KLEINE MITTEILUNGEN
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BUCHSCHMUCK
VON ARCH.
M. A. NICOLAI,
DRESDEN
die wir in Heft 5, 1903, Seite 104 des Kunstgewerbe-
Blattes brachten. Der Fabrikant dieser Webstühle
sendet nun folgende Antwort darauf ein, mit der
wir die Vor- und Nachteile des neuen Webstuhls von
allen Seiten für genügend erläutert betrachten können.
Diese Bemerkungen resp. Entgegnung lautet wie folgt:
Am Hautelisse-Webstuhl laufen die Kettenfäden
frei abwärts, und die Fäden gerader Zahl sind von
denen ungerader Zahl durch ein dazwischen ge-
schobenes Lineal getrennt und müssen die Kettenfäden,
hinter welchen ein Musterfaden eingebracht werden
soll, unmittelbar, mit den Fingern von den übrigen
getrennt, bezw. die hinten liegenden zwischen den
vorderen hindurch geholt werden. — Am Webpult
laufen alle Kettenfäden nebeneinander von hinten nach
vorn auf einer Pultfläche entlang, und können die
Fäden gerader oder ungerader Zahl, hinter welchen
ein Musterfaden eingebracht werden soll, durch Ziehen
an einer Handschnur, welche quer über den Ketten-
faden fortläuft, gehoben und wieder gesenkt werden.
Ein langsamer Zug an der Schnur nach rechts hebt
und senkt ebenso schnell die Kettenfäden gerader
Zahl und umgekehrt die ungerader Zahl. Das Ein-
bringen der Musterfäden geschieht mittels langer Nadeln.
Während die Zeichnung am Hautelisse-Webstuhle
lose hinter oder neben den Kettenfäden hängt, so dass
es sehr zeitraubend, mühevoll und umständlich ist,
danach arbeiten zu können, liegt die Zeichnung für
das Webpult unmittelbar unter den Kettenfäden fest
auf der Pultplatte, so dass man ohne weiteres sicher
ablesen kann, von welchem bis zu welchem Ketten-
faden ein Musterfaden eingebracht werden muss.
Aus vorstehendem erhellt wohl, dass von zwei
gleich gut geübten Arbeiterinnen unter sonst gleichen
Umständen diejenige am Webpult bedeutend mehr
leisten wird, als jene am Hautelisse-Webstuhle. Ob
dabei eine »vierfach erhöhte Beschleunigung des
Webens« möglich ist, will ich nicht behaupten, doch
wäre dies nicht ausgeschlossen.
Was die Musterzeichnung angeht, so ist es ganz
gleich, ob dieselbe für einen Hautelisse-Webstuhl oder
für ein Webpult gefertigt und angewendet wird. Auch
am Webpult kann nach einer Handskizze und nach
lebenden Blumen gearbeitet werden. Eine »sklavische
Nacharbeit«, eine »geisttötende Übertragungsarbeit«
ist ebenso wenig am Webpult, wie am Hautelisse-
Webstuhl nötig. Soll aber einmal eine genaue Kopie
eines Eckmann u. s. w. gefertigt werden oder will jemand
selbstschöpferisch arbeiten, so würde das Webpult
unbedingt vorzuziehen sein, denn das Arbeiten am
Webpult ist physisch jedenfalls bei weitem leichter
und ist daher mehr dazu angethan, geistig und künst-
lerisch zu schaffen als der Hautelisse-Webstuhl. Handelt
es sich aber um die Thätigkeit von Arbeiterinnen,
bezw. um den Erwerb, so ist das Webpult mit seinen
Verbesserungen dem Hautelisse-Webstuhl weit über-
legen.
