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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 14.1903

DOI Artikel:
Meyer, Alfred G.: Die Jubiläums-Ausstellung des Vereins für deutsches Kunstgewerbe in Berlin, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4359#0082

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74 DIE JUBILÄUMS-AUSSTELLUNG DES VEREINS FÜR DEUTSCHES KUNSTGEWERBE

STUCK-
ORNAMENTE
VON

BILDHAUER

R. SCHIRM ER

BERLIN

inen Pfirsichrot der unte-
ren Teile, dem Olivgrün
der Kaminfliesen und der
zarten Winterlandschaft
oben vorzüglich durch-
geführt. Zwischen Wand
und Bild ist ein Friesband
eingefügt, in welchem
traubenartige Perlmutter-
einlagen und elektrisch
beleuchtete Kristallovale
spiegelnd glänzen. Der
technischen Vollendung
der Holzarbeit stellt sich
die der Malerei ebenbürtig
zur Seite. Die Art, wie
Karl Kappstein hier die
pompejanische Wand-
malerei wiederbelebt,
scheint sehr zukunftsvoll.
Mustergültig sind auch
die Möbel. Wie vortreff-
lich ist der Eckschrank
eingesetzt! Das zweite
Hauptstück Kimbel's, ein
schlicht und gut detail-
liertes Büffet mit hüb-
schen Tierreliefs, ist die
Variante eines schon
im Gebrauch erprobten
Stückes.

Das Gesamtergebnis für die
Berliner Möbeltischlerei stellt sich
füglich selbst, bei kritischer Muste-
rung hier nicht ungünstig. Ihre
Technik kann nach diesen Proben
jeden Wettbewerb bestehen. Sie
bedenkt nicht nur die Schau-
seiten, sondern gerade die zu-
nächst unsichtbaren Teile. An
diesen Schrankmöbeln einen

Kasten herauszuziehen,
einen Thürgriff zu fassen
oder einen Schlüssel zu
drehen, bereitet meist ein
ähnliches Vergnügen, wie
der »Gang einer Präzi-
sionsmaschine. Schon dies
ist ein wesentlicher Fort-
schritt. Man denke an die
Möbelabteilung der Ber-
liner Gewerbeausstellung
von i8g6! Die Stilistik
der Berliner Möbelfabri-
kation ist sehr vielseitig,
wie es den Ansprüchen
ihres Marktes angemes-
sen ist. Sie hat keinen
scharf ausgeprägten Cha-
rakter, und auch noch
keine ganz zuverlässige
Treffsicherheit. Neben
Vorzüglichem steht Ver-
fehltes. Das sind Zei-
chen eines Übergangs-
prozesses. Aber die Ein-
wirkungen Englands —
insbesondere Ashbee's
und der Arts and Crafts-
Vereinigungen — sowie in
fühlbarer Weise die Wiens,
dann auch der zeitweilige
Eingriff so markanter
Persönlichkeiten wie van
de Velde und Eckmann, macht
sich meist im guten Sinne bemerk-
bar. Und marktschreierische
Ware ist nicht mehr repräsentations-
fähig. Bezeichnend dafür wird
die Vorliebe für den decenten Reiz
des Perlmutters. Auch in Berlin
darf man jetzt, um verstanden zu
werden, künstlerisch »leiser« spre-
chen. (Schluss folgt.)
 
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