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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0135

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Der Fuchs.

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Nachdem auch diese Heidelberger Berühmtheit das Zeitliche ge-
segnet hatte, besorgte noch durch eine Reihe von Jahren den Vertrieb
von Blumensträußchen eine zwerghafte weibliche Person, der es jedoch
nicht gelang, sich die Gunst der Reisenden wie ihr männlicher Vor-
gänger Zu erringen.

Die lithographische Kunst hat die Binsenbuben und einige andere
sonderbare Figuren des alten Heidelbergs im Bilde aufgenommen, und
die Altertümer-Sammlung im Schlosse bewahrt es der Nachwelt
auf. Diese darf dasür doppelt dankbar sein, da die Gegenwart, wie
es scheint, darauf verzichtet hat, an Stelle der alten Originale neue
zu liefern.

Auf dem Schloßberg, wo die Binsenbuben hausten, wohnte die
Bergkapelle, drei alte Musikanten, gebückte Gestalten mit Baßgeige,
Fiedel und Klarinette, die in den Bierhäusern anfspielte. Als ich
von der geliebten Musenstadt und meinen Freunden scheiden mußte,
ließen wir sie zu uns kommen, sie spielte uns zum letztenmal die
sröhlichen Studentenweisen.

Von den vielen kuriosen Gestalten war die wunderlichste der
Hofrat Diehl, ein alter übergeschnappter Knopfmachergeselle, angeblich
durch das Lesen unverdauter philosophischer Schriften, die Studenten
tauften ihn Hofrat, und von da an hieß er stets der Hofrat Diehl,
auch einfach der Hofrat. Er stand mit der stndierenden Jngend auf
dem Fuße des Kommilitonen und diskutierte mit ihr am Biertisch im
gewühltesten Hochdeutsch über wurstliche nnd bierliche Prinzipien. Die
Unterhaltung wurde sehr lebhaft, aber ernst geführt. — Die Studenten
hatten ihm ein großherzoglich hessen-darmstädtisches Hofratsdiplom
ausgefertigt und ihn veranlaßt, nach Darmstadt zu reisen, um sich
bei Hofe unterthänigst zu bedanken. Der Beamte, an den man ihn
zunächst in Darmstadt wies, erkannte den Geisteszustand des ver-
drehten Philosopheg, man versah den armen Hofrat mit dem nötigen
Reisegeld und schickte ihn wieder nach Heidelberg zurück.

Endlich sei noch des roten Fischers gedacht, der gleichfalls
häufig abgebildet wurde, ein großer, starker, ehemaliger Fischer mit
rötlichem Haar und rotbraunem Gesicht, ein Bramarbas, der auch
im Winter mit aufgeschlagenen Hemdärmeln ging. Er hatte sich deii^
 
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