielt; dann der Bildhauer le Jeune und die
Maler Har per und Guibal. Nachdem er theils auf
der Solitnde, theils in Stuttgart, wohin das Institut
später verlegt worden war, drei Jahre lang sich eingelcrnt,
namentlich im Modelliren sich geübt, auch schon in der
freien Compositiou glückliche Versuche gemacht hatte,
gewann er mit 18 Jahren den Preis, und behauptete
denselben gegen die Verdächtigungen des Mißtrauens
und der Mißgunst Anderer durch das sogar im Drucke
erschienene ehrenvolle Zeugniß Gnibal's. Die Aufgabe
war Milon von Kroton, wie er, die Hände im Baum-
spalt, von dem Löwen angesallen wird; das noch vorhan-
dene Modell zeugt von einet sorgfältigen Belauschnng
der lebendigen Natur und von Sinn für harmonische
Anordnung.

Bald hierauf (1780) wurde er als herzoglicher Hof-
bildhauer, mir einem Gehalte von 300 ff., angestellr. Im
Jahr 1783 trat er jedoch schon, und zwar aus Armnth
zu Fuße, die Reise nach Paris an, wo er in der höchsten
Eingezogenheit lebte, in Gesellschaft Scheffauer's den
eifrigsten Studien unter P aj o n 's liebevoller Leitung und
Berathung ergeben. Derselbe Scheffauer begleitete ihn zwei
Jahre später auf der Fußreise von Paris nach Rom, wo
Dannccker bis 1700 verweilte und im Anschauen der
Werke alter Kunst eine ganz neue und die kräftigste An-

regung zu größeren Fortschritten und zum reineren Ver-
ständniß wahrer Knnstschönheit empfing. Hier war es,
wo er mit Goethe, mit Herder und andern ausgezeich-
neten Reisenden Bekanntschaft machte: namentlich aber
lernte er den nur um ein Jahr älter», aber in Thätig-
keit und Ruhm frühe vorausgeeilten Canova kennen,
und schloß sich, wiewohl mit freier Aneignung desselben
Princips, und in eigentbümlicher Trefflichkeit, der von
dem Italiener eingeschlagenen Bahn einer edleren, zugleich
der Antike und der einfacheren Natur wieder zugewen-
deten Richtung an. Hatte er aus Paris einen sitzenden
MarS im Modell, als Zeichen seines ernsten Strebens,
nach Hause gesendet; so waren in Rom die ersten Mar-
morwerkc unter seiner Hand entstanden, eine Ceres »nd
ein Bacchus, welche jetzt zu den vornehmsten Zierden
des königlichen Schlosses in Stuttgart gehören. Es
kämpfte lang in ihm, ob er nicht in Rom bleiben; auch
später beschäftigte ihn wieder sehr lebhaft der Gedanke,
ob er nicht in die Heimath der Kunst zurückkehren sollte,
zumal nachdem für Italien und für die Kunst die Zeit-
läufte sich wieder günstiger gestaltet hatten. Er würde
dann vielleicht noch entschiedener sich mir an die Spitze
des modernen Knnststrebens gestellt und ivohl auch nach-
haltiger bei sich selbst das reine plastische Gesetz in seinen
später» Werken zur Anwendung gebracht haben. Indessen
sollte ihn auch in den beschränkteren heimathlichen Ver-
hältnissen ein verwandter Kreis umgeben und ihm eine
anfmunternde Anerkennung und ein belehrender und
belebender Einfluß der Freundschaft zu Theil werden.
Dieß war um so nvthwendiger und willkommener für
ein ausgezeichnetes Talent, als in der örtlichen und
amtlichen Stellung einer kleinern deutschen Residenz und
in einem, wenn auch gesegneten doch wenigstens nicht
reichen Lande die nächsten und meisten Aufgaben, welche
dem Künstler zufielen, aus einem bloß ornamentalen
Zweck an den herzoglichen Schlössern und Landhäusern
hervorgingen, oder für die vorübergehenden Feste eines
kunstsinnigen, aber in seinen Pläne» und Anordnungen
d.n Wechsel liebenden Fürsten entstanden.

Von 1700 an ist Dannecker, mit geringen Unter-
brechungen, z. B. durch eine Reise nach Paris, um die
unter Napoleon vereinigten Kunstschätze zu besuche»,
durch einen Aufenthalt in Zürich, um Lavaters Büste
zu modelliren, später, während des Congresses, in Wien,
wo ihm der Staatskanzler Fürst Metternich zu einem
Bilduiß saß, und durch einen AuSflug nach Nürnberg
und München, in seiner Vaterstadt wohnen geblieben,
und hätte als Professor der Bildhauerkunst, später als
Direcror der Kunstschule in Stuttgart und als Inspektor
der königlichen Galerie zu Ludwigsburg einen öffentlichen
Wirkungskreis. Einen Ruf nach München zur Stelle
Register
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen