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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 14.1903

DOI Artikel:
Leisching, Julius: Zur Frage der Wanderausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4359#0057

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ZUR FRAGE DER WANDERAUSSTELLUNGEN

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gewerbemuseums, ist längst neben der praktischen
Einflussnahme in zweite Reihe getreten. Mit der Ver-
grösserung des Wirkungskreises sind zugleich aber
die Anforderungen an die Verantwortlichkeit und
Vielseitigkeit eines Leiters in ausserordentlicher Weise
gewachsen. Nichts natürlicher, als dass man in der
Einigkeit die Stärke sucht, wäre es auch nur um die
von Jahr zu Jahr ungebührlich wachsenden, zeitrauben-
den administrativen Arbeiten zu verringern.

Muss dem gegenüber noch ausdrücklich wiederholt
werden, dass jedem Museum nicht bloss seine Selb-
ständigkeit, sondern auch die Pflicht gewahrt bleibt,
örtlichen Bedürfnissen auf eigene Faust gerecht zu
werden? Nichts wäre thörichter als eine Uni-

formierung. Jede derartige Anstalt ist nur lebensfähig,
wenn sie — um ein viel missbrauchtes Wort an-
zuwenden - - wirklich bodenständig ist und ihr Recht
zu leben aus thatsächlich vorhandenen Pflichten ab-
leitet. So vielgestaltig aber diese Organismen auch
sein mögen, so nötig es sein mag, manchenorts gerade
zu bestimmter Zeit zu einem bestimmten Schlage
auszuholen, der andernorts vielleicht ein Schlag ins
Wasser wäre, so bleiben der Berührungs-
punkte doch zu viele, als dass ein ver-
ständnisvolles Zusammenwirken nicht
Erfolg verspräche, ja nachgerade zum
zwingenden Bedürfnis würde.

Zum Beweise dessen sei erwähnt,
dass die vom Verbände österreichischer
Kunstgewerbemuseen bisher veranstalteten
Unternehmungen durchwegs stets von
der Mehrzahl der daran beteiligten An-
stalten verlangt wurden, so dass die ein-
zige Schwierigkeit häufig darin bestand,
allen Wünschen gerecht zu werden. So
wanderte die im Herbst igoo begonnene
Ausstellung von Handzeichnungen und
Aquarellen der Wiener Gesellschaft der
Kunstfreunde durch acht, die der mo-
dernen österreichischen und französischen
Medaillen und Plaketten durch sieben,
die im Herbste 1901 vom k. k. Öster-
reichischen Museum veranstaltete Aus-
stellung der k. k. Fachschulen durch
neun Verbandsmuseen, von denen wei-
tere acht sich an der gleichzeitigen Wan-
derausstellung japanischer Originalfarben-
holzschnitte beteiligt und mit wenigen
Ausnahmen fast alle vierzehn im Ver-
bände stehenden Museen die von diesem
soeben eröffneten drei Ausstellungen
moderner Plakate, alter und neuer Kunst-
stickereien und der »Kunst im Leben des
Kindes« im Laufe des kommenden
Arbeitsjahres zu erhalten wünschen.
Diese Zahlen sprechen gewiss dafür, dass
trotz der vollen Selbständigkeit der An-
stalten, trotz ihrer höchst verschieden-
artigen Ziele und Wirkungskreise damit
doch vielseitig empfundenen Wünschen
Rechnung getragen wird.

Der Verband blieb indessen dabei nicht stehen.
Durch seine jährlich stattfindenden Konferenzen (1900
Wien, 1901 Graz, 1902 Brunn, 1903 Linz) gab er
vor allem auch zu reger persönlicher Aussprache Ge-
legenheit. Die im Vorjahre getroffene Wahl der
monatlich zweimal erscheinenden »Mitteilungen des
Mährischen Gewerbemuseums zur Verbandszeitschrift,
welche seit Jahresfrist regelmässig über die Veranstal-
tungen sämtlicher Verbandsmuseen Bericht zu erstatten
hat, hilft weiters einem wesentlichen Mangel der öffent-
lichen Presse ab, hat es doch bisher in Österreich
gänzlich an einem Blatte gefehlt, aus dem man sich
über die künstlerischen Bestrebungen aller Kronländer
hätte unterrichten können. Ja, man war aus den Fach-
zeitschriften über die rege Thätigkeit in Paris, London,
Holland, Belgien, insbesondere natürlich des benach-
barten Deutschen Reiches besser unterrichtet als über
die nicht minder rührigen, aber stets auf die engen
Mauern einer Stadt beschränkten Unternehmungen des
eigenen Vaterlands.

Diesem unwürdigen Zustand musste einmal ein
Ende gesetzt werden. Auch jenem Übel, welches

AUSSTELLUNO TURIN 1902,

BÜFFET IN XYLECTYPOM AUS DEM SPEISEZIMMER VON

GEORG SCHÜTTLE, STUTTGART, ENTWORFEN VON

H. E. v. BERLEPSCH-VALENDAS, MÜNCHEN
 
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