Ganz unklar ist mir, dass der Pultform ein Vor-
wurf gemacht wird. Die Verbesserungen des Web-
pults können sofort, ohne jede Änderung auch bei
senkrecht laufenden Kettenfäden bezw. bei einer senk-
rechten Fläche angewendet werden; ja man könnte
ein Webpult ohne jede Störung so nach vorn neigen,
dass dessen Pultfläche vertikal steht. Meines Erachtens
ist aber die geneigte Fläche eines Pultes so ganz
besonders bequem und richtig für vorliegende Arbeiten,
wie keine andere. Sie gewährt eine durchaus normale
Körperstellung, eine richtige Draufsicht auf die Arbeit
und auf die Zeichnung und eine Unterstützung für
die Arme. Alles dies sind unbedingte Vorteile des
Webpults gegenüber dem Hautelisse-Webstuhle.
Ein grosser Vorteil des Webpults liegt auch darin,
dass bei ihm die Kettenfäden für ihre Ruhe neben-
einander liegen, und dass sie sich demnach nicht bei
jeder Horizontalbewegung des Kopfes für das Auge,
wie bei dem Hautelisse-Webstuhle, gegeneinander
verschieben. Es ist dies ein sehr grosser Nachteil
des Hautelisse-Webstuhles gegenüber dem Webpult,
weil dadurch die Augen ausserordentlich angegriffen
werden. Aus diesem Grunde ist das Arbeiten an dem
Hautelisse-Webstuhle so sehr erschwert, dass häufig
Personen deshalb die Thätigkeit am Hautelisse-Web-
stuhle aufgeben müssen oder doch nie angestrengt,
wie sonst, arbeiten können oder dürfen. Hiergegen
ist mir versichert worden, dass das Arbeiten an dem
Webpult in dieser Richtung ganz ohne merkliche
Anstrengung ist, ja dass man schliesslich die Ketten-
fäden gar nicht mehr bemerkt. f-. Witte.
ZU UNSERN BILDERN
Wir bringen in diesem Hefte eine Reihe von
Abbildungen von Pauken, Paukenfahnen u. s. w.,
welche als Repräsentanten der militärischen Prunk-
stücke gelten können, wie solche als Aufträge für das
Kriegsministerium in Berlin, Dresden, Stuttgart meist
auf direkte Veranlassung des Kaisers in den letzten
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BUCHSCHMUCK
VON ARCH.
M. A. NICOLAI,
DRESDEN
die wir in Heft 5, 1903, Seite 104 des Kunstgewerbe-
Blattes brachten. Der Fabrikant dieser Webstühle
sendet nun folgende Antwort darauf ein, mit der
wir die Vor- und Nachteile des neuen Webstuhls von
allen Seiten für genügend erläutert betrachten können.
Diese Bemerkungen resp. Entgegnung lautet wie folgt:
Am Hautelisse-Webstuhl laufen die Kettenfäden
frei abwärts, und die Fäden gerader Zahl sind von
denen ungerader Zahl durch ein dazwischen ge-
schobenes Lineal getrennt und müssen die Kettenfäden,
hinter welchen ein Musterfaden eingebracht werden
soll, unmittelbar, mit den Fingern von den übrigen
getrennt, bezw. die hinten liegenden zwischen den
vorderen hindurch geholt werden. — Am Webpult
laufen alle Kettenfäden nebeneinander von hinten nach
vorn auf einer Pultfläche entlang, und können die
Fäden gerader oder ungerader Zahl, hinter welchen
ein Musterfaden eingebracht werden soll, durch Ziehen
an einer Handschnur, welche quer über den Ketten-
faden fortläuft, gehoben und wieder gesenkt werden.
Ein langsamer Zug an der Schnur nach rechts hebt
und senkt ebenso schnell die Kettenfäden gerader
Zahl und umgekehrt die ungerader Zahl. Das Ein-
bringen der Musterfäden geschieht mittels langer Nadeln.
Während die Zeichnung am Hautelisse-Webstuhle
lose hinter oder neben den Kettenfäden hängt, so dass
es sehr zeitraubend, mühevoll und umständlich ist,
danach arbeiten zu können, liegt die Zeichnung für
das Webpult unmittelbar unter den Kettenfäden fest
auf der Pultplatte, so dass man ohne weiteres sicher
ablesen kann, von welchem bis zu welchem Ketten-
faden ein Musterfaden eingebracht werden muss.
