Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 12,2.1899

DOI Heft:
Heft 16 (2. Maiheft 1899)
DOI Artikel:
Bischoff, Arnold: "Ein Heldenleben" von Richard Strauss, [1]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7958#0122

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
so klingt es energisch und glutvoll aus den lurzen, dynamisch rerch ausgestal-
teten Worten des Mannes uns entgegen. Doch das Weib will sich nicht er-
ergeben; der Widerspruch reizt den Helden; aber nicht in reicheren Worten,
sondern im Gegenteil kürzer, eindringlicher, männlicher heischt der Mann, daß
das Weib sich ihm ganz mit Leib und Seele, nicht nur als sinnliches Weib,
sondern als Gefährtin ergibt; es ist kcin stürmisches toi-te, in dem diese Liebe
sich äußert, sondern ein leises pi-uiis8imo, aus dem wir aber den schlummern-
den Leidenschaftsorkan beinahe ängstlich herausfühlen; die Pikanteric, mit der
das Weib anfangs dem Helden sich versagte, weicht einem innerlichen, tieferen
Gefühl; eine süße, zartc Liebeshingabe drückt sich in dem Gesang der Oboe aus;
der Held und seine Gefährtin haben sich endlich gefunden. Der Liebesgesang,
den der Komponist nun anstimmt, ist wohl das berückend Schönste, was Richard
Strauß je geschriebcn hat; in dem beinahe feierlichen bringen die ge-

samten Violinen eine ruhige, abgeklärte Liebesmelodie, die in ihrer glühenden
Lcidenschaft, in ihrem heißen Farbenkolorit schlicßlich abgclöst wird von einem
sanften in Viertel-Triolen einfach herniedersteigenden Gesang der Oboe. Es
ist wohl nie ein Komponist, auch nicht der große Richard Wagner, so tief in
den Geist und die höchste Ausdrucksfähigkeit der Jnstrumcnte eingedrungen wie
Strauß; von einer Tonmalerci kann hier gar nicht die Rede sein; er zaubert
uns nicht die Farben in den berauschendsten Vcrbindungen lediglich als
Selbstzweck vor, wie es etwa eine Serpentintänzerin thut, sondern sie sind ihm
nur das königliche Gewand zur Bekleidung und Verschönerung seiner pracht-
vollen Themen- Das Thema an sich ist von hcrvorragender Schönheit, und
das Kolorit dient dem Künstler nur zur Heroorhebung der Schönhcit, nicht zur
Verdeckung dcr Dürftigkeitl Es ist ein Tizian, dcssen Farbenpracht ausschließ-
lich anatomisch (rhythmisch) schöne Körper veredelte, kein Makart, dessen üppige
Gewänder einen muSkellosen, schwammigen Leib umhüllen mußten.

(Schluß folgt.) Äruold Bischosf.

Runstwart
 
Annotationen