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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0158

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IZg Ein Besuch bei Herrn Benazet in Baden,

„Was führt euch zu mir?" — Ruhig veruahm er unser Auliegen:
„Jhr trefft es schlecht. Jch habe keinen roten Heller, nichts ats mein
rotes Gesicht und dieses hat mich um die Gunst meines soliden Alten
gebracht. Laßt jede Hosfnung fahren! Bei mir ist nichts zu holen."
— Antonin wandte ein, sein edler Vater werde sich doch wohl er-
weichen lassen, wenn er ihm beweglich zu Gemüte führe, aus welch
guten Familien seine Freunde stammten. — „Jhr kennt meinen Alten
schlecht," erwiderte er, „ich weiß ganz genau, was er jetzt schon denkt:
„„Das sind Freunde meines saubern Sohns, die nur nnkehren, um
ihn anzupnmpen, weil sie ihr Geld bei Benazet gelassen haben.""

Wir schieden unverrichteter Sache aus der nngastlichen Apotheke
und wanderten weiter nach dem Flecken Renchen, wo einst der Ver-
fasser des Simplieissimus als Amtmann des Bischofs von Straßburg
Haus gehalten hat. Auch Renchen hatte eine Apotheke und ihr Be-
sitzer war ein Vetter von mir, er konnte nns nicht im Stiche lassen.
Der Gute empfing mich herzlich und Antonin that sein Bestes, um
ihn uns geneigt und möglichst freigebig zu stimmen. Der Apo-
thekerstand, behauptete er, sei wie kein anderer berufen, der Mensch-
heit in ihren vielen Nöten zu helsen. Jch hielt es sür besser, nicht
zu lange, wie die Katze,, um den heißen Brei zu gehen, nahm den
Herrn Vetter zur Seite und erhielt, was wir brauchten. Er hütte
uns sogar gerne einige Tage bei sich behalten, aber es trieb uns, noch
an demselben Abend Offenburg zu erreichen, wo uns liebe Frennde er-
warteten. Wir mieteten ein „Berner Wägelchen" und fuhren von dannen.

Nachdem wir einen Tag in Osfenbnrg verweilt hatten, wanderten
wir zusammen ins Kinzigthal. Jn Hansach trennten wir uns, er
ging nach Gaggenau zurück, ich nach Triberg, stieg von da in das
Elzthal herüber und ging über Waldkirch nnd Emmendingen nach Frei-
bnrg, wo ich acht Tage lang bei meinem Freunde Beck zu Gaste war.

Znm Schluß die Versichernng, daß ich die Lehre, die mir Herr
Benazet erteilte, nicht zu tener erkauft habe. Die kleine Schröpfknr
hat mich zeitlebens vor der Spielwut geschützt.
 
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