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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 14.1903

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Kleinpaul, Johannes: Die Dresdner Ausstellungen 1903: Deutsche Städte-Ausstellung. Sächsische Kunst-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4359#0232

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DIE DRESDNER AUSSTELLUNGEN 1903

221

sterblichen wieder zu
den Lebenden!

Da darf denn
doch nicht verschwie-
gen werden, dass
leider gerade von den
geschätztesten sächsi-
schen Künstlern eine
ganze Anzahl fehlen,
die die Kenner der
sächsischen Kunst und
Künstlerschaft gleich
auf ihrem ersten Rund-
gange schmerzlich
vermissen.

Da sind mit den
Münchnern unser
brillantester Tiermaler
Schramm-Zittau, der
Zügelschüler, der Im-
pressionist Pietzsch
und die allbekannten
Fliegenden Blätter-
Zeichner Schlittgen
und Rene Reinecke
ausgeblieben. Wei-
terhin von Malern
und Graphikern alle
drei grössten: Klinger, Greiner und Otto Fischer,
von Dresdnern gar das aparte Künstlerehepaar Mediz-
Pelikan und unser junger Künstlerbund »Elbier«, der
gerade im letzten Jahre erst bei seinem ersten Hervor-
treten hier und anderwärts Aufsehen erregte. Im
ganzen sind etwa 150 Maler mit 180 Bildern und
91 graphischen Arbeiten vertreten. Es ist aber wie-
derum nicht uninteressant, wie diese sich ihrer Her-
kunft nach zusammensetzen. Einschliesslich der vierzig
fehlenden Münchner Sachsen darf man annehmen,
dass von den insgesamt 200 zur Ausstellung berech-
tigten Malern gerade 100 ausserhalb Sachsens ihren
Wohnsitz haben, darunter viele von den hervor-
ragendsten, während von denen, die ausstellten, 30
der besten in Sachsen nur eine zweite Heimat ge-
funden haben, aber anderswoher stammen. Ein eigen-
artiges Mischverhältnis.

Die Hauptsehenswürdigkeit der Malereiabteilung
sind also die Bilder von Uhde, die ihn gleicher-
massen trefflich als Freilicht-, Genre-, religiösen und
Porträtmaler charakterisieren, ein pompöser satyrischer
»Krönungszug« (dreiteilig) von Strathmann, und zwei
Bilder von Heine: ein von Pegasus abgeworfener
»Dichterling«, den die Musen verhöhnen, und eine
etwas wunderliche Satire des »Kampfes mit dem
Drachen«: Siegfried in der Narrenkutte küsst die
Hand, die sie ihm über einen zur Strecke gebrachten
Feuersalamander hinweg entgegenstreckt, der Dame
Brünhilde.

Weitere Hauptwerke sind drei dekorative Wand-
und Tafelbilder von Kurt Stoeving, der auch noch
kunstgewerbliche Arbeiten und zwei Plastiken, eine
Nietzschebüste und -piakette, sandte, sowie von Poin-

Kunstgewerhcblatt. N. F. XIV. H. II.

tillisten, als den Fortgeschrittensten, reizvolle Kollek-
tionen von B. Schrader, Stremel und Paul Baum.
Ferner symbolistische Werke von F. Rensch, Sascha
Schneider — eine Heerschar von Fanatikern, aus-
ziehend »zum Kampfe« — und unseren Dresdnern
Unger und Georg Lührig. Weiter sieht man von
Walter Witting, Paula v. Blankenburg, Mogk, Zwint-
scher, Kiessling, Pohle ausgezeichnete Porträts, dann
teils virtuose, teils mehr stimmungsvolle Landschaften
von Gotthard Kuehl, C. Heyn, E. Bracht, Ch. Palmie,
Pietzschmann, Ulmer, Leonhardi, Heinke, die, mit
oder ohne Staffage, am ehesten etwas wie eine »Hei-
matskunst« bekunden, sowie Marinen von Fischer-
Gurig und Krause-Wichmann.

Das neuzeitliche moderne Kunstgewerbe Sachsens
ist auf dieser Ausstellung infolge von Raummangel
gewissermassen nur andeutungsweise vertreten. Die
einzelnen Künstler und Firmen markieren ihre Tech-
niken nur durch einige wenige Stücke, die zwar alle
wieder den von uns schon oft gekennzeichneten
Hochstand erkennen lassen, aber zu weiteren Be-
merkungen keinen Anlass geben. Höchstens ist zu
beobachten, dass sich neuerdings noch eine ganze
Anzahl weiterer Künstler kunstgewerblichen Bestre-
bungen zugewandt haben. So sehen wir neben den
Arbeiten schon bekannter sächsischer Kunstgewerben
Goldschmiedekunstwerke von Arthur Berger nach
Entwürfen von Gertrud und Erich Kleinhempel, Otto
Gussmann, Karl Gross, Margarethe Junge, J. V. Cissarz,
Schumacher; Messingwandleuchtern der Firma K. M.
Seifert & Co., Stickereien von Armgard Angermann,
Teppichen der Wurzner Teppichfabrik, Glasfenstern
der Gebrüder Liebert und anderen, auch einen aparten
Wandteppich
von F. Rensch,
Schreibtischge-
rite von W. Wit-
ting, Tafelgeräte
und Schmuck

von Hans
Unger.

Ein Novum im Rah-
men einer sächsischen
Kunstausstellung ist ein
kleiner Saal, den unsere
namhaftesten Architekten
mit Entwürfen, Studien-
blättern oderschönen Ab-
bildungen von ihnen auf-
geführter Bauten gefüllt

BONBONNIERE UND
NUSSKNACKER, ENTW.

UND BEMALT VON
FRITZ KLEINHEMPEL,
AUSOEF. VON
THEOPHIL MÜLLER,
WERKSTÄTTEN FÜR
DEUTSCHEN HAUS-
RAT, DRESDEN
(OES. OESCH.)


 
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