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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0157

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Ein Besuch bei Herrn Benazet in Baden. 137

siörli-s, fklitsL votrs fsu!" — Nach Tisch bestand ich ungeachtet der
ernsten Abmahnung meines Freundes daraust das verlorene Geld wieder
zu gewinnen, verlor abermals und wollte das letzte, was ich besaß,
daran wagen, aber Antonin ergriff mich am Arm und führte mich
ins Freie. — Besorgt fragte er: „was bleibt dir übrig?" — „Mein
ganzer Besitz ist noch ein Thaler," klagte ich, „du mußt mir mit
Reisegeld aushelsen." — „Unmöglich!" gab er zur Antwort, „ich be-
sitze keinen Pfennig mehr." — „Aber, um des Himmels willen!" rief
ich außer mir, „wie kann das sein? Du hast doch grundsätzlich nnr
10 fl. eingesetzt?" — „Ganz richtig, aber diese zehn waren all mein
Reisegeld."

Bestürzt fahen wir uns an. Wir waren beide abgebrannt.
Auf Schusters Rappen angewiesen, holten wir zunächst unsre Reise-
täschchen aus dem Gasthof, hängten sie um und marschierten

„Arm am Beutel, krank am Herzen"

hinter dem Konversationshaus zur Jburg empor, um von da herab,
über Steinbach, Bühl zu erreichen, wo wir hofften, daß uns ein guter
Frennd den nötigen Mammon lzur Weiterreise vorstrecken werde.
Sein Vater, der Apotheker des Orts, war ein wohlhabender Mann,
kein Zweifel, er würde den bedrüngten Freunden seines lieben Sohns
gerne in der Not aushelfen. Wir langten in dem hübschgelegenen
Städtchen voll Zuversicht an, traten in die Apotheke und fanden den
Alten mit seinem Provisor in der Offizin eifrig beschüftigt, Pillen
zu drehen. Er empfing nns auffallend kühl und gab uns auf unsre
Erkundigung nach seinem Herrn Sohne den kurzen Bescheid, er liege
leidend zu Bette. Wir verlangten teilnehmend, ihn zu besuchen und
wurden in sein Zimmer geführt. Es sah gräulich darin aus, keine
liebende Hand schien sich des armen Goliath, wie ihn seine Freunde
nannten, und seiner Stube zu erbarmen, — wir wären am liebsten
gleich wieder umgekehrt; aber er war unsere Hoffnung, unser Stab
und Stecken, gern oder ungern mußten wir in der drückenden Atmo-
sphäre bleiben. Leider verhieß uns sein Empfang wenig Tröstliches.
Er streckte seinen dicken Kopf mit dem roten Gesicht und der leuchtenden
Karfunkelnase aus dem Bette und begrüßte nns verwundert mit den Worten:
 
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