Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 19.1908

DOI Artikel:
Kunstgewerbliche Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4882#0128

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
120

KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

1909 veranstaltet werden. Die Ausstellung, die unter dem
Schutze des Königs steht und deren Ehrenpräsident Prinz
Eugen ist, genießt einen Staatszuschuß von 112000 M.
und seitens der Stadt Stockholm eine Unterstützung von
56 000 M., wozu noch ein durch Subskription gesammelter
Oarantiefonds von 560 000 M. tritt. Die Ausstellung wird
auf dem für seine Naturschönheit bekannten Djurgarden
(Tiergarten) unmittelbar bei Stockholm errichtet werden.
Die Bauten werden nach den Plänen des Architekten
Ferdinand Boberg ausgeführt werden. Als Kommissare
fungieren Hofintendant Karl Benedix und der Schriftführer
des Vereins für Schwedisches Gewerbe und Kunstgewerbe
F. O. Folcker.

Wien. Der »Klub der Industriellen für Wohnungs-
einrichtung« in Wien veranstaltet anläßlich des 60 jährigen
Regierungsjubiläums des Kaisers eine Ausstellung für die
gesamte Wohnungseinrichtung während der Monate Sep-
tember und Oktober 1908 in den Sälen der k. k. Garten-
baugesellschaft Wien I, Parkring 12. — Der Ausschuß hat
beschlossen, zur Erlangung von entsprechenden Entwürfen
zu dieser Ausstellung eine Wettbewerbsausschreibung zu
veranstalten, an der sich in Wien ansässige Künstler, Stu-
dierende, sowie Kunstgewerbetreibende beteiligen können.
Drei Preise: 300 Kr., 200 Kr. und 100 Kr. Grundpläne im
Maßstabe von 1:10 sind in der Klubkanzlei V. Bez., Brand-
mayergasse 4, 3. Stock, Tür 14 zu haben.

Wiesbaden. Der Finanzausschuß der Ausstellung für
Handwerk und Gewerbe, Kunst und Gartenbau zu Wies-
baden 1909 teilte mit, daß zum Garantiefonds schon über
100000 M. gezeichnet worden sind.

VORTRÄGE

Im »Akademischen Verein für bildende Kunst« in
München sprach E. H. von Berlepsch über die Gartenstadt
in England. Aus eigener Anschauung heraus schilderte
er die traurigen Wohnungsverhältnisse in den engen Lon-
doner Arbeitervierteln und hob im Gegensatz hierzu die
Vorzüge der Gartenstädte Letchworth, Bournville, Port
Sunlight, RichmondundHampstead hervor. Sein statistisches
Material war schlagend und betraf die Mietpreise, Kosten
des Baugrundes, Sterbefälle in der Großstadt. Berlepsch
gedachte auch der aufblühenden Gartenstadt Hellerau bei
Dresden. — Prof. E. Petersen, der Direktor der Zeichen-
akademie zu Hanau, ließ im Verein für deutsches Kunst-
gewerbe in Berlin seine Zuhörer »einen Einblick tun in
die geistige Werkstatt eines modernen Künstlers«, der mit
dem Handwerk in innigster Berührung ist. Er kam aus-
führlicher auf das Berliner Landgericht III zu sprechen,
dessen Gesamteindruck innen und außen öde sei. Alle
interessanten Einzelheiten könnten daran nichts ändern.
Statt der Monumentalität herrsche Öde, die noch dazu be-
absichtigt sei. Gesuchte und gekünstelte Einfachheit sei
noch keine Größe, Vernünftelei keine Vernunft. Die holde
Unregelmäßigkeit früherer Zeiten habe sich daraus ergeben,
daß man dem einzelnen Arbeiter innerhalb seines Bereiches
Freiheit in der Gestaltung gewährte. Hier sei sie durch
den leitenden Künstler »angeordnet«. Das sei nicht Kunst,
sondern Künstelei. Das Zeigen der Konstruktion dürfe
auch niemals auf Kosten der Schönheit geschehen. Weder
dürfe der Schmuck sich vordrängen, noch dürfe die bloße
Werkform sich zeigen, wenn sie nicht selbst schön sei. —
Die Barocke und ihre Gegenströmungen behandelte Professor
Dr. Moritz Dreger-Wien im Staedelschen Museumsverein.
Die Barocke sei die Kunst der Sehnsucht und der Lebens-

