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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0201

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Poetischr Nachklänge.

i.

^er Untergang der Alemannia ging dem Studiosus Scheffel
tief zu Herzen. Er gab seinem Schmerz Ansdruck in zwei langen
Gedichten, die ich in der Urschrift bewahre.

Das eine Gedicht hat er in den Osterferien zu Karlsruhe ver-
faßt, einen knnstreichen „Chor nach Sophokles", mit Strophen und
Antistrophen nnd einem verschwenderischen Reichtum an Anapüsten nach
Platens Art. Vielleicht interessiert eine Probe daraus den Leser.

„Denn war's nicht fidel, als hier in dem Horn, im menschengefülleten Saale
Zusammen noch kam, wer immer das Haupt mit blauer Mütze bedeckte?

Und als im Gespräch die Meinungen laut man wechselseitig ertauschte
Und die vollen Gläser ertönten mit Macht, und dcr Geist sich rieb an dem Geiste?
Das rege Leben bestehet ja nur im Kampf der verschiednen Prinzipe
Und gewähret mehr Lust, als wenn sich nur Gleichdenkende abseparieren
Uud dieser schon weiß, was jener wohl will, und jener, was dieser sich denket.
Drum preis ich mir auch die Vergangenheit an, wo stolz noch trug seine Krone
Der kräftige Stamm, Alemannia genannt, als weithiuschatteude Eiche."

Ein Stoßseufzer, gekleidet in die Prosa des wittelsbachischen
Dichterkönigs, schließt den rührenden Gesang: „Jch aber — gesungen
habend — ein müder Barde, ziehe mich zurück in die alte leuchtende
Urnacht meines Geistes."

Das zweite Gedicht stammt aus den ersten Tagen des Sommer-
semesters 1845. Aus den Ferien nach Heidelberg znrückgekehrt, ver-
mißte Scheffel viele der geliebten Freunde, sie waren ins Philisterium
 
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