produktion auf dem rechten Wege bin. Bor eincm Mcnschcnalter müre ein
solches Werk anders als von einem sehr grotzen Talent noch nicht möglich
gewesen.
Der historische Roman unterliegt dem Zeitgeist, den allgemeinen Kultur-
einflüssen seiner Natur nach weniger. Aber auch cr ist, wie das z. B. der
„Pater MaternuS" von Adolf Hausrath (Georg Taylor) zeigt (Lcipzig, S.
Hirzel), weiter gekommen. Hausrath war unter den archäologischen Poeten
wohl immer der schlichteste und gesundeste; nun hat er sich an eine wahrhaft
bedeutende Aufgabe, nämlich die, Luthers Aufenthalt in Rom und seine Wirkung
an einer Parallelgestalt darzustellen, herangemacht und sie im Ganzen sehr
tüchtig gelöst. Ein geniales Produkt ist der Noman nicht (ich könnte mir wohl
denken, dast die Aufgabe ein Genic reizte), aber cr ist ebensowenig ein hohlcs
Scheinprodukt, wie so manches Werk der archüologischen Periode, vielmehr
wahr empfunden, ehrlich gearbcitet. Also auch hier eine Hebung des Niveaus!
— Jn die Zeit der Befreiungskriege führt Bernhardine Schulze-Smidts
Familiengeschichte »Aus eiserner Zeit" (Velhagen L Klasing). Jhr liegen ohne
Zweifel Familienbriefe und -Erinnerungen zu Grunde, und so ist dcr Geist der
Zeit und auch das ostpreußische Milieu, in das rvir versetzt werden, zunüchst
sehr treu zur Erscheinung gckommen. Doch auch die Charaktere werden lebendig,
nnd so wage ich das Werk zwar nicht mit Fontanes „Vor dem Sturm", das
fcincr, vielseitiger, bestimmter ist, wohl aber mit den besten Erzählungen Ed-
mund Höfers, die sich in dcrselbcn Zeit abspiclen, zu vergleichen. Natürlich
sieht das Werk der modernen Verfasserin sehr viel modcrner aus als die nun
halbverschollenen Erzählungen Höfers, aber es hat von ihrem Geiste.
Zum Schluß scien dann noch cinige gute Novellensammlungen erwähnt.
Adolf Pichlers „Allerlei Geschichten aus Tirol" (Leipzig, G. H. Meyer) gc-
hören ja freilich einer viel früheren Zeit an und sind — sie liegen jetzt in
drittcr Auflage vor — nur zu neuem Leben crweckt wordcn, auch gehen sie
übcr den Durchschnitt hinaus und müssen als Erzeugnisse ciner sehr bestimmt
geprägten Persönlichkeit gelten. Aber sie passen doch auch wicdcr rccht gut in
unsere Zeit, die die Freude am besonderem Volkstum wicdsr gewonnen, die
Darstcllung des Heroorwachsens der Menschcn und Schicksale aus dem Heimat-
boden und ganz bestimmt gegcbencn Verhältnissen gelcrnt hat. — Wenigstens
glücklich lokalisiert sind auch die „Grazer Nooellen" von Wilhelm Fischer
(ders. Verlags, die im übrigen noch unter dem Einflusse Heyses stehen. Dvch
sind cs feine, von großem Können zcugende Arbeiten. — Schr viel Frcude be-
reitet haben mir wieder zwei Weimar-Jenaer Geschichten von Helene Bühlau
„Vcrspielte Leutc" (Engelhorn, Stuttgart). Sie vermag die intimste kultur-
historische Stimmung dcr guten alten Zeit wachzurufcn und zugleich ihr Klein-
leben durch Hcrzensgewalt in die Region ivahrer Dichtung emporzuheben.
Wo sie moderne Stoffe behandclt, unterliegt sie freilich lcicht der Gefahr, ihre
Krast an Sackgassen-Probleme wegzuwerfen und für angebliche Bestandteile
der sogenannten moderncn Weltanschauung ein Pathos zu entwickeln, das sie
schwerlich verdienen. Adolf Bartels.
