Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 9.1874

DOI article:
Die 23. Ausstellung der Norddeutschen Kunstvereine in Hamburg, [1]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4816#0313

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
621

Die 23. Ausstellung der Norddeutschen Kuustvereine in Hamburg.

622

sonniges, lichtgesättigtes Motiv von der Via Appia.
Von Kolitz, den wir sonst nur als tüchtigen Kriegs-
maler kenncn lerntcn, begegnen wir einem sehr bcach-
tcnswerthcn Motiv ans Ober-Jtalicn. Wer bemerktc,
wie vortrefflich es ihm auch sonst gelnngen ist, das
landschaftliche Element in scinen Kriegsscencn znr Er-
zeugung- der beabsichtigten Stimmnng zu vcrwerthen,
wird nicht überrascht sein, wcnn derselbe Künstler auch
Landschaften ohne kricgcrische Staffage zu malen .ver-
steht. Sehr originell und wirksam präscntirt sich Hum-
mel's in Weimar Thnrm dcs Scncca auf Korsica.
Anch Prof. Gurlitt. in Dresdcn wandelt nicht ohnc
Originalität nnd mit viel Erfolg etwas abscits von
den anSgctretenen Künstlcrpfaden und lehrt uns in scinen
dalmatinischen Bildcrn eine Gegend kenncn, welche, Jta- >
liens sonnige Luft ohnc dcsscn klassische Linien und
Norwegens Küstenformation ohne dessen düstere Ro-
mantik besitzend, dcm Landschafter vielc Anrcgungen und
neue Motive bieten mnß. Abgcsehen von zahlreichcn Wald-
landschaften finden wir prachlvolle Banmgrnppen, be-
sondcrs bei Kotsch in Düsscldorf, dcssen liebevolle
Arbeit auch in allcn Dctails, z. B. dcn Tümpcln auf
der durchregneten Landstraße, von dem trenesten Natnr-
studinm glänzcnd Zengniß ablegt. dkicht dieselbe Boll-
endung, wcnn auch bensclben Fleiß finden wir in der
verdienstlichen, baumreichen Landschaft von Anna v. San-
dhck in Cleve. Von Douze tte's Specialität haben wir
schon bcdeutend besserc Sachcn gesehen als die beiden !
Mondlandschaften, welche cr dicsmal ausgestellt hat.
Ein anderer Spccialist, dcr Malcr der norddeutschcn
Waldcs- nnd Frühlingspocsie, B. v. Löfen, war leider
nnr dnrch ein klcincs Bilbchcn, allcrdings ein Zuwet
in sciner Art, vertreten, und wir haben seine ticf-
empfnndeiien Darstcllnngen unter der Masse gedanken-
lvser und giftgrüncr Wald- nnd Frühlingsbilder schmerz-
lich vermißt. Der Winter war viel mehr zu seinem
Rechte gekommen und hatte in Jacobsen (der, wenn
ich nicht irre, auch zn Tidemand's lappischer Rcnn-
thicrjagd die schöne Schneelandschaft gcmalt hat),
Stademann, dessen Bildcr mit der Staffage viel-
fach an nicdcrländische Vvrbilder anklingen, Hilgers,
Kaiser nnd Mnnthc vielseitigc und glücktiche Dar-
steller gesnnden. Mnnthe brillirte anßerdem mit einer
sehr bedentenden Herbstlandschaft, die fast nur mit zwei
Farbcn gcmalt dennvch zn den hcrvvrragcnbsten Leistnngen
ber Landschafter gerechnet werden mnß. Aus Oesterreich
war die Ansstellimg mir sehr spärlich bcschickt wvrden;
nm so mehr ist cs unsere Pflicht, den licbcnswürbigen
Bilbern von A. Hansch volle Anerkennnng nicht zu vcr-
sagen; seinc Gemälde klcincn FormatS aus dem Schwcizer
Lande mußten von dem gewisscnhaftcn Besncher förm-
lich anfgcsncht wcrden nntcr dcr crdrückenvcn Größe der
anderen „Well- und Wetterhörner, Morteratsch-Glet-

schcr" u. s. w., entschädigten aber für diese Mühe in
reichem Maße. Seine größeren Gemälde aus demselben
Stoffgebiete, obgleich für mich nicht ganz so anziehend,
müssen dennoch als hervorragend registrirt werdcn.
Eine besondere Rubrik müsscn wir den Landschaftcn
aus dem Orient cinräumen, die eigenthümlich genug
außer den kleinen Schilderungen Fiedler's aus dem
äghptischen Straßenleben, die wir überdies als Agna-
rcllc liebcr gesehen hättcn, burchweg große Lcinwand-
flächen zu beanspruchen scheinen. So dcssclbcn Fiedler' S
fcingcstimmtes großes Bild, die ägyptischen Granitbrüche
hinter Shcne, welches leider, nachbem cs anfänglich
einen guten Platz gehabt hatte, demnächst todtgehängt
und dald darauf ganz fortgcschafft wnrde. Ebcnso er-
ging es, ohne daß cs in demselbcn Maße Bedauern
erregt hättc, dcm Rieger'schcn Jerusalem, einem so
farbenglitzernden, schillernden und schreienden Bilde, das;
wir es mil den Schilderungen der Neisenden von der
Stadt nnd ihrer Umgebung kaum znsammenrcimcn
können. Jn dem drittcn großcn Bilbe, Eckenbrecher' s
Platz vor eincr Moschee in Konstantinopel, ist das
Hauptgewicht auf die Staffagc gclcgt, in welcher wir
mit viclem Vergnstgen zahlreiche Typen der türkischcn
Hanplstadt, charakteristisch und lebcnswahr aufgefaßt,
wiedcr erkannt haben.

Franz Hünten war burch zahlreiche Marincn
vertreten, alle mit derselben Bravour und Tüchtigkcit
gemalt, welche diesem gewisscnhaften Darsteller des
Meeres unb der Schiffe eigcn ist. Indesscn war keine
dicser Nnmmcrn von der cminenten Bcdcutung eines
(im Privatbesitze bcfindlichcn) großen Bildes von Mcl-
bh e, französische Kriegsschiffe an dcr griechischen Küstc.
Rieger's Mondnacht an der norwcgischen Küste, die
zwar einen unzweifelhaften Belcg für die erstaunliche
Vielseitigkeit dicses Künstler's abgiebt, kann sich ebcnsv
wenig mit Hünten's cinfacher und fesselnder Natnran-
schauung wie mit Melbhe's großartiger nnd jedes vir-
tuose Haschen nach Effekt vornehm vcrschmähendcr Anf-
fassung mcssen. Auch nnser N. Hardvrff ist in den
letzten Jahren von dem Vorwurf cincr gewissen Expe-
rimentirerei nicht freizusprechen. Seine große Schitberci,
der Claddafelsen bei Mondschein, sucht niühsam mil
künstlichen Lichtern zu wirken, währcnd die frnhcren
Werke H.'s mit den einfachsten Mitteln vicl dnrchschla-
gendere Erfolge erzieltcn. Ein drittcr Hamburgcr, Lcit-
ner, hat in seinem afrikanischen Fischerboot die
orienlalische Scenerie flott und verständnißvvll wieder-
gegeben, das Wasser ist lcider zu schwcr und undurch-
sichtig gerathen. H. Wahnschaffe ist in seiner
Behandlung der Wassermassen etwas kraus und unruhig.
Die von Düsseldorfer Künstlcrn ausgcstellten Btarincn
kranken fast ausnahmslos an eincr nngesnnden Farbe
dcs Wassers, vermuthlich in Folge des A. Achenbach-
 
Annotationen