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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 12,2.1899

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Heft 24 (2. Septemberheft 1899)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7958#0418

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Lin wunder bet' ich: daß ibr aufersteht,

Daß ihr uns helft, daß euer ewger Geist,

Der wie ein Lfarfen durch die Zeiten weht,

Lebendig mächtig aus der Nacht uns reißt.

Die Lagerfeuer zünd' ich, stoß ins Lforn
Und rüttle, Feldherrn, euer Lfeer empor,

Ich schrei die Angst, den Schmerz, den Fluch, den Zorn
In ihrer Seelen aufgeschmettert Thor . . .

Nun steh'n sie da. Ihr laßt sie nicht allein
wie Lämmer, die dcs tvolfes Gier umkreist:

Die eurer Schmerzen Lrben miisfen sein,

Die segnet auch mit eurer Schmerzen Geist.

Gustav Schüler.

Aus „Dietrich Sebrandt" von Adolf Bartels.

Vorbemerkung. Werke unserer ständigen Mitarbeiter besprechen wir
im Kunstwart grundsätzlich nicht, auch Adolf Bartels' kürzlich bei Lipsius und
Tischer in Kiel erschienener „Dietrich Sebrandt" kann also bei uns nicht be-
urteilt werden. Zum Verständnis des folgenden Bruchstückes daraus genügt
weniges. Der Roman spielt während der schleswig-holsteinischen Erhebung,
zu der Zeit, da unsre Episode einsetzt, fühlen wir schon die erregte Schwüle
vor dem Sturm. Sebrandt, der Held des Romans, der manches mit Fried-
rich Hebbel gemein hat, ist Sekretär des ihm feindlichen KirchspielvogteS zu
Westerhusen.

Vor dem ersten Wiedersehn mit dem Kirchspielvogt fürchtete er sich
etwas; denn er wußte wohl, daß auch seine Geduld eine Grenze habe. Da
war er ganz froh, als er am andern Morgen von Dose hörte, der Herr sei
nach Heide gefahren. Wahrscheinlich will er dem Landvogt Bericht erstatten-
sich vielleicht auch nach einem neuen Schreiber umsehen, sagte er sich. Dann
machte er sich eifrig an seine Arbeit. Es war ein grauer Tag, einer von
denen, wo der Himmel auf die Marsch zu drücken scheint, so daß man selbst
den Regen als Erlösung betrachtet. Abor der schien ausbleibcn zu wollen.

So war's gegen zehn Uhr geworden. Da kam ein Reiter die Oester-
straße herabgeritten und hielt vor der Kirchspielvogtei. Dose, der in des
Kirchspielvogts Privatkontor herumstöberte — er wußte immer Vorwände da-
für — ging hinaus. Sehr ausgeregt und dabei doch ungeheuer wichtig thuend
kam er zurück:

„Es ist ein Mord geschehen, in Südergroven. Der Junge will's aber
nur dem Kirchspielvogt sagen."

„Ein Mord!" Sebrandt eilte hinaus.

Da saß auf einem unruhigen Pferde cin Junge von etwa sechzehn Jahren
mit ganz verstörtem Gesicht.

,Wo ist der Mord geschehen, Junge?"

„Das soll ich nur —"

,Ach was! Komm herunterl Dose, halten Sie das Pferd!"

Das that dieser, wie man sah, höchst ungern; Sebrandt nahm den
Jungcn mit ins Kontor.

Lunstwart
 
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