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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0295

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Die Verlobung.

275

steife Postknecht Hannadel (Hans Adam), der steifste der ganzen Pfalz,
trieb zur Eile. Sie stieg ein und wollte auch ich einen Druck der
zierlichen Hand haben, so mußte ich ohne Säumen mit einsteigen.
Nun mochte es holpern und rumpeln, rütteln und schütteln, glückselig
suhr ich mit an den Bahnhos.

Das Ziel war rasch erreicht, aber auch hier that Eile not und
war es unmöglich, Abschied zu nehmen. Der Zug war im Begriffe
abzufahren. Die Billete konnten kaum hurtig genug gelöst werden.
Die Fahrt ging nur bis zur nächsten Station, bis Langenbrücken.
Hier mußte die Kleine aussteigen und im Postwagen die Fahrt sort-
setzen nach dem Städtchen Sinsheim, von wv sie erst nach Hause, dem
Dörfchen Treschklingen an der württembergischen Grenze bei Heilbronn,
abgeholt werden sollte.

Jn Langenbrücken stand der Wagen, ein guter Omnibus mit
einer vorderen Abteilung für zwei Personen, bereit. Mit raschem
Blick übersah ich die Lage. Auch hier fehlte die Zeit, um Abschied
zu nehmen, ich mußte schleunigst den einen der Vorderplätze dem
lieben Kinde sichern und den andern mir, und mit nach Sinsheim
reisen. Gedacht, gethan! Nun saßen wir allein beisammen, so meinten
wir, aber unsichtbar war mit uns ein dritter Fahrgast eingestiegen,
ein kleiner Hexenmeister mit Flügeln, Bogen und Köcher, er wob
geschickt ein unsichtbares Band um uns, ein Band, so fest, daß es
keine irdische Gewalt mehr zu lösen vermochte.

Unterwegs bei einem Halt redete der Schaffner meine Ge-
sährtin als meine Frau an, er hielt uns für ein junges Ehepaar;
sie errötete, mir wnrde es wnnderbar zu Mute im heißen Vorgefühle
unsäglichen künftigen Glücks.

Ehe wir es uns versahen, waren wir in Sinsheim angelangt,
— es mußte geschieden sein! Der Landauer stand bereit, der Luise
Amande zu ihren Eltern heimholte, — nie traf der Name „Amanda",
die Liebenswürdige, besser zu. Der Vater, Theodor Wolf aus Hof
im Voigtland, verwaltete als grundherrlicher Rentamtmann die Güter
des Freiherrn von Gemmingen-Treschklingen und die einiger seiner
Vettern. Er war ein wackerer' Mann und angesehener Beamter,
seine Gattin Regina Baunach die Enkelin des letzten regierenden Bürger-
 
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