Aunüwari
solches Werk anders als von einem sehr grotzen Talent noch nicht möglich
gewesen.
Der historische Roman unterliegt dem Zeitgeist, den allgemeinen Kultur-
einflüssen seiner Natur nach weniger. Aber auch cr ist, wie das z. B. der
„Pater MaternuS" von Adolf Hausrath (Georg Taylor) zeigt (Lcipzig, S.
Hirzel), weiter gekommen. Hausrath war unter den archäologischen Poeten
wohl immer der schlichteste und gesundeste; nun hat er sich an eine wahrhaft
bedeutende Aufgabe, nämlich die, Luthers Aufenthalt in Rom und seine Wirkung
an einer Parallelgestalt darzustellen, herangemacht und sie im Ganzen sehr
tüchtig gelöst. Ein geniales Produkt ist der Noman nicht (ich könnte mir wohl
denken, dast die Aufgabe ein Genic reizte), aber cr ist ebensowenig ein hohlcs
Scheinprodukt, wie so manches Werk der archüologischen Periode, vielmehr
wahr empfunden, ehrlich gearbcitet. Also auch hier eine Hebung des Niveaus!
— Jn die Zeit der Befreiungskriege führt Bernhardine Schulze-Smidts
Familiengeschichte »Aus eiserner Zeit" (Velhagen L Klasing). Jhr liegen ohne
Zweifel Familienbriefe und -Erinnerungen zu Grunde, und so ist dcr Geist der
Zeit und auch das ostpreußische Milieu, in das rvir versetzt werden, zunüchst
sehr treu zur Erscheinung gckommen. Doch auch die Charaktere werden lebendig,
nnd so wage ich das Werk zwar nicht mit Fontanes „Vor dem Sturm", das
fcincr, vielseitiger, bestimmter ist, wohl aber mit den besten Erzählungen Ed-
mund Höfers, die sich in dcrselbcn Zeit abspiclen, zu vergleichen. Natürlich
sieht das Werk der modernen Verfasserin sehr viel modcrner aus als die nun
halbverschollenen Erzählungen Höfers, aber es hat von ihrem Geiste.
Zum Schluß scien dann noch cinige gute Novellensammlungen erwähnt.
Adolf Pichlers „Allerlei Geschichten aus Tirol" (Leipzig, G. H. Meyer) gc-
hören ja freilich einer viel früheren Zeit an und sind — sie liegen jetzt in
drittcr Auflage vor — nur zu neuem Leben crweckt wordcn, auch gehen sie
übcr den Durchschnitt hinaus und müssen als Erzeugnisse ciner sehr bestimmt
geprägten Persönlichkeit gelten. Aber sie passen doch auch wicdcr rccht gut in
unsere Zeit, die die Freude am besonderem Volkstum wicdsr gewonnen, die
Darstcllung des Heroorwachsens der Menschcn und Schicksale aus dem Heimat-
boden und ganz bestimmt gegcbencn Verhältnissen gelcrnt hat. — Wenigstens
glücklich lokalisiert sind auch die „Grazer Nooellen" von Wilhelm Fischer
(ders. Verlags, die im übrigen noch unter dem Einflusse Heyses stehen. Dvch
sind cs feine, von großem Können zcugende Arbeiten. — Schr viel Frcude be-
reitet haben mir wieder zwei Weimar-Jenaer Geschichten von Helene Bühlau
„Vcrspielte Leutc" (Engelhorn, Stuttgart). Sie vermag die intimste kultur-
historische Stimmung dcr guten alten Zeit wachzurufcn und zugleich ihr Klein-
leben durch Hcrzensgewalt in die Region ivahrer Dichtung emporzuheben.
Wo sie moderne Stoffe behandclt, unterliegt sie freilich lcicht der Gefahr, ihre
Krast an Sackgassen-Probleme wegzuwerfen und für angebliche Bestandteile
der sogenannten moderncn Weltanschauung ein Pathos zu entwickeln, das sie
schwerlich verdienen. Adolf Bartels.
Aunüwari