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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 14.1903

DOI article:
Plehn, Anna L.: Das Kunsthandwerk auf der Ausstellung in Düsseldorf 1902
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4359#0034

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26

DAS KUNSTHANDWERK AUF DER AUSSTELLUNG IN DÜSSELDORF 1902

AUSSTELLUNO
TURIN 1902
PORZELLAN-
SERVICE

VON RICHARD

MÜLLER,

DRESDEN-PLAUEN

(OES. GESCH.)

Kelchen, Monstranzen ganz unscheinbare Ornament-
formen und menschliche Figuren in winzigem Mass-
stab in Relief, Email oder Gravierung in geduldiger
Wiederholung über die Flächen gebreitet. Nicht um
für die Betrachtung aus der Ferne als Einzelheit zu
wirken, sondern um mit reichem Wechsel von Farben
durch vielfaches, rhythmisch wiederholtes Hell und
Dunkel die Flächen zu beleben. Nur dem sich
nähernden Auge geben die Formen sich nach ihrer
Bedeutung zu erkennen, verraten das ruhig thronende
Heiligenbild oder die Darstellung göttlichen Leidens
und Sterbens, und die der Natur abgelauschte Mannig-
faltigkeit von Blatt und Blume. All diese Einzelheiten
reihen sich zu geschlossenen Gruppen zusammen, die
ihrerseits durch farbige Gegensätze oder durch Unter-
schiede der Oberflächenbeschaffenheit voneinander
gesondert werden. Die vorherrschend blaugrünen
Zonen des Grubenschmelzes umgeben die Regionen,
auf denen getriebenes Goldblech oder Filigran die
Dekoration beherrschen. Farbige Steine oder Krystalle

wechseln mit in Metall gepresstem Krabbenornament.
Bei den frühen Beispielen aus dem 10. bis 12. Jahr-
hundert herrschen die einfach primitiven Formen und
die fest daran geschlossenen Zierrate vor. Der Holz-
kern, welcher Goldblechbeschlag erhielt, zeigt sich am
Reliquienbehälter als simpler Kasten und seine Ver-
zierungen wagen sich noch kaum aus der Fläche vor.
Dann beginnt der Schmuck sich zu verlebendigen.
An dem Limoger Email treten die Köpfe der Figuren
in Metall plastisch gearbeitet aus der Fläche. Die
Körper folgen ihnen nach und stellen sich frei vor
die Kastenwand. Dann weicht diese als Nischen-
vertiefung nach hinten zurück, um die Heiligen
aufzunehmen, bis diese endlich ganz über die Grund-
fläche des Gerätes heraustreten und nun besondere
Sockel als Standort erhalten, welche sich, die ursprüng-
liche Rechteckform erweiternd, nach aussen anschliessen.
Aber dennoch verhindert die verhältnismässige Klein-
heit des Massstabes, die Zurückhaltung in der Be-
wegung der Figuren und die reiche Umgebung, welche

AUSSTELLUNG TURIN 1902
PORZELLANE VON RICHARD MÜLLER, DRESDEN-PLAUEN (GES. GESCH.)
 
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