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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0208
188 Romantik n. Nationalismus zu Beginn d. Jahrhunderts in Heidelberg.
1808 in Heidelberg. — Unwillig sah Tieck bei einem seiner Besuche
der Schloßruine die unwegsame Wildnis, die ihn bis dahin entznckt
hatte, in einen Park mit sauberen Wegen umgeschaffen. — Die alt-
dentschen Gemälde der Gebrüder Boisserse, heute ein kostbarer Besitz
der Münchener alten Pinakothek, lenchteten damals in ihren herrlichen
Farben auf Goldgrund in dem heutigen Amthans am Karlsplatz. —
/Creuzers symbvlische Lehren erregten Goethes Teilnahme, der sich aus
.dem Schloß oben, wie die Steintafel im Stückgarten meldet, 1814
chnd 1815 „sinnend und dichtend" erging. Viele Gedichte des west-
H vstlichen Divan sind hier entstanden, und das merkwürdige Laub eines
Baums aus dem Osten, der in den Schloßgarten gepflanzt war, reizte
ihn zu symbolischer Deutung. Es war eine Gingko*), ein taxusartiger
, Baum, dessen Blätter aus Nadeln zusammengesetzt und aus zwei innig
! verschmolzenen Hälften gebildet zu sein scheinen. Er schrieb in das
! Buch „Suleika" die Verse mit der Aufschrist:
„Gingko biloba."
„Dieses Baums Blatt, der von Osteu
Meinem Garteu anvertraut,
Giebt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut."
Der Sinn, den der Dichter, der Franksurter Freundin gedenkend, in
das Blatt legte, war das Geheimnis eines Bundes, der aus zwei
liebenden Wesen eines macht:
„Fühlst du nicht aus meinen Liedern,
Daß ich eins uud doppelt bin?"
Am Ufer des Neckars vor dem Karlsthor wurde sogar die
Politik zur Romantik und tauchte die weltgeschichtliche, dunstige Ge-
stalt der heiligen Allianz der christlichen Fürsten und Völker vor des
Czaren Seele empor.
Aus der Vergangenheit jener ersten Jahrzehnte ragten in meine
Studienzeit nur noch wenige, sast verwitterte Sänlen herein. Wenn
wir jungen Leute den hochbetagten, einst so viel gefeierten Creuzer
*) ALlmbui^g. aäiantikoliL,
1808 in Heidelberg. — Unwillig sah Tieck bei einem seiner Besuche
der Schloßruine die unwegsame Wildnis, die ihn bis dahin entznckt
hatte, in einen Park mit sauberen Wegen umgeschaffen. — Die alt-
dentschen Gemälde der Gebrüder Boisserse, heute ein kostbarer Besitz
der Münchener alten Pinakothek, lenchteten damals in ihren herrlichen
Farben auf Goldgrund in dem heutigen Amthans am Karlsplatz. —
/Creuzers symbvlische Lehren erregten Goethes Teilnahme, der sich aus
.dem Schloß oben, wie die Steintafel im Stückgarten meldet, 1814
chnd 1815 „sinnend und dichtend" erging. Viele Gedichte des west-
H vstlichen Divan sind hier entstanden, und das merkwürdige Laub eines
Baums aus dem Osten, der in den Schloßgarten gepflanzt war, reizte
ihn zu symbolischer Deutung. Es war eine Gingko*), ein taxusartiger
, Baum, dessen Blätter aus Nadeln zusammengesetzt und aus zwei innig
! verschmolzenen Hälften gebildet zu sein scheinen. Er schrieb in das
! Buch „Suleika" die Verse mit der Aufschrist:
„Gingko biloba."
„Dieses Baums Blatt, der von Osteu
Meinem Garteu anvertraut,
Giebt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut."
Der Sinn, den der Dichter, der Franksurter Freundin gedenkend, in
das Blatt legte, war das Geheimnis eines Bundes, der aus zwei
liebenden Wesen eines macht:
„Fühlst du nicht aus meinen Liedern,
Daß ich eins uud doppelt bin?"
Am Ufer des Neckars vor dem Karlsthor wurde sogar die
Politik zur Romantik und tauchte die weltgeschichtliche, dunstige Ge-
stalt der heiligen Allianz der christlichen Fürsten und Völker vor des
Czaren Seele empor.
Aus der Vergangenheit jener ersten Jahrzehnte ragten in meine
Studienzeit nur noch wenige, sast verwitterte Sänlen herein. Wenn
wir jungen Leute den hochbetagten, einst so viel gefeierten Creuzer
*) ALlmbui^g. aäiantikoliL,