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der spanische General dem Maler sagen sollte, er wolle
das Portrat nicht nehmen; allein der General konnte sich
dem alten Goya nicht zu verstehen geben und der Sohn,
welcher allein da-s Fingeralphabet kannte, wollte seinen
Vater nicht zornig machen, denn ein paar geladene
Pistolen lagen ans dem Tische und Lord Wellington hatte
seinen Degen an der Seite. Der alte Goya schrie mit
seinem Sohne und der Lord mit seinem Begleiter, aber
der Alte wurde des Dinges überdrüssig, nahm mit her-
ausforderndem Tone Papier und Feder und sagte dem
Lord auf französisch, dieß wäre das Mittel, sich ohne
Dolmetscher zn verstehen. Der Sohn legte sich in's
Mittel, er beredete den spanischen General, den Lord
wegzubringen, um einen blutigen und scandalvsen Auf-
tritt zn vermeiden, das Gemälde würde ausgebessert
oder, wo nicht, zurückbchalrcn werden; seinem Vater
machte er weiß, die üble Laune des englischen Heer-
führers rühre von andern Ursachen her. Wer weiß,
wenn Goya etwas weniger taub oder sein Sohn etwas
weniger klug gewesen, ob es ein Waterloo oder eine
heilige Allianz gegeben hätte?
Nachrichten vom August.
Statistik der Kunst.
Drastlic». Unter Johann VI. wurde vor mehr als zwanzig
Jahren eine Colonic französischer Künstler hieher übersiedelt.
Ganz besondere» Antheil hieran nahm der lalentvolle Schlacv-
tenmaler Taunay, der auf die Absichten und Wünsche des
Ministers, Grafen v. Abarea, mit einer eigcnthümlichen
Warme entging. Er nahm zu dem Ende seinen Bruder,
Aug. Tauuay, einen ausgezeichneten Bildhauer, und mehrere
seiner Söhne mit, die ihre künstlerische Laufbahn dort beginnen
sollten. Außerdem gehörten z» dieser Expedition die Herren
Dekret (Gcschichtsmalcr), Grandjean v. M ontign y
(Architekt), Simon Pradicr (Kupferstecher), die Gebrüder
Fe rrer (Medaille»- und Stempclschneider). Ovide (Professor
der Mechanik), Fr. ysvnrcpos, ei» Bildhauer und Gchsilfe
des Hin. Aug. Taunay, und der berühmte Componist Neu-
kom ui, der beste Schüler Haydns. — Im Jahr 18IL langte
diese Expedition in Niv an: der König nahm sie mit großem
Wohlwollen auf; allein cs traten bald ungünstige Umstände
ein, die dem Gedeihen des neuen künstlerischen Instituts sehr
hinderlich wurden. Der Hauptbeschützer der Künstler, der
der Graf „. Abarca, starb, und Lebreton folgte ilnn bald.
