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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0197

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In illöinoriLni.

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lnunigen Briefe schilderte Pfeufer diese Vorgänge den Seinigen in
Bamberg, der Brief gelangte in die Hände des Freiherrn von Lerchen-
feld, dem bald nachher die Leitnng eines liberalen Ministeriums in
Baiern übertragen wnrde, und erwarb ihm die Gunst dieses klugen
Staatsmanns, der seiner Dienste sich daraufhin versicherte.

Während des Kriegs 1870/71 versah Pfeuser in Speier den
wichtigen Posten eines Präsidenten der Rheinpfalz. Als, nach be-
endigtem Kriege, in Baiern aufs neue ein liberales Ministerium ans
Ruder kam, wurde er im August 1871 Minister des Jnnern. König
Ludwig II. erhob ihn 1887 in den erblichen Adelstand. Zuletzt ver-
waltete er das Amt eines Präsidenten von Oberbaiern bis zu seinem
Tode im September 1894.

Ein andrer, mir tenrer Freund war Eduard Pickford. Eng-
lisches und deutsches Blut kreisten in seinen Adern. Sein Vater war
in Manchester Spinnereibesitzer gewesen, hatte eine deutsche Dame,
eine geborene Schnnk, geehlicht, 1811 sich von den Geschäften zurück-
gezogen und in Heidelberg niedergelassen. Vor dem Karlsthor baute
er sich eine noch heute vorhandene Villa, auffallend dnrch ihre niedrigen
Süulen an der Eingangsthüre; man sieht es ihr nicht mehr an, daß
Kaiser Alexander I. im Jnni 1815 sein Hauptquartier darin aus-
geschlagen hatte, wie eine Jnschrift, versteckt unter dem Balkon über
der Thüre, der Nachwelt in lateinischer Sprache vermeldet. Das un-
ansehnliche Haus hat eine interessante Geschichte. Jn seinen Räumen
empfing der Kaiser die überspannte Frau von Krüdener, die im Ge-
wande einer Seherin seiner schwürmerischen, der Mystik zugeneigten
Seele die romantische Jdee von der heiligen Allianz der Fürsten
und Völker einflößte. — Der alte Pickford hatte zehn Kinder, die
meist von der Schwindsucht hingerafft wurden; ein älterer Bruder
meines Freundes war Percy Picksord, Dozent der Medizin in Heidel-
berg von 1844—54, ein strebsamer und beliebter Arzt. Er und auch
Eduard Pickford erlagen dieser Geißel ihrer Familie. — Eduard war
zum Kaufmann bestimmt gewesen und dazu in Leipzig und Lyon er-
zogen worden, aber eine unwiderstehliche Neigung trieb ihn zum
Studium der Volkswirtschaft. Er war Dozent von 1844 bis 1854,
leitete volkswirtschaftliche und politische Zeitschriften im Geiste des

Kußmaul, A., Jugsnderinnerungeu. 12
 
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