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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0185

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Die Alemamüa.

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Freund, von der festlichen Stimmung hingerissen, hatte nur an das
starke Mauerwerk des Turms gedacht und nicht an die Sprengkraft
dex Pulvers. Er war ein Unglücksrabe und sprach wider Willen
prophetische Worte. Wir hätten nicht lachen sollen. Ehe der Schnee
im Frühling ans den Dächern schmolz, lag der stolze Bau der Ale-
mannia, von der Politik gesprengt, in Stücken.

Julius Brann hatte sich von der Theologie zur Kulturgeschichte
gewandt. Er war ein gläubiger Schüler des Professors der Philo-
sophie Eduard Roeth und wurde ein überzeugter Anhänger von dessen
Jrrlehre, wonach die Kultur Westasiens und Griechenlands aus dem
Mutterschoße Aegypteus hervorgegangen sei. Er bereiste Aegypten
und Griechenland und bezeichnete mit richtigem Blick den Ort, wo
spüter Schliemann seine berühmten Ausgrabungen Trojas vornahm,
als die Stätte, wo die Stadt des Priamos gestanden habe. Privat-
dozent in Heidelberg geworden, gewann er eine edle, geistvolle Gattin
aus dem kunstsinuigen Geschlechte der Artaria, wurde als Professor
der Kunstgeschichte nach Tübingen berufen, von wo er nach kurzem
Verweilen nach München übersiedelte und hier in den besten Mannes-
jahren 1869 starb.

Es waren wissenschaftliche Kränzchen in Aussicht genommen,
aber die vieleu Sitzungen zur Einrichtung der allgemeinen Studenten-
schaft und der Verbindung ließen keine Zeit dazu übrig. Dagegen
erfreute uns einmal in der Woche eine Kneipzeitung. Jhre Heraus-
geber waren Scheffel und drei Karlsruher.. Füchst, Karl Blind, Lud-
wig Eichrodt, der sich nachher durch zahlreiche scherzhastTDickstungen
in weiten Kreisen bekannt gemacht hat, und Moritz Ellstädter, der
nachmalige verdiente badische Finanzminister. Diese drei bildeten mit
drei andern aus Karlsruhe im Herbst abgegangenen Jünglingen, dem
Mediziner Wilhelm Wagner, den Juristen Aarou Frauk und Fritz
Sommerschuh, den Kreis der sechs Karlsruher Füchse, die fest zu-
sammeuhingen und Karl Blind als ihren geborenen Führer betrachteten.
Sie hatten schon auf dem Lyceum einen schöngeistigen Bund ge-
schlossen und waren zusammen in die Alemannia eingetreten. Wagner,
den sie den Wendelin nannten, lieferte für die Kneipzeitung viele
lustige Bilder.
 
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