Das Gebäude für die Akademie, zu welchem Hr. Grandjean
v. Montigny de» Plan entworfen hatte, rückte langsam
seiner Vollendung entgegen, Pradicr fand keine Beschäftigung
und kehrte nach Paris zurück, und der Vorzug, den man
einem portugiesischen Maler, Hcnr. Jose da Silva, als
Dircctor der neuen Akademie gab, machte, daß auch Taunay,
dessen Bruder in Brasilien gestorben war, nach Frankreich
zurückkehrtc. Auch Neukonnn hatte sich in Brasilien nicht
einheimisch machen können. — Die Ausdauer einiger Künstler
bot indeß allen Hindernissen Trog. Grandjean, dcm man
bereits die Börse, eines der schönsten Baudenkmale von Rio
de Janeiro, verdankt, sah endlich den Palast der Akademie
vollendet, zu deui er den Plan geliefert: Felix Taunay
erhielt die Stelle des Direktors da Silva, und gegenwärtig
scheint das Ganze solider, als je, begründet zu seyn. Die
Akademie wird sehr regelmäßig geleitet, >uld einige Ausstel-
lungen haben bereits dcm Publikum bewiesen, daß man es
mit dem Studium der Küttste ernstlich meint. Die Schule
von Rio de Janeiro zäl'lt schon eine Menge talentvoller
Schüler, unter denen wir namentlich Franc. Pedro de
Amaras, Maler und Baumeister, der die k. Paläste deco-
rirt hat, Christo Moreira, Seemaler, Jose dos Reis
Carval ho, Landschaftsmaler, S implicio, Porträtmaler,
und den kenntnißrcichenAraujo Porto Alegre, GeschichtS-
malcr, der sich durch großartige und wohlausgcführtc Com-
posiiionen auszeichnet, anführ,n wollen. Felix Taunay, der
Dircctor selbst, ist als wackerer Landschaftsmaler bekannt,
und man hat in Frankreich bereits mehrere seiner schönen
Ansichten brasilianischer Gegenden bewundert. Sein großer
„Wasserfall von Tejuco" ist ein braves Bild. Außerdem hat
man in Rio eine schöne Gemäldesammlung älterer Meister
zusammengebracht, cs existirt ein Atelier für Bildhauer, in
welchem viele Schüler beschäftigt sind, und Hr. Grandjean
führt die Aufsicht über alle Bauarbeite». — Auch die Musik,
für w.lchc die Brasilianer, den Deutschen ähnlich, großes
Talent haben, wird fleißig cultivirt.
Fest.
Vom. Am 25. August wurde durch unsere Künstler
das Gcburts- und Ramensscst Sr. Maj. des Königs von
Bayern gefeiert. Der hier lebende Gcncralsecretär der Aka-
demie der schönen Künste in München, Professor I. M. von
Wagner, hatte dazu die deutschen und stammverwandten
Künstler in die Villa Malta eingeladen. Als der anwesende
?. bayerische Gesandte, Graf v. Spaur, das Wohl des kunst-
beschüyenden Königs ausbrachte, ertönte beim Gläscrklange
einstimmig ein dreimaliges Lebehoch, während Böller und
Rak-tcn von der Höbe des Monte Pin,io der in Dunkel
gehüllten ewigen Stadt das Doppelfest des deutschen Monarchen,
des Erbauers der Walhalla, verkündeten. Erst spät trennte
sich die Gesellschaft mir dem Wunsche, diesen Tag noch oft-
mals wiederkehren zu sehen.
Gcrichtscrkcnntuiß in Kunstsaehcn.
Pom. Rach sechs Jahren ist endlich ein Proceß ent-
schieden, dessen Gegenstand zu den seltenen Rcchlsvorkommen-
hcitcn gehört. Der Fürst v. Sirmium »ämtich Hane befohlen,
mehrere unscheinbare Kunstartikel aus dcm ihm zugehörigen
Palast Odescalchi privatim zu veräußern. Der Kunsthändler
