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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 14.1903

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Brinckmann, Justus: Allerlei von Fälschungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4359#0241

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ALLERLEI VON FÄLSCHUNGEN

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VORDER- UND RÜCKSEITE EINES GEFÄLSCHTEN SIENESER BUCHDECKELS IM STIL DES 15. JAHRHUNDERTS

Aquamanile das Vorbild abgegeben haue. Mittelalter-
liche Aquamanilen, Wasserkannen in Gestalt von Löwen,
Hähnen, Greifen, Rittern, waren schon lange ein be-
liebter Gegenstand der Fälscherkunst gewesen. Ein
holländischer Händler hatte z. B. ein von ihm in
Mecklenburg erworbenes Aquamanile, ähnlich dem-
jenigen, das eine Zierde des Hamburgischen Museums,
hier in Hamburg mehrfach nachgiessen lassen, ehe das Ur-
bild in der Sammlung eines Kölner Herrn zur Ruhe kam.
Auch ein hiesiger Sammler wurde mit einem solchen
Aquamanile betrogen und wieder war Petrj die Quelle,
aus der die Zwischenhand schöpfte. Aber auch diese
Fälschungen gehen nicht mehr. Bei der Versteigerung
einer Bremer Sammlung in Berlin wurde kürzlich ein
eingeschobenes Stück gleicher Art nur bis auf 500 Mark
getrieben, wahrscheinlich ohne einen Käufer dafür zu
finden.

Fälschungen wie die vorerwähnten versprechen
ihren Unternehmern und Vertreibern kein dauerndes
Geschäft. Sie werden, dank dem Zusammenhang,
in dem heute die meisten Museen miteinander stehen,
bald erkannt und verpönt. Es gilt also »Unica« zu
schaffen, Stücke für bestimmte, wenn möglich gleich
von vornherein ins Auge gefasste Abnehmer zu er-
finden. Hierfür bieten sich am leichtesten Gegen-

Kunstgewerbeblait. N. F. XIV. H. 12.

stände dar, die durch Wappen oder Inschriften orts-
geschichtliches oder persönliches Interesse bieten, die
man daher kleinen arglosen Ortsmuseen oder Leuten
aufhängen kann, die weder Kenner noch eigentliche
Sammler sind, aber ihre Familienerinnerungen pflegen.
Als hierfür brauchbar erwiesen sich unter anderem
getriebene Messingsachen, z. B. Wandleuchter, deren
grosse Messingblaker Flächen boten, die jedem Wappen
geduldig Stand hielten. Man konnte ein und das-
selbe Modell für die verschiedensten Wappen benutzen.
Einem norddeutschen Gewerbemuseum wurden Wand-
leuchter mit dem Schleswig-Holstein-Gottorpischen
Wappen und dem bischöflich Lübeck'schen Wappen
als Herzschild verkauft und einem anderen nord-
elbischen Museum ähnliche Stücke mit dem Kieler
Stadtwappen. Auch diese Altertümer brachte ein
Herr J. Petrj herbei, der aber dieses Mal aus Minden
kommen wollte. Wie er dieses Geschäft auch aus
der Ferne betreibt, zeigt ein mir vorliegender Brief
Petrj's vom Februar 1902 an einen Freiherrn in öster-
reichischen Landen. Der Brief lautet: »Euer Hochge-
borener Herr Baron und gnädigster Herr gestatten, dass
ich Euer (u.s. w. wie vorher) die Mitteilung mache, dass
ich 12 Stück antike Wandleuchter mit dero Wappen
der hohen Familie Freiherrn (folgt der Familien-

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