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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0035

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Mein Bater.

15

— Mein Vater beruhigte ihn: Der alte Kollege meine sicherlich
'Knochenasche, „onrdo Karpfen beziehe man ja besser und

billiger als aus der Apotheke, aus dem Gasthof zu den drei Königen.

Sehr gut war mein Vater in der Botanik beschlagen. Jhm
verdanke ich meine ersten Kenntnisse in dieser „soiontin amnllili8",*)
er- lehrte mich Pflanzen suchen, bestimmen, sammeln und im Krüuter-
buch geordnet einlegen. Die alten Aerzte schätzten die beschreibende
Botanik in der Art, wie sie mein Vater mich betreiben lehrte, sehr
hoch. Jn der That übt sie schon das Auge des Knaben für die künf-
tigen ärztlichen Diagnosen. Außerdem kräftigen die botanischen Aus-
slüge den Leib. Endlich beglückt die Kenntnis der Pstanzen noch die
späten Tage des Lebens, wenn das Herbarium längst ein Fraß der
Motten geworden, mit holden Erinnerungen aus der Jugend. Das
Gedächtnis bewahrt tren die schönen Bilder aus der Pflanzenwelt.
Auf Spazierwegen und Reisen treten die Kinder Floras wie geliebte
Jugendfreundinnen an uns heran.

Nach überstandener Maturitütsprüfung erhielt mein Vater die
damals nötige Staatserlaubnis, an der Universität Medizin zu stu-
dieren. Er wandte sich zuerst nach Heidelberg und von da im Früh-
jahr 1819 nach Würzburg, wo gerade das leuchtende Gestirn Schoen-
leins aufgegangen war. Außer der Klinik Schoenleins besuchte er noch
die anatomischen Vorlesungen Hesselbachs und die physiologischen
Doellingers. Er verweilte in Würzbnrg bis in den August 1820 und
machte dann im Herbst das Karlsruher Staatsexamen in der inneren
Medizin. Nunmehr besaß er die Lizenz in den drei Fächern der Heil-
kunde als „Arzt, Wundarzt und Hebarzt", wie das Diplom lautete.
Seine Ausdauer, sein Talent feierten den verdienten Triumpf.

Gleich nach dem Staatsexamen erhielt mein Vater die Stelle
eines Assistenzarztes bei dem Landamt Karlsruhe in dem Marktflecken
Graben und den Titel eines großherzoglichen Stabsarztes. Er hatte
in Durlach meine Mutter kennen gelernt, Luise Böhringer, die jüngste
Tochter des bereits verstorbenen, mit Kindern reich gesegneten Besitzers
der Glasfabrik Buhlbach bei Freudenstadt in Württemberg, und führte

*) „Lieblichen Wissenschaft".
 
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