Dallali acguirirke bei der Gelegenheit für t5 Scudi ein Ge-
mälde, aus dein der Verkäufer nichts zu machen wußte und
das Vallati für eine stark restaurirte Copie von Coreggios
in Dresden befindlicher Magdalena ausgab, welches berühmte
Kunstwerk bekanntlich vor circa hundert Jahren für >5,000
Zecchinen für die dortige Pinakothek angekauft wurde. Unter-
dessen reinigte eine geschickte Hand die dunkle Leinwand und
zauberte sehr bald zum zweitenmal ein Kunstwunder aufseine
Oberfläche, das wenige seines Gleichen hat und auch in der
reichsten Gemäldesammlung als ein vorzüglicher Schmuck
prangen würde. Vallaii nahm Anstand, es für :ooo Louis-
d'or hinzugelben, welche Summe ihm ein Engländer dafür
angeboten. Der Fürst v. Sirmium ließ das Bild ohne wei-
teres sequestrircn. Eine Commission Sachverständiger erklärte
cs einstimmig für ein Werk von unvergleichlichem Wcrthe,
der spanische General dem Maler sagen sollte, er wolle
das Portrat nicht nehmen; allein der General konnte sich
dem alten Goya nicht zu verstehen geben und der Sohn,
welcher allein da-s Fingeralphabet kannte, wollte seinen
Vater nicht zornig machen, denn ein paar geladene
Pistolen lagen ans dem Tische und Lord Wellington hatte
seinen Degen an der Seite. Der alte Goya schrie mit
seinem Sohne und der Lord mit seinem Begleiter, aber
der Alte wurde des Dinges überdrüssig, nahm mit her-
ausforderndem Tone Papier und Feder und sagte dem
Lord auf französisch, dieß wäre das Mittel, sich ohne
Dolmetscher zn verstehen. Der Sohn legte sich in's
Mittel, er beredete den spanischen General, den Lord
wegzubringen, um einen blutigen und scandalvsen Auf-
tritt zn vermeiden, das Gemälde würde ausgebessert
oder, wo nicht, zurückbchalrcn werden; seinem Vater
machte er weiß, die üble Laune des englischen Heer-
führers rühre von andern Ursachen her. Wer weiß,
wenn Goya etwas weniger taub oder sein Sohn etwas
weniger klug gewesen, ob es ein Waterloo oder eine
heilige Allianz gegeben hätte?
Nachrichten vom August.
Statistik der Kunst.
Drastlic». Unter Johann VI. wurde vor mehr als zwanzig
Jahren eine Colonic französischer Künstler hieher übersiedelt.
Ganz besondere» Antheil hieran nahm der lalentvolle Schlacv-
tenmaler Taunay, der auf die Absichten und Wünsche des
Ministers, Grafen v. Abarea, mit einer eigcnthümlichen
Warme entging. Er nahm zu dem Ende seinen Bruder,
Aug. Tauuay, einen ausgezeichneten Bildhauer, und mehrere
seiner Söhne mit, die ihre künstlerische Laufbahn dort beginnen
sollten. Außerdem gehörten z» dieser Expedition die Herren
Dekret (Gcschichtsmalcr), Grandjean v. M ontign y
(Architekt), Simon Pradicr (Kupferstecher), die Gebrüder
Fe rrer (Medaille»- und Stempclschneider). Ovide (Professor
der Mechanik), Fr. ysvnrcpos, ei» Bildhauer und Gchsilfe
des Hin. Aug. Taunay, und der berühmte Componist Neu-
kom ui, der beste Schüler Haydns. — Im Jahr 18IL langte
diese Expedition in Niv an: der König nahm sie mit großem
Wohlwollen auf; allein cs traten bald ungünstige Umstände
ein, die dem Gedeihen des neuen künstlerischen Instituts sehr
hinderlich wurden. Der Hauptbeschützer der Künstler, der
der Graf „. Abarca, starb, und Lebreton folgte ilnn bald.
