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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0036
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Mein Vater.
sie 1821 heim. Ein Jahr nachher kam ich zur Welt. Die glücklichen
Eltern begrüßten den Erstgeborenen zürtlichst und mein Vater erwies
mir die erdenklichsten medizinischen Aufmerksamkeiten, nntersuchte mich
überall sorglich und legte mich auf die Wage. Jch wog 6'/s Pfund,
ward somit leicht besunden, doch schien meine übrige Beschaffenheit zu
guten Erwartungen zu berechtigen. Es kamen im weiteren Verlauf
der Ehe noch sechs Geschwister, aber mir allein, als dem Erstgebornen,
hatte mein Vater den Vorzug einer exakten Wägung zu teil werden
lassen; — mein Leibesgewicht ist zu meiner Zufrieden'heit stets in
mäßigen Grenzen geblieben.
Von Graben wurde mein Vater 1823 mit dem Titel eines
Amtschirurgen nach Emmendingen im Breisgau versetzt, von da 1829
als Physikus nach Boxberg im Taubergrund, zuletzt, fünf Jahre fpäter,
nach Wiesloch bei Heidelberg.
Jm Sommer 1850 raffte den teuren Mann ein Herzschlag mitten
aus der Thätigkeit hinweg. Seit 30 Jahren litt er an ausfetzendem
Puls ohne objektive Symptome eines organifchen Herzleidens. Jn
den letzten Jahren war das Ausfetzen hüufiger geworden und hielt
länger an. Er mußte unterwegs öfter stehen bleiben und wurde von
Schwindel befallen mit Verdunklung des Gesichts. Er hielt mir in
folchen Fällen den Arm hin zum Befühlen des Pulses und profezeite,
er werde plötzlich auf der Straße sterben. Scherzend trug er mir auf,
ihn zu seeieren. „Du glanbst nicht," fügte er bei, „wie fehr dein Be-
fund mich interefsiert." Es traf ein, wie er vorausgefagt hatte. Auf
dem Heimweg von der Praxis fank er beim Ueberschreiten eines Brücken-
stegs lautlos zusammen.
Ein meinem Vater befrenndeter Kollege führte feinen Wunfch
aus. Das Herzfleifch des mageren Mannes hatte sich in der rastlosen
Arbeit aufgezehrt, es war wie blaßgelbes Wachs geworden. Andre
Fehler zeigte das Organ nicht.
Mein Vater.
sie 1821 heim. Ein Jahr nachher kam ich zur Welt. Die glücklichen
Eltern begrüßten den Erstgeborenen zürtlichst und mein Vater erwies
mir die erdenklichsten medizinischen Aufmerksamkeiten, nntersuchte mich
überall sorglich und legte mich auf die Wage. Jch wog 6'/s Pfund,
ward somit leicht besunden, doch schien meine übrige Beschaffenheit zu
guten Erwartungen zu berechtigen. Es kamen im weiteren Verlauf
der Ehe noch sechs Geschwister, aber mir allein, als dem Erstgebornen,
hatte mein Vater den Vorzug einer exakten Wägung zu teil werden
lassen; — mein Leibesgewicht ist zu meiner Zufrieden'heit stets in
mäßigen Grenzen geblieben.
Von Graben wurde mein Vater 1823 mit dem Titel eines
Amtschirurgen nach Emmendingen im Breisgau versetzt, von da 1829
als Physikus nach Boxberg im Taubergrund, zuletzt, fünf Jahre fpäter,
nach Wiesloch bei Heidelberg.
Jm Sommer 1850 raffte den teuren Mann ein Herzschlag mitten
aus der Thätigkeit hinweg. Seit 30 Jahren litt er an ausfetzendem
Puls ohne objektive Symptome eines organifchen Herzleidens. Jn
den letzten Jahren war das Ausfetzen hüufiger geworden und hielt
länger an. Er mußte unterwegs öfter stehen bleiben und wurde von
Schwindel befallen mit Verdunklung des Gesichts. Er hielt mir in
folchen Fällen den Arm hin zum Befühlen des Pulses und profezeite,
er werde plötzlich auf der Straße sterben. Scherzend trug er mir auf,
ihn zu seeieren. „Du glanbst nicht," fügte er bei, „wie fehr dein Be-
fund mich interefsiert." Es traf ein, wie er vorausgefagt hatte. Auf
dem Heimweg von der Praxis fank er beim Ueberschreiten eines Brücken-
stegs lautlos zusammen.
Ein meinem Vater befrenndeter Kollege führte feinen Wunfch
aus. Das Herzfleifch des mageren Mannes hatte sich in der rastlosen
Arbeit aufgezehrt, es war wie blaßgelbes Wachs geworden. Andre
Fehler zeigte das Organ nicht.