ergänzung. Jede große Kulturbewegung habe in gewissem
Sinne ihre Barocke und Rokoko besessen, zum Beispiel
Spätgriechenland, Rom, die Spätgotik, ja sogar in China
und Japan könne man solche Strömungen nachweisen. Im
katholischen Italien sei die Barocke zur Zeit der religiösen
Konzentration geboren worden. Nach dem Zusammen-
bruch der Renaissance sei aus dem Gefühl der Ermattung
heraus ein Traum der Kraft und religiösen Innerlichkeit
entstanden. Im protestantischen Deutschland habe sich die
Renaissance länger gehalten und sei erst durch den Pietis-
mus geschwächt worden. Mit dem Kampf und Sieg der
Phantasie über den Verstand sei die Barocke immer asym-
metrischer geworden und sei schließlich als Witz im Rokoko
geendet. Auf diese Zeit der heiteren Tändelei folgte die
Ernüchterung im Aufklärungszeitalter, das den Biedermeier-
stil gebar. — Mit den Worten: »Im Anfang war der
Rhythmus* leitete Dr. ing. Hermann Muthesius im »Verein
für Kunst« einen Vortrag ein, der ein glänzender Beweis
von Mäßigung war und dem so viel Angegriffenen vielleicht
manchen Feind bekehrt hat. In der langen Reihe der histo-
rischen Entwickelung deckte Muthesius die Zusammen-
hänge und sozialen Unterströmungen in einer Weise
auf, die seinen Vortrag zu einem Genüsse machte. In
unserer Zeit sei der Rhythmus wieder in seine Rechte
eingetreten und man habe erkannt, daß der Raumgedanke
tiefer liege als die plastische Ausgestaltung der Fassaden.
Die jüngere Generation habe die liebevolle Pflege und
Ausnützung von Sonne, Garten und Hygiene schon in sich
als Teil ihrer Empfindung, die im Beginn unserer nationalen
Hausbaukunst ihren Ausdruck finde.

LITERATUR

Ad. Beuhne, Lehrbuch der Perspektive. Heft I, Text;
144 Seiten Lexikon-Oktav. Dazu passend Heft II, Auf-
gaben-Sammlung mit 22 Konstruktionsblättern. Leipzig,
Degener. Preis 6,50 Mk.
Wer sich mit Perspektive befaßt hat, wird sich in
dieses Buch mit Vergnügen hineinlesen. Es bringt zwar
in bezug auf Lehrsätze und Regeln kaum etwas Neues;
sein Wert ist also anderweitig begründet. Zunächst ist zu
bemerken, daß das Werk sich einem Spezialgebiet anpaßt,
seine Beispiele der modernen Raum- und Mobiliarkunst
entnimmt und demnach als zeitgemäß zu bezeichnen ist.
Ein weiterer Vorzug ist dann, daß der Verfasser mit Um-
gehung theoretischer Beweise und Begründungen rein
praktisch auf das Ziel lossteuert. Er schildert kurz die
verschiedenen üblichen Methoden, kennzeichnet die Vor-
und Nachteile derselben und zeigt, für welche Zwecke die
eine, die andere oder Verbindungen derselben angezeigt
erscheinen. Alles übrige wird dann besprochen, wenn
die Beispiele Gelegenheit hierzu bieten. Dabei ist das,
was in erster Linie wichtig ist, in kurze Leitsätze gefaßt,
die im Druck fett hervorgehoben sind, wodurch das Buch
übersichtlich wird. Originell ist die Aufgabensammlung
insofern, als jedem Aufgabenbogen ein Gegenbogen aus
durchscheinendem Papier entspricht, der die Richtigkeit
der versuchten Lösungen kontrollieren läßt. Der Verfasser
drückt sich im Text sachlich und treffend aus und zu-
treffend ist es auch, wenn er im Vorwort sagt: »Ich glaube
durch vieljährige praktische und lehramtliche Ausübung
der Linearperspektive imstande zu sein, dem angehenden
Möbelzeichner ein Buch zu bieten, das ihm in den vieler-
lei Fragen der geschickten Darstellung seiner Entwürfe ein
treuer Ratgeber sein wird.« f. s. m.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. o. m. b. h. Leipzig
 
Annotationen