12. Aabrg. Lrsres /Ibaibekt 1SSS. Dett 13.
Der Dtalekl aut der Wübne.
Jn einer Theegesellschaft wars. Da machte einer seinem Unwillen
Luft über die vielen Dialektstücke, die man jetzt im Theater anhüren
müßte. Er ginge sehr gerne ins Schauspiel, hätte auch für alle Mo-
dernen ein weites und duldsames Gemüt. Aber wenn diese Modernen
zu ihren übrigen Unverständlichkeiten auch noch eine ihm fremde halb-
deutsche Sprache mitbrächten, sodaß er sein armes Ohr erst an die mannig-
fachen Wendungen und Klänge irgend eines Winkeldialekts gewöhnen
müsse, bevor er den Dichter genießen könne — ja dann verzichte er lieber
von vornherein aufs Ganze. Wie selten entspräche der aufgewendeten
Mühe cin leidlicher Gewinn!
Nach solcher Rede rührte alles mit nachdenklichem Schweigen den
Thee. Das bedeutete ungefähr: dagegen lüßt sich wahrhaftig nichts ein-
wenden. Wenigstens schien es mir so, darum ergriff ich den Spieß,
drehte ihn und zielte auf den Sprecher mit der Frage, ob er denn auch
auf Anzengrubcr gern Verzicht leisten wolle, auf Anzengruber, der meines
Wissens das mundartliche Deutsch als Erster über die mundartlichen
Sprachgrenzen hinausgetragen, ja, kraft der dichterischen Werte, die darin
niedergelegt waren, einfach hinausgezwungen hatte? Nein, darauf wollte
er nicht verzichten, meinte der Andre bedenklich. Er hätte bei seinen
Worten vornehmlich die Modernen im Sinne gehabt. Der österreichische
Dialekt bei Anzengruber wäre ganz gut zu verstehn, und überhaupt hörte
er ihn ganz gern, seit er einen Sommer in Bozen zugebracht. Aber
da habe er vor kurzem nacheinander zwei Stücke im Theater kennen ge-
lernt, deren eines das Verstehen des oberschlesischen, deren anderes das
des westpreußischen Dialektes von ihm verlangte. Natürlich habe er
kaum die Hälfte von allem Gesprochenen verstanden und sei ärgerlich
über schlecht verwandte Zeit und ausgegebenes Geld nach Haus gegangen.
Wohin gerieten wir denn mit unserer Sprache, wenn das Dialekteln auf
der deutschen Bühne immer wacker so fortmachte?
Diesmal schwieg auch ich und rührte gedankenvoll meinen Thee wie die
Andern. Was sich mir auf die Zunge drängte, wäre für einenThee, mochte er
Aunstwart s. Maiheft tszy
Der Dtalekl aut der Wübne.
Jn einer Theegesellschaft wars. Da machte einer seinem Unwillen
Luft über die vielen Dialektstücke, die man jetzt im Theater anhüren
müßte. Er ginge sehr gerne ins Schauspiel, hätte auch für alle Mo-
dernen ein weites und duldsames Gemüt. Aber wenn diese Modernen
zu ihren übrigen Unverständlichkeiten auch noch eine ihm fremde halb-
deutsche Sprache mitbrächten, sodaß er sein armes Ohr erst an die mannig-
fachen Wendungen und Klänge irgend eines Winkeldialekts gewöhnen
müsse, bevor er den Dichter genießen könne — ja dann verzichte er lieber
von vornherein aufs Ganze. Wie selten entspräche der aufgewendeten
Mühe cin leidlicher Gewinn!
Nach solcher Rede rührte alles mit nachdenklichem Schweigen den
Thee. Das bedeutete ungefähr: dagegen lüßt sich wahrhaftig nichts ein-
wenden. Wenigstens schien es mir so, darum ergriff ich den Spieß,
drehte ihn und zielte auf den Sprecher mit der Frage, ob er denn auch
auf Anzengrubcr gern Verzicht leisten wolle, auf Anzengruber, der meines
Wissens das mundartliche Deutsch als Erster über die mundartlichen
Sprachgrenzen hinausgetragen, ja, kraft der dichterischen Werte, die darin
niedergelegt waren, einfach hinausgezwungen hatte? Nein, darauf wollte
er nicht verzichten, meinte der Andre bedenklich. Er hätte bei seinen
Worten vornehmlich die Modernen im Sinne gehabt. Der österreichische
Dialekt bei Anzengruber wäre ganz gut zu verstehn, und überhaupt hörte
er ihn ganz gern, seit er einen Sommer in Bozen zugebracht. Aber
da habe er vor kurzem nacheinander zwei Stücke im Theater kennen ge-
lernt, deren eines das Verstehen des oberschlesischen, deren anderes das
des westpreußischen Dialektes von ihm verlangte. Natürlich habe er
kaum die Hälfte von allem Gesprochenen verstanden und sei ärgerlich
über schlecht verwandte Zeit und ausgegebenes Geld nach Haus gegangen.
Wohin gerieten wir denn mit unserer Sprache, wenn das Dialekteln auf
der deutschen Bühne immer wacker so fortmachte?
Diesmal schwieg auch ich und rührte gedankenvoll meinen Thee wie die
Andern. Was sich mir auf die Zunge drängte, wäre für einenThee, mochte er
Aunstwart s. Maiheft tszy