Aus vorstehendem erhellt wohl, dass von zwei
gleich gut geübten Arbeiterinnen unter sonst gleichen
Umständen diejenige am Webpult bedeutend mehr
leisten wird, als jene am Hautelisse-Webstuhle. Ob
dabei eine »vierfach erhöhte Beschleunigung des
Webens« möglich ist, will ich nicht behaupten, doch
wäre dies nicht ausgeschlossen.
Was die Musterzeichnung angeht, so ist es ganz
gleich, ob dieselbe für einen Hautelisse-Webstuhl oder
für ein Webpult gefertigt und angewendet wird. Auch
am Webpult kann nach einer Handskizze und nach
lebenden Blumen gearbeitet werden. Eine »sklavische
Nacharbeit«, eine »geisttötende Übertragungsarbeit«
ist ebenso wenig am Webpult, wie am Hautelisse-
Webstuhl nötig. Soll aber einmal eine genaue Kopie
eines Eckmann u. s. w. gefertigt werden oder will jemand
selbstschöpferisch arbeiten, so würde das Webpult
unbedingt vorzuziehen sein, denn das Arbeiten am
Webpult ist physisch jedenfalls bei weitem leichter
und ist daher mehr dazu angethan, geistig und künst-
lerisch zu schaffen als der Hautelisse-Webstuhl. Handelt
es sich aber um die Thätigkeit von Arbeiterinnen,
bezw. um den Erwerb, so ist das Webpult mit seinen
Verbesserungen dem Hautelisse-Webstuhl weit über-
legen.
Ganz unklar ist mir, dass der Pultform ein Vor-
wurf gemacht wird. Die Verbesserungen des Web-
pults können sofort, ohne jede Änderung auch bei
senkrecht laufenden Kettenfäden bezw. bei einer senk-
rechten Fläche angewendet werden; ja man könnte
ein Webpult ohne jede Störung so nach vorn neigen,
dass dessen Pultfläche vertikal steht. Meines Erachtens
ist aber die geneigte Fläche eines Pultes so ganz
besonders bequem und richtig für vorliegende Arbeiten,
wie keine andere. Sie gewährt eine durchaus normale
Körperstellung, eine richtige Draufsicht auf die Arbeit
und auf die Zeichnung und eine Unterstützung für
die Arme. Alles dies sind unbedingte Vorteile des
Webpults gegenüber dem Hautelisse-Webstuhle.
Ein grosser Vorteil des Webpults liegt auch darin,
dass bei ihm die Kettenfäden für ihre Ruhe neben-
einander liegen, und dass sie sich demnach nicht bei
jeder Horizontalbewegung des Kopfes für das Auge,
wie bei dem Hautelisse-Webstuhle, gegeneinander
verschieben. Es ist dies ein sehr grosser Nachteil
des Hautelisse-Webstuhles gegenüber dem Webpult,
weil dadurch die Augen ausserordentlich angegriffen
werden. Aus diesem Grunde ist das Arbeiten an dem
Hautelisse-Webstuhle so sehr erschwert, dass häufig
Personen deshalb die Thätigkeit am Hautelisse-Web-
stuhle aufgeben müssen oder doch nie angestrengt,
wie sonst, arbeiten können oder dürfen. Hiergegen
ist mir versichert worden, dass das Arbeiten an dem
Webpult in dieser Richtung ganz ohne merkliche
Anstrengung ist, ja dass man schliesslich die Ketten-
fäden gar nicht mehr bemerkt. f-. Witte.
ZU UNSERN BILDERN
Wir bringen in diesem Hefte eine Reihe von
Abbildungen von Pauken, Paukenfahnen u. s. w.,
welche als Repräsentanten der militärischen Prunk-
stücke gelten können, wie solche als Aufträge für das
Kriegsministerium in Berlin, Dresden, Stuttgart meist
auf direkte Veranlassung des Kaisers in den letzten
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