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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0187

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Die Alemannia.

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fessoren, die den warm empfohlenen Stndenten in ihre Familien ein-
geführt hatten. Er war ein wohlgelittener Kamerad^und einer der
liebenswürdigsten. Schon damals befaß er die köstliche Gabe, Er-
lebtes mit fefselndem Humor in der breiten, jedoch gemilderten Karls-
ruher Mundart zu erzählen. Anch hatte er fchon die Eigenheit, in
der Unterhaltung ab und zu die Augen zu fchließen, als wolle er die
Vorhänge der Augenlider niederziehen, um dahinter ungestört die zu-
strömenden Einfälle und Bilder zu ordnen.

Man erzählt allerlei Studentenstreiche von unsrem Freunde,
Johannes Proelß (a. a. O. S. 55 u. folg.) hat einige der Nach-
welt überliefert. Aus dem Wintersemester, das ich mit ihm ver-
lebte, weiß ich keine zu berichten. Mit Unrecht stellt man sich übrigens
den Studiosus Scheffel als ein großes Kneipgenie vor. Er betrieb
seine Studien ernst und gewissenhaft, bestand ein gutes Examen nnd
hätte nach dem Zeugnis eines meiner Bekannten am Bruchsaler Hof-
gericht, bei dem er praktizierte, vollkommen das Zeug zu einem Ober-
landesgerichtsrat gehabt, wenn er nicht vorgezogen hütte, unter die
Poeten zu gehen. Wie bewandert er im Oonxmm jnni8 war, lehrte
ein herrlicher Trinksprnch in den Rüumen der Heidelberger Museums-
gesellschaft anf seinen alten Lehrer Vangerow 1855. Seine Freunde
hatten Scheffel zu Ehren ein Abendessen veranstaltet, dem auch ich an-
wohnte. Vangerow präsidierte und begrüßte seinen ehemaligen Schüler
mit herzlichen Worten. Scheffel, der nicht wissen konnte, daß ihm
gerade Vangerow diese Ehre erweisen würde, dankte ihm ohne langes
Besinnen und wand ihm aus lauter Pandektensprüchen einen prächtigen
Kranz dankbarer Verehrung um das Haupt. Wir waren alle von
Bewunderung hingerissen, und Ludwig Knapp rief ihm zu, nachdem
die Gläser geklungen hatten: „Meister Josefus, nie wieder wird Euch
ein Trinkspruch so gelingen, wie dieser!"

Jn der Alemannia gewann Scheffel seinen innigsten Universitäts-
freund, den 8tull. sun. Robert Schwanitz aus Eisenach, der noch
heute als sächsischer Geh. Justizrat in dem schönen Jlmenau weilt,
der heitere und ehrwürdige Vorstand der berühmten Waldgemeinde
Gabelbach, und seinen späteren Verleger, den 8tnä. jnr. Bonz aus
Stuttgart, dem leider kein hohes Alter beschieden war. Beide hatten
der Burschenschaft angehört, Schwanitz der Teutonia in Jena, Bonz der
Tübinger Burschenschaft. _
 
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