DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0104
84
Napoleonkultus iu Baden.
„tout äs 8uite! tont äo suits!" in Stadt und Dorf, wenn sie
Kisten und Kasten leerten, Wurst und Schinken aus dem Rauchfang
holten, Hühner und Gänse ans den Ställen mitgehen hießen. Seit-
dem, so belehrte uns der alte Posthalter, rufen die Wieslocher „Dutz-
witt! Dutzwitt!". wenn es gilt, rasch in Haus und Hof aufzuräumen.
— Wie die Unterländer wußten die Oberländer von dem Uebermute
der ungebetenen Gäste zu erzählen. Besser als der Griffel der Ge-
lehrten zeigte mir eine Geschichte aus dem Munde eines Landwirts
im Kanderer Thale, wie es damals in den Bergen des Schwarzwalds
zuging. — Jn einem der Bauernhöfe hatte sich ein Knrassier ein-
quartiert und drangsalierte das Haus mit tonnentz äs äisn! und
snentz än dltzn! Die Frau mußte ihm aufwarten mit Schweinefleisch
und Nudeln und der Bauer dienstbereit zur Seite stehen bei Tisch,
mit der Schere in der Hand, und die Nndeln abschneiden, die ihm
beim Schmausen zu lauge über die Lippe herabhingen.
Nur selten wagte das gequälte Volk offenen Widerstand. So
im Kapplerthal bei Achern, wo sich die Bauern unter kriegserfahrenen
Führern tapfer zur Wehre setzten und den Feind verhinderten, in das
Thal einzudringen.
Mitunter trotzten auch einzelne unerschrocken der Gewalt. Meine
Mutter erzählte mir oft von ihrem Vater, seinem Mut und seiner
Stärke. Als württembergischer Reiter hatte er den Pallasch geführt,
ehe er die Buhlbacher Glashütte bei Freudenstadt im Schwarzwald
in seinen Besitz brachte. Die Hütte liegt am östlichen Fuße des
Kniebis. Die Franzosen hielten im Winter die Schanzen auf dem
Rücken des Bergs besetzt. An einem sonnigen Tage kam ein Trupp
zur Glashütte herab, mein Großvater bewirtete sie gastfrei, sie aber
fingen bald an, Unfug zu treiben und die Herren zu spielen. Da
holte er seinen langen Reitersübel und jagte sie aus dem Hause. —
Einige Tage nachher kam ein Holzfäller gelaufen: „OHerr, es wimmelt
von Franzosen den Berg herab, sie haben es auf euch abgesehen!"
Der tapfere Mann bewafinete sich und seine Leute und verrammelte
das Haus. Sie kamen und verlangten Einlaß. Er weigerte sich/zu
öffnen und drohte, als sie sich anschickten, die Thüre einzustoßen,/der
Gewalt mit Gewalt zu begegnen. Sie wagten es nicht, ernstlich vor-
Napoleonkultus iu Baden.
„tout äs 8uite! tont äo suits!" in Stadt und Dorf, wenn sie
Kisten und Kasten leerten, Wurst und Schinken aus dem Rauchfang
holten, Hühner und Gänse ans den Ställen mitgehen hießen. Seit-
dem, so belehrte uns der alte Posthalter, rufen die Wieslocher „Dutz-
witt! Dutzwitt!". wenn es gilt, rasch in Haus und Hof aufzuräumen.
— Wie die Unterländer wußten die Oberländer von dem Uebermute
der ungebetenen Gäste zu erzählen. Besser als der Griffel der Ge-
lehrten zeigte mir eine Geschichte aus dem Munde eines Landwirts
im Kanderer Thale, wie es damals in den Bergen des Schwarzwalds
zuging. — Jn einem der Bauernhöfe hatte sich ein Knrassier ein-
quartiert und drangsalierte das Haus mit tonnentz äs äisn! und
snentz än dltzn! Die Frau mußte ihm aufwarten mit Schweinefleisch
und Nudeln und der Bauer dienstbereit zur Seite stehen bei Tisch,
mit der Schere in der Hand, und die Nndeln abschneiden, die ihm
beim Schmausen zu lauge über die Lippe herabhingen.
Nur selten wagte das gequälte Volk offenen Widerstand. So
im Kapplerthal bei Achern, wo sich die Bauern unter kriegserfahrenen
Führern tapfer zur Wehre setzten und den Feind verhinderten, in das
Thal einzudringen.
Mitunter trotzten auch einzelne unerschrocken der Gewalt. Meine
Mutter erzählte mir oft von ihrem Vater, seinem Mut und seiner
Stärke. Als württembergischer Reiter hatte er den Pallasch geführt,
ehe er die Buhlbacher Glashütte bei Freudenstadt im Schwarzwald
in seinen Besitz brachte. Die Hütte liegt am östlichen Fuße des
Kniebis. Die Franzosen hielten im Winter die Schanzen auf dem
Rücken des Bergs besetzt. An einem sonnigen Tage kam ein Trupp
zur Glashütte herab, mein Großvater bewirtete sie gastfrei, sie aber
fingen bald an, Unfug zu treiben und die Herren zu spielen. Da
holte er seinen langen Reitersübel und jagte sie aus dem Hause. —
Einige Tage nachher kam ein Holzfäller gelaufen: „OHerr, es wimmelt
von Franzosen den Berg herab, sie haben es auf euch abgesehen!"
Der tapfere Mann bewafinete sich und seine Leute und verrammelte
das Haus. Sie kamen und verlangten Einlaß. Er weigerte sich/zu
öffnen und drohte, als sie sich anschickten, die Thüre einzustoßen,/der
Gewalt mit Gewalt zu begegnen. Sie wagten es nicht, ernstlich vor-