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der Hand, an der kleinen Figur einer altgriechischen
Spes, welche vor ihm auf erhöhtem Sockel steht. Als
eine gleichförmige, doch nicht eben günstige Eigenthüm-
lichkeit dieser drei) Figuren tritt hervor, daß Köpfe, Hände
und Füße an allen etwas zu groß und derb gehalten sind,
weßbalb das kolossale Verhältniß der Gestalten nicht so
sehr in die Augen springt, als es sollte. Auch die Mus-
kulatur des Nackten, mit großer Sicherheit ausgeführt,
fallt etwas ins Uebertriebene, ein Fehler jedoch, der bep
der hohen Aufstellung der Figuren weniger merklich wer-
den wird.

Unter den kolossalen Büsten, welche derselbe Künst-
ler ebenfalls in Auftrag Sr. Maj. des Königs modellirt
hatte, zeichnete sich besonders die des verstorbenen Pro-
fessors v. Fraunhofer aus: der reine Mensch und der
tiefe Denker sprechen aus diesen feinen und edlen Zügen,
in welchen man den Ausdruck hohen Strebcns, scharf-
sinniger Forschung und milder Gesinnung nickt ver-
kennen kann. Das etwas magere und kränkliche Ansehen
ist durch die großartige Darstellung gemindert, und die-
ser Kopf gehört zu denen, in welchen der Geist unmit-
telbar die Schönheit gibt. Die übrigen Bildnisse, des
Bischofs von Sailer, des »erst. Kapellmeisters von Win-
ter und des bairischen Geschichtschreibers v. Westenrieder
sind sämmtlich stark markirte Köpfe, hie und da selbst
zu stark muskulirt und daher, wie jene Statuen, ans
Uebertriebene granzend. Jedoch verleugnet sich in Keinem
der Geist der Auffassung und eine vorzügliche Kenntniß
des menschlichen Baues. Es fehlte diesem Künstler nur
jene hohe Achtung der Natur, die im Bewußtseyn, daß
der Darstellung immer noch etwas zu erreichen bleibe,
zu jener Verfeinerung des Sinnes führt, auch die zar-
teren Formen des Lebens zu bemerken und nackzubilden.

Von Hrn. Stiglmair, Inspektor der königlichen
Erzgießerep, sah man zwep wohlgelungene Büsten in
Erz, das Bildniß Sr. Maj. des Allerhöchstseligen Kö-
nigs, und das des verst. Staatsministers Grafen Tör-
ring Guttenzell. Strebte Haller oft zu sehr nach dem
Gewaltigen und Massenhaften, so scheint Hrn. Stigl-
mair das Entgegengesezte gefährlich zu werden. In
der Büste Marimilians ist das Einzelne zu ängstlich be-
handelt und der Kopf hat dadurch etwas Kleinliches er-
halten. Wahr und einfach ausgeführt schien uns das
ebenfalls in Erz gegossene Grabrelief für die in München
gestorbenen jungen Brasilianer. Der Knabe und das Mäd-
chensind verschieden dargestellt, vom.stauche des Boreas
getödtet, der ihnen entgegenschwebt; aber die an sich gute
Allegorie leidet an einiger Undeutlichkeit dadurch, daß die
verderbende Naturgewalt nicht feindlich genug erscheint,
mithin nicht klar wird, daß die Kinder nur durch sie er-
liegen.

Ein schlafender Amor, welchen Hr. Le eb aus Mem-
mingen, während eines längeren Aufenthalts in Nom,
zwepmal in Marmor ausgeführt hatte, das einemal für-
den Hrn. Grafen v. Schönborn - Wiesentheid, erwarb sich
viele Gunst des Publikums durch die Natürlichkeit und
Anspruchlosigkeit der Stellung und des Ausdrucks. Viel-
leicht mochten die Beine in Verhältniß zu dem Körper
um ein.Geringes zu stark gehalten stpn; im Ganzen
aber war die Figur und das zarte Kindesalter wohl ver-
standen, der süße ruhige Schlaf mit Wahrheit ausgedrückt
und die Behandlung des Marmors gewährte einen ge-
wissen Reiz, indem sie weit entfernt von schwächlicher
Weichheit, doch das Zarte der Jugend glücklich bezeichnete.
Man sah an dieser Figur, wie ansprechend die Natürlich-
keit der Auffassung für Jeden bleibt. *)

Mehr und vielleicht hie und da zu sehr hatte der
Künstler dem Styl gehuldigt in der zarten Figur eines
sitzenden Mädchens, welches ein Nest voll Amorinen hält.
Diese, im Einzelnen sehr naiv gedacht und niedlich gear-
beitet, scheinen doch im Verhältniß zum Ganzen gar zu
winzig und der Gedanke selbst erhält dadurch etwas be-
deutungsloses. Am schönsten und anmuthigsten war der
Körper des jugendlichen nur kaum aufblühenden Mäd-
chens, der mit einem zarten Sinn für Verhältnisse be-
handelt war. Auch durch die sorgfältige Anordnung und
Ausführung machte das Werk einen angenehmen Ein-
druck und fand unter dem Publikum vielen Beyfall.

Ein Basrelief in Marmor von demselben Künstler,
die drei) Grazien, welche den Pegasus pflegen, zeigte
unter allen diesen Arbeiten am wenigsten Naturwahr-
heit. Man erkannte darin den Styl einiger antiken Re-
liefs aus guter römischer Zelt; aber das Streben nach
dem Zierlichen, welches sich vorherrschend aussprach, selbst
die schönen Formen des Nackten und der Köpfe konnten
keinesweges für den Mangel; an natürlichem Gefühl
entschädigen. Die Behandlung neigte sich zu einer
gewissen Härte, die auch den früher genannten Werken
schon hie und da nachtheilig gewesen war und im Ein-
zelnen noch zum Tbeil an mehreren gut gearbeiteten
Büsten in kolossaler Größe für die Walhalla, und an-
dern in Lebensgröße hervortrat, welche Hr. Leeb ebenfalls
auf die Ausstellung gebracht hatte: Jedoch war in diesen
die Treue und charakteristische Aehnlichkeit der Auffas-
sung fast durchgängig zu loben.

Eine fast lebensgroße Gruppe in Gyps von Peter
Schöpf, Zögling der Akademie, stellte Dädalus dar,
wie er den ertrunkenen Ikarus emporhebt. Der Körper

*) Der Künstler bat auf de» Wunsch mehrerer Kunst-
freunde diese Statue formen lasse», und es werden m
Kurzem Gypsabguffe davon bcy ihm zu habe» sehn.
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