Vom Oackten 1n der bildenden Ikunst.
Wer zusieht, wie man heutzutage Fragen „löst", bei denen Kunst
im Spiel ist, dem werden mancherlei schwierige Aufgaben gestellt, die
schwierigste aber ist doch die: überall, wo's nötig ist, ernst zu bleiben.
Fehlte die Uebung, wer könnte das z. B. bei unsern Bestrebungen, die
Moral vermittelst Feigenblatt-Kultur aufzubessern? Aber die Uebung fehlt
ja nicht, denn die Sittlichkeit gibt bekanntlich zur Zeit öffentliche Schau-
stellungen mit Dauer- und Wettläufen. Sehr erfreuliches leistete ja in
dieser Branche schon die „Köln. Bolksztg.", als sie einer kleinen Annoncen-
Seiltänzerin aus Anstandsgründen ein Röckchen anzog, daß es schelmisch
darauf hinweise, wie wenig die Dame sonst für ihre Bekleidung aus-
gibt. Schön ist auch, daß man in Stuttgart zwei Photographien nach
v- d. Werff und nach Cranach aus dem Schaufenster nehmen mußte,
deren Originale in der Münchner Pinakothek (wie lange noch?) öffent-
lich hangen. Schön ist die von uns schon erwähnte Hosenmalerei an
ein Wohlgemuthsches Christuskind zu Würzburg, schöner noch die Ent-
fernung der Hermesbüste aus dem Aachener Kurgarten, bis der Jrrtum
»Jemandes", sie stelle eine Göttin dar, sich aufgeklürt hatte, gerade-
zu einen neuen Moral-Rekord aber schuf die Königl. Preuß. Eisenbahn-
verwaltung, indem sie aus Keuschheit ein Kunstausstellungsplakat Ludwig
von Hofmanns beanstandete. Denn beanstandet hat sie's, wenn auch
Lei der nachträglichen Genehmigung ein Waschzettel das bestritt. Was
zeigt denn das Plakat? Gräßliches: ein Mädchen mit unbekleidetem Ober-
körper, das Rosen trägt. Stellt man sich auf den Standpunkt der
Gestrcngen, kommt man zu wunderbarcn Konflikten. Da reden die
Künstler von freicr Kunst und solcherlei Sachen — ein Problem erhebt
sich, wie man bciden Teilen gerecht werden soll. Die Künstler haben
nun einmal keine Moral, sie gehen sogar so weit, zu behaupten, der
Mensch sei vom Herrgott eigentlich gar nicht unanständig geschaffen.
Da jetzt unzweifelhaft eine Menge politischer Köpfe dem nachsinnen, wie
man die Kunst in Freiheit belassen und dic Moral trotzdem retten könne,
Kunstwart t- Iuniheft ;8yy
Wer zusieht, wie man heutzutage Fragen „löst", bei denen Kunst
im Spiel ist, dem werden mancherlei schwierige Aufgaben gestellt, die
schwierigste aber ist doch die: überall, wo's nötig ist, ernst zu bleiben.
Fehlte die Uebung, wer könnte das z. B. bei unsern Bestrebungen, die
Moral vermittelst Feigenblatt-Kultur aufzubessern? Aber die Uebung fehlt
ja nicht, denn die Sittlichkeit gibt bekanntlich zur Zeit öffentliche Schau-
stellungen mit Dauer- und Wettläufen. Sehr erfreuliches leistete ja in
dieser Branche schon die „Köln. Bolksztg.", als sie einer kleinen Annoncen-
Seiltänzerin aus Anstandsgründen ein Röckchen anzog, daß es schelmisch
darauf hinweise, wie wenig die Dame sonst für ihre Bekleidung aus-
gibt. Schön ist auch, daß man in Stuttgart zwei Photographien nach
v- d. Werff und nach Cranach aus dem Schaufenster nehmen mußte,
deren Originale in der Münchner Pinakothek (wie lange noch?) öffent-
lich hangen. Schön ist die von uns schon erwähnte Hosenmalerei an
ein Wohlgemuthsches Christuskind zu Würzburg, schöner noch die Ent-
fernung der Hermesbüste aus dem Aachener Kurgarten, bis der Jrrtum
»Jemandes", sie stelle eine Göttin dar, sich aufgeklürt hatte, gerade-
zu einen neuen Moral-Rekord aber schuf die Königl. Preuß. Eisenbahn-
verwaltung, indem sie aus Keuschheit ein Kunstausstellungsplakat Ludwig
von Hofmanns beanstandete. Denn beanstandet hat sie's, wenn auch
Lei der nachträglichen Genehmigung ein Waschzettel das bestritt. Was
zeigt denn das Plakat? Gräßliches: ein Mädchen mit unbekleidetem Ober-
körper, das Rosen trägt. Stellt man sich auf den Standpunkt der
Gestrcngen, kommt man zu wunderbarcn Konflikten. Da reden die
Künstler von freicr Kunst und solcherlei Sachen — ein Problem erhebt
sich, wie man bciden Teilen gerecht werden soll. Die Künstler haben
nun einmal keine Moral, sie gehen sogar so weit, zu behaupten, der
Mensch sei vom Herrgott eigentlich gar nicht unanständig geschaffen.
Da jetzt unzweifelhaft eine Menge politischer Köpfe dem nachsinnen, wie
man die Kunst in Freiheit belassen und dic Moral trotzdem retten könne,
Kunstwart t- Iuniheft ;8yy