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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,4.1909

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Heft 19 (1. Juliheft 1909)
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Lux, Joseph August: Kunstgenuß auf Reisen
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8817#0025
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stehen waren. Der Sammler ist es selbst, der durch seine Nachfrage
Werte schafft und Preise bestimmt. Sein Verdienst ist da zu sehen,
wo verkannte Werte zu neuem Ansehen gekommen sind. Für die
Praxis ergibt sich der Wink, daß man seine Sammlung nicht mit
gesuchten teuren Gegenständen anlegen soll, sondern ein Gebiet auf--
sncht, wo keine Vorgänger und daher auch keine nennenswerten Preise
zu fürchten sind. Das ist freilich schwer, wofern sich die Sammler-
objekte über den inneren Wert alter Schuhnägel erheben sollen. Aber
sicherlich gibt es hier noch Entdeckungen zu machen, und Entdeckungen
persönlicher Art gehören, wie nun vielfach dargelegt, zum eigentlichen
Kunstgenuß auf Reisen.

Keines der üblichen Reisehandbücher führt auf diesen Weg der
Kunstbetrachtung und Reisebeobachtung. Sie bedürfen ausnahmslos
der Ergänznng nach der Seite des Bodenständigen hin, des tzeimat-
lichen und eben darin Ilrwüchsigen. Was hier zu sehen ist, kann
übrigens gar nicht in Bücher gefaßt werden, sondern es muß ge-
sucht, mit den eigenen Augen gesehen, mit den eigenen Empfindungen
erfaßt werden. Es ist kein Zufall, daß das Hauptaugenmerk auf
die Architektur des Volkes gerichtet ist, und daß die Kamera im
Dienste des Kunstgenusses auf die Gesamtansicht verzichtet und lieber
Einzelaufnahmen macht, die das Kleine und Unscheinbare möglichst
groß darstellen. Die Schönheit eines Landes und der Natur ist
wesentlich von dem Menschenwerk bestimmt. In den entzückendsten
alten Städten und Dörfern unsrer Provinzen sind es nicht die ver-
einzelten monumentalen Werke, sondern die Unscheinbarkeit und
Schlichtheit der gewöhnlichen Bürger- und Bauernhäuser und der
sonstigen Bauten, die den Ausschlag geben. Sie bilden im Vergleich
zu dem, was der Durchschnitt der heutigen Zeit schafft, einen so
großen ästhetischen Wert, daß wir sie mit vollem Recht künstlerisch
empfinden, obzwar die ursprünglichen Hersteller bei ihrer Arbeit gar
nicht an Kunst dachten. Nichtsdestoweniger ist es ein guter Instiukt,
der uns auf unsern Reisen und Wanderungen zur primitiven Bau-
kunst des Volkes hinzieht, denn ein wachsendes Volk, das in seiner
Bildung fortschreitet, ist ein bauendes Volk. Ioseph Aug. Lux

BläLLer

Vom Neisen und von Neisen

fWir bieten den Lesenr heute eine kleine Auswahl aus guter Reise-
litcratur. Unser Zweck ist dabei erreicht, weuu diejenigen, die sich eben
zur Reise rüsten, noch einmal darauf aufmerksam gemacht werdeu, daß
es gute Reiseschilderungen vou Landschaften gibt, und daß es eineu
eigcnen Reiz hat, feinsinnigen Leuten auf ihren Wanderungen zu folgeu,
die Äußerung ihrer Eindrücke zu höreu — nicht zum wenigsten, wenn
diese Wandcrer etwas vom Dichter in sich trugen. Wir beschränken
uus bei der Auswahl auf die dcutsche Landschaft und die jüngeren
Büchererscheinungen. Mit ciner einzigen Ausnahme. Wir stellen an
die Spitze ein Kapitel aus dem klassischen Buch Viktor Hehns: „Italien,

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