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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0233

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Friedrich August Benjamin Puchelt. 213

Doktor, Euer Klopfen hat mir gut gethan, — wann kommt und
klopft Jhr mich wieder?"

Auch Chemie und Mikroskopie hatten eben ihren Einzug in
die Klinik gehalten, der Assistenzarzt Dr. Markus Aurelius Höfle
hatte sie eingeführt. Er stammte vom badischen Bodensee, hatte sich
viel mit Botanik beschäftigt und eine Flora der Bodenseegegend ge-
schrieben. Er wurde 1844 Privatdozent der Medizin und gab 1848
eine kleine verdienstliche Schrift heraus, die schon 1850 eine zweite
Auflage erlebte: „Ueber Chemie und Mikroskopie am Krankenbette."
Der fleißige Mann erlag 1855 einem Darmtyphus, der in Heidel-
berg nie ausging, häufig mörderisch wütete und erst seit geregelter
Abfuhr der Fäkalien selten geworden ist.

Verliefen die klinischen Fälle tödlich, so ließ Puchelt dnrch den
Assistenzarzt in seiner und der Schüler Gegenwart die Sektion machen.
Der Zweck war: nachzusehen, wo und wie die Krankheit den tödlichen
Schaden angerichtet hütte. Es geschah nach dem Vorbild Morgagnis,
Professors in Padua, des Vaters der pathologischen Anatomie; er
ilt zuerst methodisch an die Aufgabe gegangen, Sitz und Ursachen der
Krankheiten durch die Anatomie zu erforschen, wie es der Titel*) des
großen Werks besagt, das er 1761 herausgegeben hat. Namentlich in
Frankreich und England, weniger in Deutschland, waren die Aerzte in
seinem Sinne bemüht, die Pathologie mit Hilfe der Anatomie auf-
zuklären. Jn den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts hatten sich
durch Forschungen in dieser Richtung hauptsüchlich die bereits er-
wühnten großen Aerzte Corvisart und Laönnec, auch Antoine Bayle
in Frankreich, Matthew Baillie und Carswell in England, Alois
Vetter in Deutschland, hervorgethan; viele andere tüchtige jüngere
Arbeiter folgten ihrem Beispiele.

Zur Kontrolle der ärztlichen, am Krankenbette gestellten Dia-
gnosen dienten die Sektionen noch wenig, weil die Diagnosen bis da-
hin nur symptomatisch gewesen waren. Man entnahm sie nur dem
Symptomenbild am Lebenden und sprach von Wassersucht, Gelbsucht,

*) Os 86äiNm8 öt 6LU3is lliordoruui psr unutorusn inäuAllti8, livri V.
Vsnst. 1761.
 
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