ERSTE INTERNATIONALE AUSSTELLUNO FÜR MODERNE DEKORATIVE KUNST IN TURIN 7
das nach dem Gebrauch durch verschiedene Klappen
zu einem fast würfelförmigen Kasten zusammen-
geschlossen wird, ein Ornament in Tiefsclmitt an-
bringt, das nicht wie die vorhin genannten Einlagen
von einer Konstruktionsidee abgeleitet ist, sondern als
freier Zierrat den Linien des Möbels folgt. Bequem
und wohnlich sind diese Zimmer sicher in hohem
Orade.
Osterreich ist das einzige Land, welches ein eigenes
Einzelwohnhaus aufzuweisen hat. Aber diese Villa
des Architekten Baumann steht mit ihrer ziemlich
banalen Einrichtung nicht auf der Höhe dessen, was
in Wien sonst geleistet wird. Anders verhält es sich
mit den Zimmereinrichtungen in dem kleinen Aus-
stellungsgebäude, mit welchem dieses Land sich ausser-
dem neben den Gebäudekomplex gestellt hat, der allen
übrigen Ländern Dach gewährt. Für zwei Speise-
zimmer haben Josef Wytrlich und Jakob Soulek Möbel
hingestellt, welche etwa die Mitte halten zwischen
dem Stil der Holländer und dem Raffinement, welches
die Hoff mann, Holzinger und Leopold Bauer gerade jetzt
in Düsseldorf sehen lassen. Die praktische Verwend-
barkeit spricht mehr für diese beiden Raumausstattungen
in Turin. Ungarn beginnt seinen in mancher Be-
ziehung noch an das Barbarische streifenden Geschmack
zu Gunsten einer ähnlichen Einfachheit umzugestalten.
Seine eigene Note bewahrt dieses Land durch die
Bevorzugung kräftiggegeneinander abstechender Farben-
werte. Dass daran auch das Holz teil hat, kann man
einstweilen einfach konstatieren, selbst wenn man per-
sönlich für kornblumenblaue Beize unter der Politur
des Möbels keine Vorliebe hegt.
Deutschland hat kein eigenes Gebäude aufgerichtet,
aber die günstige Lage der Galerie im Haupt-
ausstellungspalast, welche ihm gesichert wurde, gab
die Möglichkeit, unbekümmert durch Rücksichten
auf die Fassadenwirkung des italienischen Architekten
eine reiche Folge von Räumen mit verschiedenen
Abmessungen herzustellen. Der Leiter der deutschen
Abteilung, H. E. von Berlcpsch, hat sich nicht ge-
scheut, statt der Fenster und Decken, die er vorfand,
andere einsetzen zu lassen, um dadurch die normalen
Bedingungen für jedes besondere Interieur zu schaffen.
Grössere Repräsentationsräume wechseln mit kleinen
KARLSRUHER JUBILÄUM-KUNSTAUSSTELLUNO 1902
SCHRANK AUS DEM ARBEITSZIMMER VON ARCHITEKT HERMANN BILLINO, KARLSRUHE
das nach dem Gebrauch durch verschiedene Klappen
zu einem fast würfelförmigen Kasten zusammen-
geschlossen wird, ein Ornament in Tiefsclmitt an-
bringt, das nicht wie die vorhin genannten Einlagen
von einer Konstruktionsidee abgeleitet ist, sondern als
freier Zierrat den Linien des Möbels folgt. Bequem
und wohnlich sind diese Zimmer sicher in hohem
Orade.
Osterreich ist das einzige Land, welches ein eigenes
Einzelwohnhaus aufzuweisen hat. Aber diese Villa
des Architekten Baumann steht mit ihrer ziemlich
banalen Einrichtung nicht auf der Höhe dessen, was
in Wien sonst geleistet wird. Anders verhält es sich
mit den Zimmereinrichtungen in dem kleinen Aus-
stellungsgebäude, mit welchem dieses Land sich ausser-
dem neben den Gebäudekomplex gestellt hat, der allen
übrigen Ländern Dach gewährt. Für zwei Speise-
zimmer haben Josef Wytrlich und Jakob Soulek Möbel
hingestellt, welche etwa die Mitte halten zwischen
dem Stil der Holländer und dem Raffinement, welches
die Hoff mann, Holzinger und Leopold Bauer gerade jetzt
in Düsseldorf sehen lassen. Die praktische Verwend-
barkeit spricht mehr für diese beiden Raumausstattungen
in Turin. Ungarn beginnt seinen in mancher Be-
ziehung noch an das Barbarische streifenden Geschmack
zu Gunsten einer ähnlichen Einfachheit umzugestalten.
Seine eigene Note bewahrt dieses Land durch die
Bevorzugung kräftiggegeneinander abstechender Farben-
werte. Dass daran auch das Holz teil hat, kann man
einstweilen einfach konstatieren, selbst wenn man per-
sönlich für kornblumenblaue Beize unter der Politur
des Möbels keine Vorliebe hegt.
Deutschland hat kein eigenes Gebäude aufgerichtet,
aber die günstige Lage der Galerie im Haupt-
ausstellungspalast, welche ihm gesichert wurde, gab
die Möglichkeit, unbekümmert durch Rücksichten
auf die Fassadenwirkung des italienischen Architekten
eine reiche Folge von Räumen mit verschiedenen
Abmessungen herzustellen. Der Leiter der deutschen
Abteilung, H. E. von Berlcpsch, hat sich nicht ge-
scheut, statt der Fenster und Decken, die er vorfand,
andere einsetzen zu lassen, um dadurch die normalen
Bedingungen für jedes besondere Interieur zu schaffen.
Grössere Repräsentationsräume wechseln mit kleinen
KARLSRUHER JUBILÄUM-KUNSTAUSSTELLUNO 1902
SCHRANK AUS DEM ARBEITSZIMMER VON ARCHITEKT HERMANN BILLINO, KARLSRUHE