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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 12,2.1899

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Heft 22 (2. Augustheft 1899)
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Batka, Richard: Goethische Lieder in der Musik
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Schumann, Paul: Goethe und die bildende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7958#0335

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Diese kurze Uebersicht dürste den Gocthckenner eines lehren: daß noch
lange nicht alles Gold scincr Lyrik musikalisch gemünzt ist und daß zu thu.:
noch manches übrig bleibt. Vielleicht geht aus dieser Erkenntnis auch einma!
die Anregung für unsere Tondichter hervor, ihre Kraft an den Liedern deo
großen Wortdichters zu messen. Was dieser Versuch auch immer ergcben mag:
die einläßliche Beschäftigung mit einem solchen rvahrhast bildendcn Geiste kann
den heutigen, mcist hinter sedem Günstling der literarischen Tagesmode her-
lanfenden Musikern nur zu Nutz und Frommen gereichen. R. Batka.

Soetbe und die bildende Ilrnnst.

Goethes Stellung zur bildenden Kunst kann in einer Goethe-
Nummer des Kunstwarts nicht übergangen werden. Doch kann es sich hie>
natürlich ebensowenig um Neues übcr diesen so oft behandelten Gegcnstand.
wie um eine erschöpfende Darstellung handeln. Goethe war alles in einem
Kunstfreund, Kunstsammler, Kunstgelehrter und Künstler auf mehreren Gebietcu.
und wcnn er es auch als Maler und Radierer nicht zu nennenswerten Leistungei
gebracht hat, so zeigen doch seine Bemühungen auch auf diesem Gebicte, wie crns:
und tief seine Teilnahme für die bildende Kunst gewesen ist. Von früheste:
Jugend auf wurde Gocthe, wie jedermann aus „Dichtung und Wahrheit" weiß.
zu dem intimen Verhültnis zur Kunst crzogen, das er bis in seine spätesteü
Tage bewahrte. Sein väterlichcs Haus in Frankfurt a. M. war der Mittel-
punkt des damaligen Frankfurtsr Kunftlebens; sein Vatcr „hatte dcn Grund-
satz, den er öfters und sogar leidenschaftlich aussprach, daß man die lebendeu
Meister beschäftigen und wcniger auf die abgeschiedenen wenden solle, bei dereu
Schätzung sehr viel Borurteil mitunterlaufe'". Diesem Grundsatzc, den der Vater
auch kräftig in die That umsetzte, verdankte der junge Goethe seine gcnauc
Bekanntschaft mit den Frankfurter Malern Juncker, Trautmann, Schütz d. Ä.,
Hirt und Morgenstern und dem Darmstädter Seekatz, dic in der Thoranc-
Episode eine Rolle spielen. Diese frühesten Kunsteindrücke haben einen Grund-
zug in Goethes Kunstanschauung gebildet, der trotz aller Wandlungen fest
haftete, der sich bei Gocthe bis ins späte Alier erhiclt und sich immer von
neucm geltend machte. Goethes künstlerisches Empfinden wurzelte vermöge
der intimen Jugendbekanntschaft mit diesen Frankfurtern, so unbedeutend an
sich sie uns auch erscheinen mögen, in heimatlicher Kunst. Seiner nur zu-
weilen schlummernden Vorliebe für deutsch-niederländisches Wesen verdanken
wir u. a. die bekannten klassischen Schilderungen der Ruisdaelschen Landschaften
in der Dresdner Galerie.

Keime ganz andcrer Art legte dann der Leipziger Aufenthalt in den
jungen Goethe. Sein Zeichenlehrer, der klassizistische Maler Oeser, übermitteltc
ihm die Lehren Winckelmanns von der „stillen Größe und edlen Einfalt" dcr
Kunst dcr alten Griechen — die man frcilich damals nur aus römischcn Kopien
kannte — und von der Notwendigkeit, sie nachzuahmen, wenn man Muster-
gültigcs schaffen wolle. Freilich, ins Jnnere ging ihm diese Oeser-Winckel-
mannsche Lehrc damals noch nicht: in Dresden würdigte Goethe im März ;?S8

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