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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 12,2.1899

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Heft 17 (1. Juniheft 1899)
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Bartels, Adolf: Von der jüngsten deutschen Literatur, [2]
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Bischoff, Arnold: "Ein Heldenleben" von Richard Strauss, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7958#0152

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(von innen heraus, nicht von oben herab oder von unten herauf) nun auch
noch so langsam vor sich gehen, ausbleiben können sie nicht; denn die klaren
Köpfe und die besten Herzen sind dafür, und wo ein Wille ist, da ist auch ein
Weg. Die Literatur abcr hat die Verbindung mit dem Leben iviedergewonnen,
und sie wird ihr trotz aller Syrnbolisterei nicht wieder verloren gehen. Wenn
man dann immer noch versucht, jeden erfolgreichen Poeten zum Dalai-Lama
aufzuschrvindeln, und manches schüne Talent durch grotzstädtische Sensation zu
Grunde richtet, so wollen wir das zwar beklagen, aber auch bekämpfen: mehr
als jede frühere Zeit fordert die unsrige, datz der Künstler vor allem ein Mann
sei — und: deutsch sein heitzt eine Sache um ihrer selbst, nicht des Erfolges
wegen thun. Mögen nicht alle Hoffnungen, die man auf die jüngste Literatur-
bewegung gesetzt, in Erfüllung gegangen sein, auch jetzt noch darf man der Zu-
kunft ohne allzugrotze Hosfnungen, aber doch mit einem bestimmten Bertrauen
entgegen sehen: der neue Goethe ist nicht da, steht auch schwerlich vor der Thür,
aber der alte lebt noch, und es sind ihm Dichter nachgesolgt und werden ihm
auch künftig Dichter solgen, die ihm, wenn sie sich vor ihm gebeugt haben, frei
ins Auge zu blicken wagen dürfen. Adolf Bartels.

„Lin Deldenleben" von Mebnrd Stranss.

(Schluh.s

Jn den Armen glühender Liebe kann der Held unmöglich Befriedigung
finden; ihn treibt es hinaus, dorthin, wo kühne Kräftc sich regen, und das Weib,
das ihn liebt, ist keine Frau Benus, die ihn zurückhalten möchte in ihrer Grotte,
von rosigen Düsten mild durchwallt, sondern eine Brünhilde, die ihm zuruft:
.zu neuen Thaten, teurer Helde! Mitten aus dem Licbesglück heraus ruft ihn
der Feind, ein großer, starker, würdiger Gegner, kein elender Widcrsacher. Und
in diesem Kampfe, auf der Walstatt sieht der Held seine Gefährtin im Geiste
wieder.

Somit kommen wir zum vierten Tcil des Werkes: „des Helden Walstatt".
Mit diesem Teil hat Strautz — so wird behauptet — die Brücken zwischen
seiner Musik und der Musik, wie wir sie bis heute kannten, hinter sich ab-
gerissen; Harmonie, Takt, Tonart, mit einem Wort „geheiligte Regol" wirft er
selbstherrlich über Bord und lätzt auf dem stürmischen Meere seiner ungeban-
digten Phantasie das Schifslein „Musik" steuer- und führerlos umhertreiben.
So sagt man wenigstens vielsach.

Von wcit her ertönen Trompetensignale, die den Helden zum Kampfe
rufen; mit dcm Gedanken an seine Geführtin stellt er sich dem durch ein kräf-
tiges Trompetenmotiv vertretenen Feinde auf der Walstatt entgegen- Der
Kampf, der sich nun entspinnt, ist allerdings etwas noch nie dagewesenes: er
ist die in die Musik übertragene äutzerste Realistik. Strautz sagt sich völlig zu-
treffend, datz es im wirklichen Kampfe nicht mehr nach dcn auf dem Kasernen-
hof und Exerzierplatz gelernten Negeln hergeht; der Soldat legt sich da zum
Schiehen nicht mehr vorschriftsmäßig nach 4 Tempos nieder, wie es ihn der
Untervffizier gelehrt hat, sondern sucht den Feind zu treffen, wie es ihm im
Momente am richtigsten scheint; den Erfolg will er sehen, mag dieser auch auf
Kosten des Reglements und der korrekten Ausführung erworben werden. Strautz
lätzt die Motive mit wüster, brutaler Kraft aufeinandertreffen — und der
Stärkere siegt; er zeigt kein in schvncr Harmonie sich aufbauendes und auf-
Aunstwart
 
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