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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0341

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München.

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stunden von dessen Erscheinungen und Folgen, möglichen Ursachen, Pro-
gnose und Behandlnng; — wir verließen wenig erbaut den Hörsaal.

Anch Louis Stromeyer, der ausgezeichnete Chirurg, dessen
Klinik mein Frennd Bronner in Freibnrg besucht hatte, war ein
Jahr lang (1841/42) Mitglied der Münchener Fakultät gewesen, ehe
er in Freiburg wirkte. Mein Kollege Prof. Josef Gerlach in Er-
langen, der in München eine Zeit lang studiert hat, erzählte mir eine
Geschichte, die mit dazu beitrug, Stromeyer den Aufenthalt in München
zu verleiden und ihn zn bewegen, einen Ruf nach Freiburg anzu-
nehmen. Ringseis forderte eines Tags Stromeyer auf, einem Kranken
der inneren Klinik mittelst des Bauchstichs Wasser abzuzapfen. Stro-
meyer weigerte sich, nachdem er den Kranken untersucht hatte, die
Operation vorzunehmen, weil kein Wasser im Bauche sei. Darauf
machte Ringseis selbst den Stich, es kam nur Luft, der Kranke
starb, die Schüler erzählten den Vorgang Stromeyer in der Klinik
und dieser bemerkte spitz: „Man nennt dies den trockenen Stich,
so sticht man die Lente ab." Ringseis wurde diese Aenßernng hinter-
bracht, er verklagte Stromeyer bei der Fakultät, die den Wider-
ruf der Beleidigung vor den Schülern verlangte. Stromeyer ge-
horchte mit den Worten: „Jch widerrufe, was ich gesagt: so sticht
man die Leute nicht ab!"

Kutzmaul, A., Jugenderinnerungen.

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