Das Gebäude für die Akademie, zu welchem Hr. Grandjean
v. Montigny de» Plan entworfen hatte, rückte langsam
seiner Vollendung entgegen, Pradicr fand keine Beschäftigung
und kehrte nach Paris zurück, und der Vorzug, den man
einem portugiesischen Maler, Hcnr. Jose da Silva, als
Dircctor der neuen Akademie gab, machte, daß auch Taunay,
dessen Bruder in Brasilien gestorben war, nach Frankreich
zurückkehrtc. Auch Neukonnn hatte sich in Brasilien nicht
einheimisch machen können. — Die Ausdauer einiger Künstler
bot indeß allen Hindernissen Trog. Grandjean, dcm man
bereits die Börse, eines der schönsten Baudenkmale von Rio
de Janeiro, verdankt, sah endlich den Palast der Akademie
vollendet, zu deui er den Plan geliefert: Felix Taunay
erhielt die Stelle des Direktors da Silva, und gegenwärtig
scheint das Ganze solider, als je, begründet zu seyn. Die
Akademie wird sehr regelmäßig geleitet, >uld einige Ausstel-
lungen haben bereits dcm Publikum bewiesen, daß man es
mit dem Studium der Küttste ernstlich meint. Die Schule
von Rio de Janeiro zäl'lt schon eine Menge talentvoller
Schüler, unter denen wir namentlich Franc. Pedro de
Amaras, Maler und Baumeister, der die k. Paläste deco-
rirt hat, Christo Moreira, Seemaler, Jose dos Reis
Carval ho, Landschaftsmaler, S implicio, Porträtmaler,
und den kenntnißrcichenAraujo Porto Alegre, GeschichtS-
malcr, der sich durch großartige und wohlausgcführtc Com-
posiiionen auszeichnet, anführ,n wollen. Felix Taunay, der
Dircctor selbst, ist als wackerer Landschaftsmaler bekannt,
und man hat in Frankreich bereits mehrere seiner schönen
Ansichten brasilianischer Gegenden bewundert. Sein großer
„Wasserfall von Tejuco" ist ein braves Bild. Außerdem hat
man in Rio eine schöne Gemäldesammlung älterer Meister
zusammengebracht, cs existirt ein Atelier für Bildhauer, in
welchem viele Schüler beschäftigt sind, und Hr. Grandjean
führt die Aufsicht über alle Bauarbeite». — Auch die Musik,
für w.lchc die Brasilianer, den Deutschen ähnlich, großes
Talent haben, wird fleißig cultivirt.
Fest.
Vom. Am 25. August wurde durch unsere Künstler
das Gcburts- und Ramensscst Sr. Maj. des Königs von
Bayern gefeiert. Der hier lebende Gcncralsecretär der Aka-
demie der schönen Künste in München, Professor I. M. von
Wagner, hatte dazu die deutschen und stammverwandten
Künstler in die Villa Malta eingeladen. Als der anwesende
?. bayerische Gesandte, Graf v. Spaur, das Wohl des kunst-
beschüyenden Königs ausbrachte, ertönte beim Gläscrklange
einstimmig ein dreimaliges Lebehoch, während Böller und
Rak-tcn von der Höbe des Monte Pin,io der in Dunkel
gehüllten ewigen Stadt das Doppelfest des deutschen Monarchen,
des Erbauers der Walhalla, verkündeten. Erst spät trennte
sich die Gesellschaft mir dem Wunsche, diesen Tag noch oft-
mals wiederkehren zu sehen.
Gcrichtscrkcnntuiß in Kunstsaehcn.
Pom. Rach sechs Jahren ist endlich ein Proceß ent-
schieden, dessen Gegenstand zu den seltenen Rcchlsvorkommen-
hcitcn gehört. Der Fürst v. Sirmium »ämtich Hane befohlen,
mehrere unscheinbare Kunstartikel aus dcm ihm zugehörigen
Palast Odescalchi privatim zu veräußern. Der Kunsthändler
Dallali acguirirke bei der Gelegenheit für t5 Scudi ein Ge-
mälde, aus dein der Verkäufer nichts zu machen wußte und
das Vallati für eine stark restaurirte Copie von Coreggios
in Dresden befindlicher Magdalena ausgab, welches berühmte
Kunstwerk bekanntlich vor circa hundert Jahren für >5,000
Zecchinen für die dortige Pinakothek angekauft wurde. Unter-
dessen reinigte eine geschickte Hand die dunkle Leinwand und
zauberte sehr bald zum zweitenmal ein Kunstwunder aufseine
Oberfläche, das wenige seines Gleichen hat und auch in der
reichsten Gemäldesammlung als ein vorzüglicher Schmuck
prangen würde. Vallaii nahm Anstand, es für :ooo Louis-
d'or hinzugelben, welche Summe ihm ein Engländer dafür
angeboten. Der Fürst v. Sirmium ließ das Bild ohne wei-
teres sequestrircn. Eine Commission Sachverständiger erklärte
cs einstimmig für ein Werk von unvergleichlichem Wcrthe,