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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0117

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Dir alte Landstratzr nn Khrinthal.

Seit der Riese Dampf den Verkehr der Personen und Gnter
auf eisernen Schienen besorgt, ist die Poesie von der Landstraße ab-
seits geflüchtet und wird in der alten bunten Gestalt wohl niemals
wiederkehren.

Verklungen ist der seelenvolle Klang des Posthorns, der das
Nahen des Eilwagens nnd der Extrapost verkündete, verschwunden
das leichte Gefährt des Handlungsreisenden und der fchwere Fracht-
fuhrwagen, der ächzend feine tiefen Geleife in den Boden eingrub.
Starke Rosfe zogen bei munterem Schellengeläute zu vieren und fünfen
die hochgetürmte Last, der Fuhrmann, die Geißel fchwingend, fchritt
auf festen Beinen neben den Rosfen einher, in Zipfelmütze und Fuhr-
mannskittel, in Kniehosen und Wadenstrümpfen, in fchweren, über die
Knöchel reichenden Schnallenschuhen; in der Linken hielt der wetter-
feste Mann die kurze Tabakspfeife mit dem Maßholderrohr und dem
messingbefchlagenen Ulmerkopf. Unter dem Wagen auf der Schaukel
wiegte sich ein wachsamer Hund. — Verschwunden endlich ist der ehr-
bare Handwerksbursche mit Felleisen und Knotenstock, statt seiner
wandert auf der verödeten Straße der arbeitsfcheue Stromer, am
liebsten in Gefellfchaft zu zweien oder dreien, mit leichtem Bündel,
von Dorf zu Dorf, von Herberge zu Herberge.

Jch habe bereits erwähnt, daß ich im Herbst 1831 meinen
Vater auf einer Fußreise von Boxberg nach dem Breisgau begleiten
durfte. Wir benützten die Landstraße viel, ein kleines Erlebnis auf
ihr zeichnet getreu die Zeit und die Menfchen. Jn Durlach hatten

Kußmaul, A., Jugenderinnerung,en. 7
 
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