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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0242

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Maxiinilian Josef von Chelius.

19 Jahren zog er als badischer Regimentsarzt 1813 nnd 1815 mit
der Armee nach Frankreich und besuchte nach beendigtem Kriege zu-
nächst die großen Pariser Hospitäler und dann auch mehrere in
Deutschland. Mit 23 Jahren wurde er 1817 zum a. o. Professor
sür Chirurgie und Augenheilkunde ernannt, ein Jahr nachher zum
ordentlichen. Er hatte dieses Lehramt 47 Jahre inne bis 1864 und
starb 1876 im 82. Lebenssahre. Zehn Jahre vorher war er in den
erblichen Adelstand erhoben worden.

Drei Dinge verschafften Chelius das ungewöhnliche Ansehen und
Vertrauen, dessen er sich bei den Aerzten und bei dem Publiknm er-
sreute: sein chirurgisches Lehrbuch, seine glnckliche Hand, endlich seine
vornehme, mit Menschenfreundlichkeit gepaarte, würdige und wohl-
thuende Art des Benehmens. — Als ich in seine Klinik eintrat, stand
er noch im Zenith seines Ruhms, während ich sie besuchte, begann
sein Glanz als Lehrer zu erbleichen, das Publikum aber bewahrte ihm
als Arzt sein Vertrauen bis ans Ende.

Das Handbuch der Chirurgie war eine schriftstellerische Leistung
ersten Rangs, vermöge seiner zweckmäßigen Anlage, Ausführung und
praktischen Brauchbarkeit. Es erlebte acht starke Anflagen in 35
Jahren, von 1822 — 1857, und wurde in elf Sprachen übersetzt. Die
Söhne benutzten es noch wie die Väter, es stand auf den Bücher-
schüften der Chirurgen aller Weltteile. Ja, es kam, wie ein württem-
bergischer Apotheker versicherte, der aus Kalifornien nach Heidelberg
gereist war, um Chirnrgie bei Chelius zu studieren, sogar an die südlichste
Spitze der neuen Welt. Der etwas verschrobene Herr hatte in Kali-
sornien Pillen sowohl gedreht als ärztlich verordnet, wäre aber in seinen
alten Tagen noch gerne Chirnrg geworden. Jn vollem Ernst erzählte
er Chelius: „Herr Geheimer Rat, ich habe Jhr weltberühmtes Hand-
bnch an einen Ort gebracht, wohin es vorher noch nicht gedrungen
war. Als ich um das Kap Horn segelte, stndierte ich darin, es fiel
mir über Bord, sank in die Tiefe und ist da geblieben."

Chelius verfaßte auch ein Handbnch der Augenheilkunde, der
erste Band erschien 1839, der zweite 1844, als der erste bereits zu
veralten begann.

Nene Gedanken, Erfindungen, Operationen verdankt die Chirurgie
 
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